15.01.2018 · IWW-Abrufnummer 198820
Oberverwaltungsgericht Lüneburg: Beschluss vom 28.11.2017 – 4 PA 268/17
Zeitpunkt der Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfeantrags im Verwaltungsprozess
Die Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfeantrags tritt regelmäßig erst nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme ein. In aller Regel ist das Verwaltungsgericht erst dann gehalten, die Gegenseite unter Setzung einer angemessenen Frist zur Abgabe einer Stellungnahme aufzufordern, wenn die Klage begründet worden ist.
OVG Lüneburg
4. Senat
Beschluss vom 28.11.2017
4 PA 268/17
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 4. Kammer - vom 19. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
1
Die Beschwerde des Klägers gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
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Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat das Gericht bei der Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch für die Prüfung der sachlichen Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags abzustellen. Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig erst nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme ein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.9.2007 - 10 C 39.07 -, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 42; Senatsbeschl. v. 25.10.2017 - 4 PA 357/17 -).
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Hiernach ist das Verwaltungsgericht ferner zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die Bewilligungsreife erst in der zweiten Hälfte des Aprils 2017 eingetreten ist, nachdem das Verwaltungsgericht dem Beklagten ernstmalig mit der Verfügung der Berichterstatterin vom 23. März 2017 Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer gesetzten Frist von vier Wochen nach Erhalt der Verfügung gegeben hatte.
4
Schließlich ist das Verwaltungsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass zu diesem Zeitpunkt die Klage nicht mehr Aussicht auf Erfolg geboten hat, weil der Kläger das Rechtsschutzziel der von ihm angestrengten Verpflichtungsklage nicht mehr ernsthaft verfolgt hat und somit das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis entfallen war. Denn weil der Kläger bereits seit Beginn des zweiten Halbjahres des Schuljahres 2016/17 auf seinen eigenen Wunsch (bzw. den Wunsch seiner sorgeberechtigten Mutter) zu Hause beschult worden war, hatte er zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife seines Prozesskostenhilfeantrags in der zweiten Hälfte des April 2017 offensichtlich kein Interesse mehr daran, dass ihm bis zum Ende des laufenden Schuljahres für den (weiteren) Besuch des Gymnasiums D. auf der Grundlage von § 35a SGB VIII die Übernahme der Kosten für die persönliche Schulassistenz über den in dem Bescheid des Beklagten vom 24. November 2016 gewährten zeitlichen Umfang hinaus bewilligt wird.
5
Soweit der Kläger im Beschwerdeverfahren geltend macht, dass das Verwaltungsgericht den Beklagten gemäß § 85 Satz 2 Halbs. 1 VwGO schon mit Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 9. Dezember 2016 hätte auffordern müssen, zur Klage Stellung zu nehmen, und deshalb die Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags bereits vor dem Beginn der Heimbeschulung eingetreten sei, kommt es hierauf im Ergebnis nicht an. Denn der Senat geht nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung davon aus, dass die Klage auch zu diesem Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg geboten hat. Da die Klageschrift dem Beklagten am 19. Dezember 2016 zugestellt worden ist, wäre das Prozesskostenhilfegesuch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Klägers und bei Ansetzung einer angemessenen Äußerungsfrist von vier Wochen ab Zustellung der Klage in der zweiten Hälfte des Januars 2017 entscheidungsreif gewesen. Zu diesem Zeitpunkt muss die zum Wechsel des Schulhalbjahres aufgenommene Heimbeschulung des Klägers bereits im Raum gestanden haben, nachdem die Beschulung des Klägers im Gymnasium D. im ersten Schulhalbjahr bereits auf zwei Stunden täglich reduziert worden und der Kläger dabei offenbar ausschließlich in einem Nebenraum des Klassenzimmers, also separiert von den anderen Kindern beschult worden war. Es sind daher keine Gesichtspunkte ersichtlich, die dafür sprechen, dass für den Kläger in der zweiten Januarhälfte 2017 eine zeitliche Ausdehnung seiner täglichen Beschulung im Gymnasium D. und damit korrespondierend die zeitliche Ausdehnung der persönlichen Schulassistenz über den von dem Beklagten im Bescheid vom 24. November 2016 gewährten Umfang von drei Stunden täglich hinaus ernsthaft hätte in Betracht gezogen werden können.
6
Im Übrigen teilt der Senat aber auch nicht die Auffassung des Klägers, dass bereits seine Klageerhebung die für die Bestimmung der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs maßgebende angemessene Äußerungsfrist in Gang gesetzt hat. Denn in der Klageschrift war eine Klagebegründung nicht enthalten. Das Verwaltungsgericht hatte daher mit dem Eingang der Klage noch keinen Anlass, den Beklagten zu einer inhaltlichen Stellungnahme zum Klagegesuch aufzufordern. Aus § 85 Satz 2 Halb. 1 VwGO, wonach der Beklagte zugleich mit der Zustellung der Klage aufzufordern ist, sich schriftlich zu äußern, ergibt sich nichts Abweichendes. Da dem Prozessgegner in aller Regel eine Rechtsverteidigung sinnvoll erst dann möglich ist, wenn er weiß, aus welchen Gründen die Klage erhoben worden ist, dürfte die Norm dahingehend einschränkend auszulegen sein, dass der Beklagte nur dann bereits mit der Zustellung der Klage aufzufordern ist, sich hierzu zu äußern, wenn die Klage bereits begründet worden ist (vgl. Ortloff/Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 32. EL 2016, § 85 Rn. 6; Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 85 Rn. 9). Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht auch nicht verpflichtet, dem Beklagten mit der Aufforderung zur Äußerung hierfür stets zugleich eine angemessene Frist zu setzen, sondern § 85 Satz 3 VwGO stellt dies ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts. Auch aus dem Gesichtspunkt, dass die Verwaltungsgerichtsordnung keine strikte Rechtspflicht zur Begründung einer erstinstanzlichen Klage kennt, folgt für den Zeitpunkt der Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfeantrags kein anders Ergebnis. Zwar weist § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO dem Kläger nur im Rahmen einer Soll-Vorschrift die Aufgabe zu, die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben, und eine fehlende Begründung der Klage bleibt für den Kläger grundsätzlich prozessual sanktionslos (vgl. Ortloff/Riese, a.a.O., § 82 Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 82 Rn. 11). Aus den §§ 82 Abs. 1 Satz 3, 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO ergibt sich aber immerhin eine prozessuale Mitwirkungspflicht des Klägers bei der Aufklärung des Sachverhalts (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.). Entsprechend verpflichtet der Amtsermittlungsgrundsatz das Gericht bei fehlender Begründung der Klage nicht, von sich aus allen denkbaren Möglichkeiten nachzugehen und die Klage umfassend zu prüfen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.; Ortloff/Riese, a.a.O. - jeweils mit weiteren Nachweisen). Daher ist es auch nicht Aufgabe des Beklagten im Verwaltungsprozess, schon vor der Begründung der Klage die Rechtmäßigkeit seines Verwaltungshandelns quasi „ins Blaue hinein“ zu verteidigen. Somit kann das Verwaltungsgericht allenfalls dann, wenn erkennbar ist, dass der Kläger zu einer Begründung der Klage nicht willens oder (was aber nur bei einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten in Betracht kommt) nicht in der Lage ist, gehalten sein, den Beklagten bereits mit der Zustellung der Klage zur Abgabe einer Stellungnahme aufzufordern. Das war aber hier ersichtlich nicht der Fall.
7
Offenlassen kann der Senat in diesem Zusammenhang, ob sich aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO, wonach im Prozesskostenhilfeantrag das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen ist, ergibt, dass im Verwaltungsprozess die Bewilligung von Prozesskostenhilfe stets voraussetzt, dass der Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht seines Rechtsschutzgesuchs zumindest schlüssig darlegt (so Nds. OVG, Beschl. v. 16.6.2009 - 2 NB 67/09 -, NVwZ-RR 2009, 784; Bay. VGH, Beschl. v. 11.2.2014 - 10 C 11.1680 -; Hess. VGH, Beschl. v. 5.7.1989 - 10 UE 1117/89 -; siehe auch BFH, Beschl. v. 8.6.1995 - IX B 168/94 -, BFH/NV 1996, 64; Beschl. v. 22.2.1994 - VIII B 79/93 -, BFH/NV 1994, 736; einschränkend Bay. VGH, Beschl. v. 30.8.2005 - 11 C 04.3463 -; OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 29.03.2010 - 2 O 8/10 -; a.A. im Hinblick auf den im Verwaltungsprozess geltenden Untersuchungsgrundsatz OVG NRW, Beschl. v. 3.2.2009 - 13 E 1694/08 -; Sächs. OVG, Beschl. v. 15.4.2014 - 3 A 344/12 -, Sächs.VBl. 2014, 218; Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 166 Rn. 17; Kopp/Schenke, a.a.O., § 166 Rn. 2).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 188 VwGO und § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
4. Senat
Beschluss vom 28.11.2017
4 PA 268/17
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stade - 4. Kammer - vom 19. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
1
Die Beschwerde des Klägers gegen den erstinstanzlichen Beschluss ist unbegründet. Denn das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mangels hinreichender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung abgelehnt (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.
2
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat das Gericht bei der Entscheidung über ein Prozesskostenhilfegesuch für die Prüfung der sachlichen Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung oder -verteidigung auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags abzustellen. Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig erst nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme ein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.9.2007 - 10 C 39.07 -, Buchholz 310 § 166 VwGO Nr. 42; Senatsbeschl. v. 25.10.2017 - 4 PA 357/17 -).
3
Hiernach ist das Verwaltungsgericht ferner zu Recht davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall die Bewilligungsreife erst in der zweiten Hälfte des Aprils 2017 eingetreten ist, nachdem das Verwaltungsgericht dem Beklagten ernstmalig mit der Verfügung der Berichterstatterin vom 23. März 2017 Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer gesetzten Frist von vier Wochen nach Erhalt der Verfügung gegeben hatte.
4
Schließlich ist das Verwaltungsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass zu diesem Zeitpunkt die Klage nicht mehr Aussicht auf Erfolg geboten hat, weil der Kläger das Rechtsschutzziel der von ihm angestrengten Verpflichtungsklage nicht mehr ernsthaft verfolgt hat und somit das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis entfallen war. Denn weil der Kläger bereits seit Beginn des zweiten Halbjahres des Schuljahres 2016/17 auf seinen eigenen Wunsch (bzw. den Wunsch seiner sorgeberechtigten Mutter) zu Hause beschult worden war, hatte er zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife seines Prozesskostenhilfeantrags in der zweiten Hälfte des April 2017 offensichtlich kein Interesse mehr daran, dass ihm bis zum Ende des laufenden Schuljahres für den (weiteren) Besuch des Gymnasiums D. auf der Grundlage von § 35a SGB VIII die Übernahme der Kosten für die persönliche Schulassistenz über den in dem Bescheid des Beklagten vom 24. November 2016 gewährten zeitlichen Umfang hinaus bewilligt wird.
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Soweit der Kläger im Beschwerdeverfahren geltend macht, dass das Verwaltungsgericht den Beklagten gemäß § 85 Satz 2 Halbs. 1 VwGO schon mit Eingang der Klage beim Verwaltungsgericht am 9. Dezember 2016 hätte auffordern müssen, zur Klage Stellung zu nehmen, und deshalb die Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags bereits vor dem Beginn der Heimbeschulung eingetreten sei, kommt es hierauf im Ergebnis nicht an. Denn der Senat geht nach der im Prozesskostenhilfeverfahren gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung davon aus, dass die Klage auch zu diesem Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg geboten hat. Da die Klageschrift dem Beklagten am 19. Dezember 2016 zugestellt worden ist, wäre das Prozesskostenhilfegesuch unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des Klägers und bei Ansetzung einer angemessenen Äußerungsfrist von vier Wochen ab Zustellung der Klage in der zweiten Hälfte des Januars 2017 entscheidungsreif gewesen. Zu diesem Zeitpunkt muss die zum Wechsel des Schulhalbjahres aufgenommene Heimbeschulung des Klägers bereits im Raum gestanden haben, nachdem die Beschulung des Klägers im Gymnasium D. im ersten Schulhalbjahr bereits auf zwei Stunden täglich reduziert worden und der Kläger dabei offenbar ausschließlich in einem Nebenraum des Klassenzimmers, also separiert von den anderen Kindern beschult worden war. Es sind daher keine Gesichtspunkte ersichtlich, die dafür sprechen, dass für den Kläger in der zweiten Januarhälfte 2017 eine zeitliche Ausdehnung seiner täglichen Beschulung im Gymnasium D. und damit korrespondierend die zeitliche Ausdehnung der persönlichen Schulassistenz über den von dem Beklagten im Bescheid vom 24. November 2016 gewährten Umfang von drei Stunden täglich hinaus ernsthaft hätte in Betracht gezogen werden können.
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Im Übrigen teilt der Senat aber auch nicht die Auffassung des Klägers, dass bereits seine Klageerhebung die für die Bestimmung der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs maßgebende angemessene Äußerungsfrist in Gang gesetzt hat. Denn in der Klageschrift war eine Klagebegründung nicht enthalten. Das Verwaltungsgericht hatte daher mit dem Eingang der Klage noch keinen Anlass, den Beklagten zu einer inhaltlichen Stellungnahme zum Klagegesuch aufzufordern. Aus § 85 Satz 2 Halb. 1 VwGO, wonach der Beklagte zugleich mit der Zustellung der Klage aufzufordern ist, sich schriftlich zu äußern, ergibt sich nichts Abweichendes. Da dem Prozessgegner in aller Regel eine Rechtsverteidigung sinnvoll erst dann möglich ist, wenn er weiß, aus welchen Gründen die Klage erhoben worden ist, dürfte die Norm dahingehend einschränkend auszulegen sein, dass der Beklagte nur dann bereits mit der Zustellung der Klage aufzufordern ist, sich hierzu zu äußern, wenn die Klage bereits begründet worden ist (vgl. Ortloff/Riese in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: 32. EL 2016, § 85 Rn. 6; Aulehner, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 85 Rn. 9). Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht auch nicht verpflichtet, dem Beklagten mit der Aufforderung zur Äußerung hierfür stets zugleich eine angemessene Frist zu setzen, sondern § 85 Satz 3 VwGO stellt dies ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts. Auch aus dem Gesichtspunkt, dass die Verwaltungsgerichtsordnung keine strikte Rechtspflicht zur Begründung einer erstinstanzlichen Klage kennt, folgt für den Zeitpunkt der Entscheidungsreife eines Prozesskostenhilfeantrags kein anders Ergebnis. Zwar weist § 82 Abs. 1 Satz 3 VwGO dem Kläger nur im Rahmen einer Soll-Vorschrift die Aufgabe zu, die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben, und eine fehlende Begründung der Klage bleibt für den Kläger grundsätzlich prozessual sanktionslos (vgl. Ortloff/Riese, a.a.O., § 82 Rn. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 82 Rn. 11). Aus den §§ 82 Abs. 1 Satz 3, 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO ergibt sich aber immerhin eine prozessuale Mitwirkungspflicht des Klägers bei der Aufklärung des Sachverhalts (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.). Entsprechend verpflichtet der Amtsermittlungsgrundsatz das Gericht bei fehlender Begründung der Klage nicht, von sich aus allen denkbaren Möglichkeiten nachzugehen und die Klage umfassend zu prüfen (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O.; Ortloff/Riese, a.a.O. - jeweils mit weiteren Nachweisen). Daher ist es auch nicht Aufgabe des Beklagten im Verwaltungsprozess, schon vor der Begründung der Klage die Rechtmäßigkeit seines Verwaltungshandelns quasi „ins Blaue hinein“ zu verteidigen. Somit kann das Verwaltungsgericht allenfalls dann, wenn erkennbar ist, dass der Kläger zu einer Begründung der Klage nicht willens oder (was aber nur bei einem anwaltlich nicht vertretenen Beteiligten in Betracht kommt) nicht in der Lage ist, gehalten sein, den Beklagten bereits mit der Zustellung der Klage zur Abgabe einer Stellungnahme aufzufordern. Das war aber hier ersichtlich nicht der Fall.
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Offenlassen kann der Senat in diesem Zusammenhang, ob sich aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO, wonach im Prozesskostenhilfeantrag das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen ist, ergibt, dass im Verwaltungsprozess die Bewilligung von Prozesskostenhilfe stets voraussetzt, dass der Antragsteller die hinreichende Erfolgsaussicht seines Rechtsschutzgesuchs zumindest schlüssig darlegt (so Nds. OVG, Beschl. v. 16.6.2009 - 2 NB 67/09 -, NVwZ-RR 2009, 784; Bay. VGH, Beschl. v. 11.2.2014 - 10 C 11.1680 -; Hess. VGH, Beschl. v. 5.7.1989 - 10 UE 1117/89 -; siehe auch BFH, Beschl. v. 8.6.1995 - IX B 168/94 -, BFH/NV 1996, 64; Beschl. v. 22.2.1994 - VIII B 79/93 -, BFH/NV 1994, 736; einschränkend Bay. VGH, Beschl. v. 30.8.2005 - 11 C 04.3463 -; OVG Sachs.-Anh., Beschl. v. 29.03.2010 - 2 O 8/10 -; a.A. im Hinblick auf den im Verwaltungsprozess geltenden Untersuchungsgrundsatz OVG NRW, Beschl. v. 3.2.2009 - 13 E 1694/08 -; Sächs. OVG, Beschl. v. 15.4.2014 - 3 A 344/12 -, Sächs.VBl. 2014, 218; Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 166 Rn. 17; Kopp/Schenke, a.a.O., § 166 Rn. 2).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 188 VwGO und § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.