26.02.2019 · IWW-Abrufnummer 207450
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 31.01.2019 – III ZB 88/18
Der Prozessbevollmächtigte einer Partei, der aufgrund der bereits auf dem Originalschriftsatz kaum sichtbaren (blassen) Unterschrift damit rechnen muss, dass diese entgegen § 130 Nr. 6 ZPO möglicherweise nicht auf die Telekopie übertragen werden wird, handelt schuldhaft, wenn das bei Gericht eingehende und dort ausgedruckte Fax eine im Original tatsächlich vorhandene Unterschrift nicht erkennen lässt und er dadurch eine Frist im Sinne von § 233 Satz 1 ZPO versäumt.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink und Dr. Remmert sowie die Richterinnen Dr. Arend und Dr. Böttcher
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Februar 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 2. August 2018 - 2 U 123/17 - wird als unzulässig verworfen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Gegenstandswert: bis 16.000 €.
Gründe
I.
1
Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einem Verwaltungsvertrag über verschiedene Immobilien auf Zahlung einer offenen Restforderung in Anspruch, während der Beklagte seinerseits die Rückzahlung bereits erbrachter - von ihm als unberechtigt angesehener - Leistungen verlangt.
2
Das Landgericht hat ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil aufrechterhalten und die Widerklage abgewiesen. Gegen das ihm am 26. Juni 2017 zugestellte Urteil hat der Beklagte rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung hat die Beklagtenvertreterin dem Oberlandesgericht am 26. September 2017, dem letzten Tag der verlängerten Berufungsbegründungsfrist, per Fax übermittelt, wo der Schriftsatz nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen um 18.11 Uhr vollständig einging. Das aus acht Seiten bestehende Fax-Schreiben lässt eine Unterschrift der Beklagtenvertreterin nicht erkennen. Demgegenüber enthält das am 2. Oktober 2017 beim Berufungsgericht eingegangene Original der Rechtsmittelbegründung eine - wenn auch nur schwach lesbare (blass hellblaue) - Unterschrift der Beklagtenvertreterin. Mit am 12. Oktober 2017 zugestellter Verfügung hat der Vorsitzende des Berufungssenats darauf hingewiesen, dass innerhalb der Berufungsbegründungsfrist kein unterzeichneter Begründungsschriftsatz bei Gericht eingegangen und deshalb die Frist des § 520 Abs. 2 ZPO versäumt worden sei. Mit am 26. Oktober 2017 beim Berufungsgericht eingegangenem Schriftsatz - hat der Beklagte beantragt, ihm wegen der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurückgewiesen und die Berufung verworfen. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.
II.
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Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Antrag des Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei zulässig, aber unbegründet. Ungeachtet der nicht hinreichenden Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen und der inhaltlichen Bedenken gegen ihren Vortrag habe die Beklagtenvertreterin bei der Übermittlung des dritten - maßgeblichen - Telefaxes der Berufungsbegründung ihre Organisationspflichten verletzt. Dabei sei zu ihren Gunsten zu unterstellen, dass die auf dem Originalschriftsatz vorhandene Unterschrift bereits aufgebracht gewesen sei, als die Berufungsbegründung gefaxt worden sei. Nach § 130 Nr. 6 ZPO solle das Telefax eines Schriftsatzes die Unterschrift des Unterzeichners in Kopie wiedergeben. Der Rechtsanwalt genüge seinen Pflichten nur, wenn er einen fristwahrenden Schriftsatz, den er per Telefax an das Gericht übermitteln wolle, so markant unterschreibe, dass sicher davon auszugehen sei, dass seine Unterschrift bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge auf dem Ausdruck des Telefaxes deutlich zu erkennen sein werde. Diesen Anforderungen genüge die schwache und blasse Unterschrift auf der Berufungsbegründung - wie für die Beklagtenvertreterin ersichtlich gewesen sei - nicht.
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2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
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Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch nicht zulässig, weil es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht.
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Das Oberlandesgericht hat die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen. Es hat die Anforderungen an die Wiedergabe einer Unterschrift unter einer per Telefax übermittelten Rechtsmittelbegründung gemäß § 130 Nr. 6 ZPO nicht überspannt und ein damit im Zusammenhang stehendes Verschulden des von der Partei beauftragten Prozessbevollmächtigten nicht falsch beurteilt, so dass das Verfahrensgrundrecht des Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) nicht verletzt ist.
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3. Zu Recht ist das Oberlandesgericht von der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ausgegangen. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO i.V.m. § 520 Abs. 5 ZPO muss - wie höchstrichterlich bereits geklärt - die Berufungsbegründung als bestimmender Schriftsatz grundsätzlich von einem Rechtsanwalt eigenhändig unterschrieben sein. Die Unterschrift soll die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Prozesshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Zugleich soll sichergestellt werden, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet wird. Für den Anwaltsprozess bedeutet dies, dass die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung von einem dazu bevollmächtigten und bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt zwar nicht selbst verfasst, aber nach eigenverantwortlicher Prüfung genehmigt und unterschrieben sein müssen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschluss vom 27. August 2015 - III ZB 60/14, WM 2015, 2023 Rn. 8 m.zahlr.w.N.). Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift entfällt nicht dadurch, dass die Berufung zulässig per Telefax eingelegt und begründet wird. In diesem Fall genügt zwar die Wiedergabe der Unterschrift in Kopie, jedoch muss es sich bei der Kopiervorlage um den eigenhändig unterschriebenen Originalschriftsatz handeln (Senatsbeschlüsse vom 27. August 2015 aaO Rn. 9 und vom 26. Juli 2012 - III ZB 70/11, NJW-RR 2012, 1142 Rn. 6; jeweils mwN). Die Wirksamkeit der Prozesshandlung setzt somit voraus, dass die Kopiervorlage von einem postulationsfähigen Rechtsanwalt unterschrieben worden ist und dessen Unterschrift auf der Telekopie wiedergegeben wird (Senatsbeschluss vom 27. August 2015 aaO). Fehlt die Unterschrift oder ist sie auf der Telekopie nicht sichtbar, so ist die Prozesshandlung nicht wirksam vorgenommen (BGH, Beschluss vom 4. Mai 1994 - XII ZB 21/94, NJW 1994, 2097 mwN). Nur in - hier nicht gegebenen - Ausnahmefällen kann auf eine Unterschrift verzichtet werden, wenn sich aus den sonstigen Umständen zweifelsfrei ergibt, dass der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelschrift übernommen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2011 - IV ZB 9/11, juris Rn. 6 mwN).
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Vorliegend war für das Berufungsgericht aus keinem der drei Faxschreiben eine Unterschrift zu ersehen, und zwar weder aus dem vollständig übermittelten dritten Fax der Berufungsbegründung noch aus einem der beiden vorhergehenden (unvollständigen) Fax-Schreiben.
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4. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unbegründet ist, denn es fehlt an einem Wiedereinsetzungsgrund.
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Nach § 233 Satz 1 ZPO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn eine Partei ohne Verschulden verhindert war, unter anderem die Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) einzuhalten. Dies ist hier nicht der Fall, denn die Versäumung dieser Frist beruht auf einem Verschulden der Prozessbevollmächtigten des Beklagten, das er sich zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO).
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Das Berufungsgericht hat - dem Vortrag des Beklagten entsprechend – zu seinen Gunsten unterstellt, dass das als Vorlage dienende Original der Berufungsbegründung im Zeitpunkt der Erstellung der Telefaxkopie von der Beklagtenvertreterin unterzeichnet war. Auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen musste sich ihr aber aufdrängen, dass die von ihr geleistete Unterschrift mit hoher Wahrscheinlichkeit auf der Telekopie nicht sichtbar sein werde. Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, die von der Prozessbevollmächtigten der Beklagten auf dem Original der Berufungsbegründung angebrachte Unterschrift sei dermaßen blass, dass nicht zu erwarten gewesen sei, diese werde auf der bei Gericht eingehenden Telekopie sichtbar sein. Diese Tatsachenwürdigung weist keine Rechtsfehler auf (und wird ungeachtet dessen vom Senat nach eigener Anschauung geteilt).
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Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat derjenige, der einen bestimmenden Schriftsatz per Telefax an das Gericht versendet, zu gewährleisten, dass seine Unterschrift so kontrastreich sichtbar ist, dass sie nach den üblichen technischen Gegebenheiten auch auf der beim Empfänger eingehenden Kopie erkennbar ist. Dies ergibt sich ohne weiteres aus dem in § 130 Nr. 6 ZPO bestimmten Erfordernis der Wiedergabe der Unterschrift auf der Telekopie.
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Der "OK-Vermerk" auf dem Sendebericht für die Berufungsbegründung vermag die Prozessbevollmächtigte des Beklagten nicht zu entlasten. Aus diesem Vermerk kann allenfalls geschlossen werden, dass die vom Sendegerät eingelesenen Daten übertragen sind, nicht aber, dass es auch äußerst kontrastarme Abbildungen, wie die hier in Rede stehende Unterschrift, erfasst hat.
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Es kann daher dahinstehen, ob das Berufungsgericht an die Glaubhaftmachung des zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragenen Sachverhalts (§ 236 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2, § 294 ZPO) zu strenge Anforderungen gestellt hat.
Herrmann
Tombrink
Remmert
Arend
Böttcher