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  • 11.03.2021 · IWW-Abrufnummer 221079

    Oberlandesgericht Stuttgart: Beschluss vom 21.01.2021 – 2 W 7/20

    1. Zur Streitwertfestsetzung in Kartellschadensersatz-Fällen.

    2. § 89a Absatz 3 GWB in der Fassung vom 09.06.2017 ist nicht anzuwenden, wenn der Streithelfer den Beitritt vor dem Inkrafttreten der Neuregelung erklärt hat. Auf den Zeitpunkt der Streitverkündung kommt es nicht an.

    3. § 89a Absatz 3 Satz 1 GWB regelt lediglich die Kostenerstattungspflicht des Gegners bezüglich der Rechtsanwaltskosten des Streithelfers. Auf den Honoraranspruch des Rechtsanwaltes des Streithelfers hat die Vorschrift keinen Einfluss.

    4. § 89a Absatz 3 GWB ist auch anwendbar, wenn der Schadensersatzanspruch auf § 33 Absatz 3 GWB a.F. gestützt wird.

    5. Stellt der Kläger einen unbezifferten Zahlungsantrag unter Angabe seiner Mindestvorstellung, so erreicht der Streitwert jedenfalls den vom Kläger angegebenen Mindestbetrag. Geht das Gericht im Urteil über die Mindestvorstellungen des Klägers hinaus, bildet der zugesprochene Betrag den Streitwert ab. Bleibt es hinter den Vorstellungen zurück, richtet sich der Streitwert nach der Mindestvorstellung des Klägers. Wurde die Klage zurückgenommen, bevor das Gericht Feststellungen zur Schadenshöhe treffen konnte, fehlen Anknüpfungspunkte dafür, den Streitwert höher festzusetzen als die geäußerte Mindestvorstellung des Klägers.


    Oberlandesgericht Stuttgart

    Beschluss vom 21.01.2021


    In Sachen
    hat das Oberlandesgericht Stuttgart - 2. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht xxx, den Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 21.01.2021 beschlossen:

    Tenor:

    1. Die Beschwerden der Beklagten Ziff. 4, 5, 7 sowie der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin Ziff. 3 gegen den Beschluss des Landgerichts Stuttgart vom 23.12.2019 - 30 O 57/17 - werden als unzulässig verworfen.
    2. Die Beschwerden des Klägers sowie der Beklagten Ziff. 6 und der Streithelferin Ziff. 3 gegen den vorgenannten Beschluss werden zurückgewiesen.

    Gründe

    Einige der Parteien im Verfahren des LG Stuttgart, 30 O 57/17, wenden sich gegen die Festsetzung des Streit- und Gegenstandswerts mit Beschluss des Landgerichts vom 23.12.2019.

    I.

    1.

    Der Kläger erhob gegen die acht Beklagten im Dezember 2016 Klage auf Feststellung einer gesamtschuldnerischen Haftung für Schäden aus kartellwidrigen Verhaltensweisen, wobei die Beklagten für unterschiedliche Zeiträume, wie in der nachfolgenden Übersicht, in Anspruch genommen wurden.

    Zeitraum    Bekl. 1    Bekl. 2    Bekl. 3    Bekl. 4    Bekl. 5    Bekl. 6    Bekl. 7    Bekl. 8
    01.10.2003 bis 29.02.2004    X    X        X    X            
    01.03.2004 bis 31.10.2005    X    X    X    X    X            
    01.11.2005 bis 31.03.2006    X    X    X    X    X    X        
    01.04.2006 bis 31.12.2007    X    X    X    X    X    X    X    
    01.01.2008 bis 31.12.2008    X    X    X    X    X    X    X    X

    In der Klageschrift beschrieb der Kläger das beanstandete Verhalten sowie die Umsätze der Insolvenzschuldnerin mit Produkten der Beklagten. Bezifferte Angaben zum Streitwert machte der Kläger nicht und bat das Gericht um eine Streitwertschätzung (Klage, S. 230). Mit Beschluss vom 29.12.2016 (Bl. I-238) wies das Gericht den Kläger darauf hin, dass es mangels näherer Angaben den vermeintlichen Schaden auf 20 % des Einkaufspreises aller erworbenen kartellbefangenen Waren veranschlage und von dem so ermittelten Betrag für den Feststellungsantrag einen Abschlag von 50 % vornehme. Weiter bat es den Kläger um Mitteilung der Summe der Einkaufspreise. Daraufhin gab der Kläger diese mit 273.208.792,00 Euro an (Bl. I-247). Entsprechend der angekündigten Schätzungsmethode setzte das Landgericht den Streitwert vorläufig auf 27.320.879,00 Euro fest (Bl. I-249). Verschiedene Unternehmen, denen von Seiten der Beklagten der Streit verkündet worden war, traten dem Rechtsstreit bei, die Streithelferin F. am 27.07.2017 zur Unterstützung der Beklagten Ziff. 1, 2, 6 und 7.

    Mit Schriftsatz vom 15.03.2018 (Bl. IX-1620) stellte der Kläger die Klage auf eine Leistungsklage um. Ein eingeholtes Parteigutachten habe gezeigt, dass der Insolvenzschuldnerin ein Schaden in Höhe von mindestens 10.253.061,00 Euro zzgl. Zinsen entstanden sei. Die Anträge waren darauf gerichtet, die im jeweiligen Antrag bezeichneten Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an den Kläger eine Schadensersatzzahlung zu leisten, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, mindestens jedoch eine bestimmte Summe. Das Landgericht legt seinem Beschluss zugrunde, dass in der Hauptsache, wie in der nachfolgenden Tabelle, von den Beklagten folgender Mindestschaden verlangt wurde (Bl. 319 ff. des Schriftsatzes):

    Summe    Bekl 1    Bekl 2    Bekl 3    Bekl 4    Bekl 5    Bekl 6    Bekl 7    Bekl 8
    1    196.311,00 Euro    X    X        X    X            
    2    2.660.929 Euro    X    X    X    X    X            
    3    2.780.399 Euro    X    X    X    X    X    X        
    4    1.152.366 Euro    X    X                    X    
    5    2.287.286 Euro        X                        X
    6    772.895 Euro    X    X    X    X    X    X    X    
    7    119.025 Euro    X    X    X    X    X    X    X    X
    2.

    Das Landgericht setzte den für die Gerichtskosten maßgeblichen Streitwert im Beschluss vom 23.12.2019 (Bl. XXIV-2665) bis zum 15. August 2018 auf 27.320.879,00 Euro und fortan auf 9.969.211,00 Euro fest. Hinsichtlich der Streithelfer, die ihren Beitritt vor der Einführung von § 89a Absatz 3 GWB erklärt haben, setzte das Landgericht auf Antrag des Klägers den für die Anwaltsvergütung maßgeblichen Gegenstandswert aus dem Prozessrechtsverhältnis der unterstützten Parteien fest. Hinsichtlich der Streithelferin Ziff. 3 setzte das Landgericht 1/15 des Streitwertes aus dem Prozessrechtsverhältnis der unterstützten Parteien an. Zur Begründung führte es aus, dass mangels anderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden könne, die Streithelferin hafte im Innenverhältnis entsprechend der Kopfteile.

    Hiergegen richten sich die Beschwerden des Klägers, der Beklagten Ziff. 4 bis 6 sowie der Streithelferin Ziff. 3 und deren Prozessbevollmächtigten.

    II.

    1.

    Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwertes bis zur Umstellung der Klage. Im Wesentlichen führt er aus, zum Zeitpunkt der Erhebung der Feststellungsklage hätten keine zuverlässigen Schätzungsgrundlagen vorgelegen. Es sei die Einholung eines Gutachtens erforderlich gewesen. Das später vorgelegte Gutachten sei als Schätzungsgrundlage heranzuziehen und hiervon für die Feststellungswirkung ein Abschlag von 20 % vorzunehmen, so dass der Streitwert bis zum 15.03.2018 lediglich 8.202.448,00 Euro betragen habe (Bl. XXIV-2687).

    2.

    Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Streitwert einer Feststellungsklage bestimmt sich im Ausgangspunkt danach, welche Ansprüche aus der Sicht des Klägers möglicherweise von dem Feststellungsantrag umfasst werden (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 11. Juli 2012 - 9 W 15/12, juris Rn. 9). Maßgebend ist der Zeitpunkt der Antragstellung (§ 40 GKG). Der Streitwert wird nach objektiven Anhaltspunkten geschätzt, wobei anhand des Tatsachenvortrags des Klägers danach zu fragen ist, welche Vorstellungen er sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - XII ZB 127/11, juris Rn. 15). Später vorgetragene oder im Rahmen der Beweisaufnahme zu Tage getretene Umstände, die eine andere Bezifferung des Begehrens ermöglichen, als die Schlüssigkeitsprüfung des ursprünglichen Parteivorbringens erwarten ließ, bleiben nach § 40 GKG unberücksichtigt (Schindler in: Beck'scher Onlinekommentar zum Kostenrecht, 30. Ed. 01.06.2020, § 40 GKG Rn. 20; Heinrich in: Musielak/Voit/Heinrich, Kommentar zur ZPO, 17. Aufl. 2020, § 3 ZPO Schadensersatz). Erst die Umstellung auf einen bezifferten Leistungsantrag führt zu einer Wertänderung (OLG Rostock, Beschluss vom 15. Oktober 2007 - 6 W 62/07, juris Rn. 6).

    Nach diesen Maßstäben ist das nachträglich eingereichte Privatgutachten bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Landgericht aus den Umsätzen einen Kartellschaden von 20 % geschätzt und hiervon einen weiteren (großzügigen) Abschlag für das Feststellungsinteresse vorgenommen hat. Der Kläger ist zudem zu dieser Schätzungsmethode angehört worden und hat hiergegen nichts erinnert. Mithin durfte das Landgericht davon ausgehen, dass die Wertfestsetzung der Mindestvorstellung des Klägers im Zeitpunkt der Klageeinreichung entsprach.

    Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Art der Streitwertschätzung auch nicht geeignet, einer wirksamen Durchsetzung kartellrechtlicher Schadensersatzansprüche entgegenzuwirken. Das Gesetz sieht nicht vor, dass sich das Gericht alleine zur Schätzung des Streitwertes den Rat eines Sachverständigen einholt. Vielmehr soll sich der Kläger bereits in der Klageschrift zum Streitwert äußern (vgl. § 253 Absatz 3 Nr. 2 ZPO). Er kann in diesem Zusammenhang seiner Vorstellung vom wirtschaftlichen Wert des Verfahrens Ausdruck verleihen.

    III.

    1.

    In einer gesonderten Beschwerdeschrift wendet sich der Kläger gegen die Festsetzung der für die Rechtsanwaltsgebühren maßgeblichen Gegenstandswerte (Bl. XXIV-2691). Ebenso wie der Streitwert der Feststellungsklage gegen die Beklagten seien die Gegenstandswerte für die Rechtsanwaltsgebühren entsprechend herabzusetzen. Die Rechtsanwaltsgebühren für die Streithelfer richteten sich nicht nach dem Gegenstandswert der Klage gegen die unterstützte Partei, sondern danach, welche Regressansprüche die Streithelfer aus dem Gesamtschuldnerausgleich zu befürchten hätten. § 89a Absatz 3 GWB n.F. habe lediglich eine klarstellende Funktion. Selbst wenn nicht, sei die Bestimmung rückwirkend anzuwenden. Ein Vertrauensschutz bestehe nicht, da zum Zeitpunkt des ersten Beitritts der Gesetzentwurf bereits erarbeitet gewesen sei. Der Gegenstandswert sei bei jedem Streithelfer auf ein Achtel des Werts der Hauptsache anzusetzen.

    2.

    Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

    a)

    Das Landgericht hat bei der Festsetzung des Gegenstandswertes für die Anwaltsvergütung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten jeweils berücksichtigt, dass die Beklagten nur für einen anteiligen Zeitraum in Anspruch genommen wurden. Eine Herabsetzung des Gegenstandswertes unter Berücksichtigung des nachträglich vorgelegten Privatgutachtens kommt aus den unter Ziff. II genannten Gründen nicht in Betracht.

    b)

    Auch die Festsetzung des Gegenstandswertes für die Anwaltsvergütung der Prozessbevollmächtigten der Streithelfer ist nicht zu beanstanden.

    aa)

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stimmt der Streitwert einer durchgeführten Nebenintervention mit dem Streitwert der Hauptsache überein, wenn der Nebenintervenient am Prozess im gleichen Umfang beteiligt ist wie die Partei, der er beigetreten ist (BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - X ZR 109/12, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2012 - II ZR 233/09, juris Rn. 2). Für die Art seiner Prozessführung mache es keinen Unterschied, ob sein wirtschaftliches Interesse dem der Hauptpartei gleichkommt oder ob es geringer oder gar höher ist. Dies seien Fragen, die lediglich das Innenverhältnis zwischen ihm und der von ihm unterstützten Partei betreffen und die später für die Höhe eines etwaigen Rückgriffsanspruchs nach beendetem Rechtsstreit von Bedeutung sein mögen (BGH, Beschluss vom 30. Oktober 1959 - V ZR 204/57, juris Rn. 5). Diese Rechtsprechung hat Widerspruch erfahren (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 28. August 2008 - 14 W 51/08, juris Rn. 7 mit einer Darstellung des Streitstandes). Die Gegenauffassung stellt auf die erkennbaren Vorstellungen der unterstützten Partei von der Höhe der Regressforderung ab (OLG Dresden, Beschluss vom 19. Februar 2018 - 10 W 30/18, juris Rn. 24). Sie kommt insbesondere dann zu unterschiedlichen Ergebnissen, wenn der Streithelfer ersichtlich nur hinsichtlich eines beschränkten Teils des Streitgegenstandes betroffen ist (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 12. März 2004 - 11 W 13/04, juris Rn. 4).

    bb)

    So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Die Beklagten haben anderen Unternehmen den Streit verkündet, die sich selbst dem Vorwurf der Beteiligung am streitgegenständlichen Kartell ausgesetzt sahen und denen deshalb im Verurteilungsfall Regressforderungen der Beklagten gemäß § 426 BGB drohten. Dabei bemisst sich ihr Haftungsanteil danach, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maß sie ein Verschulden trifft (BGH, Urteil vom 18. November 2014 - KZR 15/12, juris Rn. 41; vgl. nun auch § 33d Absatz 2 GWB in der Fassung vom 27.12.2016). Die Höhe des Regressanspruchs wird sich erst in einem nachgelagerten Verfahren zwischen den Beklagten und ihren Streithelfern feststellen lassen. Bis dahin richtet sich das Interesse der Streithelfer darauf, die gegen die Beklagten gerichtete Forderung vollständig abzuwehren. Nur bei einem solchen Erfolg vermeiden sie mit Sicherheit den anschließenden Regressprozess.

    Aus diesen Erwägungen folgt, dass es sich bei der Neuregelung in § 89a Absatz 3 GWB in der Fassung vom 09.06.2017 entgegen der Auffassung des Klägers nicht um eine Klarstellung handelt. Vielmehr stellt sich insbesondere die Beschränkung der Summe der Gegenstandswerte der einzelnen Nebeninterventionen auf den Streitwert der Hauptsache als Begrenzung des Kostenrisikos des Klägers dar.

    Eine rückwirkende Anwendung des Prozessrechts kommt schon aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht auf eine Prozesslage in Betracht, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung entstanden ist. Überzeugend hat das Landgericht ausgeführt, dass der aus § 101 ZPO folgende Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers nicht durch eine nachträgliche Gesetzesänderung beeinträchtigt wird. Zwar gilt im Prozessrecht der Grundsatz, dass neue Gesetze - vorbehaltlich abweichender Überleitungsvorschriften des Gesetzgebers - auch schwebende Verfahren erfassen, die mit Inkrafttreten des Änderungsgesetzes regelmäßig nach neuem Recht zu beurteilen sind (vgl. Senatsurteil vom 19. November 2020 - 2 U 575/19, juris Rn. 158 - Schaumstoffsysteme). Dies gilt jedoch nicht bei bereits abgeschlossenen Prozesshandlungen und abschließend entstandenen Prozesslagen (BGH, Urteil vom 08. März 2017 - IV ZR 435/15, juris Rn. 27). So liegt es bei einem Streitbeitritt als punktuellem Ereignis, für das die Rechtslage im Zeitpunkt der Erklärung maßgebend ist (BGH, Beschluss vom 23. April 2007 - II ZB 29/05, juris Rn. 26) und durch das der Kostenerstattungsanspruch des Streithelfers begründet wird.

    IV.

    1.

    Die Beklagten Ziff. 4 und 5 begründen ihre Streitwertbeschwerde damit, dass der Gegenstandswert für die Anwaltsvergütung ab dem 15.03.2018 jeweils auf 6.694.383,00 Euro festzusetzen sei (statt auf 6.529.559,00 Euro), da sich in dieser Höhe die gegen sie gerichteten Leistungsanträge 1, 2, 3 und 6 addierten (Bl. XXIV-2727). Insbesondere seien im Klageantrag Ziff. 1 480.160,00 Euro geltend gemacht worden. Im Nichtabhilfebeschluss geht das Landgericht davon aus, dass der Klageantrag Ziff. 1 nur 196.311,00 Euro umfasst, berücksichtigt zugunsten der Beklagten Ziff. 4 und 5 aber noch den Antrag Ziff. 7 über 119.025,00 Euro.

    2.

    Die ausdrücklich im Namen der Parteien erhobenen Beschwerden sind unzulässig. Zwar ist die Partei als Auftraggeber des Rechtsanwalts grundsätzlich befugt, gegen einen gerichtlichen Beschluss über den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit Beschwerde einzulegen (§ 33 Absatz 3 Satz 1 i.V.m. § 33 Absatz 2 Satz 2 RVG).

    Die Beklagten Ziff. 4 und 5 haben jedoch nicht dargelegt, durch den angefochtenen Beschluss beschwert zu sein. An einer Beschwer fehlt es, wenn die Partei eine Streitwerterhöhung erstrebt oder der Prozessbevollmächtigte eine Streitwertermäßigung. Die Partei würde sich dadurch höheren Vergütungs- und Erstattungsansprüchen aussetzen, der Anwalt würde Einbußen seiner Vergütung erreichen. Keine Partei hat aber ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde mit dem Ziel ihrer Verschlechterung (OLG Stuttgart, Beschluss vom 13. September 2013 - 8 W 271/13, juris Rn. 12). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Partei eine Honorarvereinbarung mit ihren Prozessbevollmächtigten geschlossen hat, auf Grund derer sie sich einer Honorarforderung ausgesetzt sehen darf, die die gesetzlichen Gebühren übersteigt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 13. August 2009 - 6 W 182/08, juris Rn. 1; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Juni 2005 - I-5 W 13/05, juris Rn. 9; OLG Bremen, Beschluss vom 27. Juli 1993 - 2 W 56/93, juris Rn. 5). Dies haben die Beklagten Ziff. 4 und 5 nicht behauptet.

    V.

    1.

    Mit der Beschwerde der Beklagten Ziff. 6 begehrt diese eine Erhöhung des Gegenstandswerts für die Anwaltsvergütung für die Zeit ab dem 15.03.2018 (Bl. XXIV-2706). Es habe sich um eine nach oben hin unbestimmte Leistungsklage gehandelt. Der Streitwert nach der Umstellung der Klage entspreche demjenigen des ursprünglichen Feststellungsantrags betreffend die Beklagte von 16.392.527,00 Euro. In einem weiteren Schriftsatz vom 14.09.2020 (eAkte) legte die Beklagte dar, sie sei durch den Beschluss des Landgerichts beschwert, weil sie mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine über die gesetzlichen Gebühren hinausgehende Honorarvereinbarung abgeschlossen habe.

    2.

    Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere hat die Beklagte Ziff. 6 ihre Beschwer dargelegt.

    Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Wenn die Schadenshöhe von einer richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO abhängt, kann der Kläger einen unbezifferten Zahlungsantrag unter Angabe seiner Mindestvorstellungen stellen (BGH, Beschluss vom 07. April 2009 - KZR 42/08). Er ist zudem dadurch begünstigt, dass das Gericht dem Gegner gemäß § 92 Absatz 2 Nr. 2 ZPO die gesamten Prozesskosten auferlegen kann, wenn der Sachverständige einen unterhalb der Vorstellungen des Klägers liegenden Betrag ermittelt. Für die Streitwertfestsetzung folgt daraus, dass bei unbezifferten Anträgen der Streitwert jedenfalls den vom Kläger angegebene Mindestbetrag erreicht. Nach oben ist das Gericht hingegen bei der Festsetzung des Streitwertes nicht an die Angaben des Klägers gebunden, da sich der Streitwert am angemessenen Betrag auszurichten hat (BGH, Urteil vom 30. April 1996 - VI ZR 55/95, juris Rn. 38).

    Geht das Gericht im Urteil über die Mindestvorstellungen des Klägers hinaus, bildet mithin der zugesprochene Betrag den Streitwert ab. Bleibt es hinter den Vorstellungen zurück, richtet sich der Streitwert nach der Mindestvorstellung des Klägers. Wurde - wie hier - die Klage zurückgenommen, bevor das Gericht Feststellungen zur Schadenshöhe treffen konnte, fehlen Anknüpfungspunkte dafür, den Streitwert höher festzusetzen als die geäußerte Mindestvorstellung des Klägers. Die vom Landgericht der vorläufigen Streitwertfestsetzung zugrunde gelegte abstrakte Schätzmethode kann nach Vorlage des vom Kläger vorgelegten Privatgutachtens für die Bewertung des Zahlungsantrags auch nicht mehr herangezogen werden, weil sich das Privatgutachten auf die konkrete Fallkonstellation bezieht.

    VI.

    Die Beschwerde der Beklagten Ziff. 7 wendet sich ebenfalls gegen eine Reduzierung des Streitwertes ab dem Zeitpunkt der Klageumstellung (Bl. XXIV-2714). Auch anschließend habe der Kläger lediglich einen Mindestschaden geltend gemacht. Weiter sei die Beklagte Ziff. 7 zwar nicht wegen des gesamten Zeitraums in Anspruch genommen worden. Sie habe aber zu befürchten gehabt, von den übrigen Beklagten in Regress genommen zu werden.

    Die Beschwerde ist unzulässig. Sie wurde "namens und in Vollmacht der Beklagten Ziff. 7" eingelegt und lässt - da auf eine Erhöhung des Gegenstandswerts für die Anwaltsvergütung gerichtet - eine Beschwer der Partei nicht erkennen.

    VII.

    1.

    Die Streithelferin Ziff. 3 und ihre Prozessbevollmächtigten legen gegen die sie betreffende Wertfestsetzung für die Anwaltsvergütung Beschwerde ein und beantragen, den Gegenstandswert bis zum 15.03.2018 auf 27.320.879,00 Euro und für den anschließenden Zeitraum auf 9.969.211,00 Euro festzusetzen (Bl. XXIV-2722). § 89a Absatz 3 GWB n.F. sei nicht anwendbar, da nicht auf den Zeitpunkt des Beitritts, sondern auf den Zeitpunkt der Zustellung der Streitverkündung abzustellen sei, die noch vor Inkrafttreten des Gesetzes erfolgt sei. Bereits zu diesem Zeitpunkt seien die Interventionswirkungen angefallen und der Streitverkündete sei mit der Frage konfrontiert gewesen, dem Rechtsstreit beizutreten und vor dieser Entscheidung anwaltlichen Rat einzuholen. Dies gelte mindestens für die Verfahrensgebühr. Die Streithelferin Ziff. 3 habe am 16.01.2017 per Mail ihren Prozessbevollmächtigten die Streitverkündungsschriften übersandt. Trotz ihres Obsiegens erhalte sie ihre außergerichtlichen Kosten nicht erstattet.

    2.

    Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten ist unzulässig. Die Anwendung von § 89a Absatz 3 Satz 1 GWB betrifft nach dem Wortlaut der Norm lediglich die Kostenerstattungspflicht des Gegners. Auf den Honoraranspruch des Rechtsanwaltes gegenüber dem Mandanten, der dem Kartellschadensprozess beigetreten ist, hat diese Vorschrift keinen Einfluss (Bornkamm/Tolkmitt, Kartellrecht, 13. Aufl. 2018, § 89a GWB Rn. 23). Da der Kläger den Antrag auf Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 33 RVG gestellt hat, ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens lediglich die Wertfestsetzung für den Kostenerstattungsanspruch der Streithelferin gegen den Kläger, nicht aber ein möglicherweise darüber hinausgehender Vergütungsanspruch der Prozessbevollmächtigten gegen die Partei.

    3.

    Die Beschwerde der Streithelferin Ziff. 3 ist zwar zulässig. Ihre Beschwer ergibt sich daraus, dass ihr Kostenerstattungsanspruch gegen den Kläger durch die Anwendung des § 89a Absatz 3 GWB beschränkt wird. Die Beschwerde ist aber unbegründet.

    a)

    Der Anwendung von § 89a Absatz 3 GWB steht nicht entgegen, dass sich die Bestimmung mit § 33a GWB auf eine Norm bezieht, die zum Verletzungszeitpunkt nicht existierte. Vielmehr war die Schadensersatzpflicht vormals in § 33 Absatz 3 GWB a.F. normiert. Dass der Gesetzgeber die Haftungsnorm aus gesetzestechnischen Gründen in eine neue Bestimmung überführt hat, spricht nicht gegen die Anwendung der Neuregelung (so für das Verjährungsrecht: BGH, Urteil vom 12. Juni 2018 - KZR 56/16, juris Rn. 71 - Grauzement II). Für eine Anwendung der Neuregelung spricht auch der Zweck des Gesetzes, das Kostenrisiko der Hauptparteien zu reduzieren (ebenso LG Hannover, Beschluss vom 09. März 2020 - 13 O 4/19, juris Rn. 31 ff.). Wäre § 89a Absatz 3 GWB nur auf Ansprüche aus § 33a GWB anwendbar, so kämen nur Schadensersatzansprüche in Betracht, die nach dem 26.12.2016 entstanden sind (§ 186 Absatz 3 Satz 1 GWB). Die Neuregelung bliebe lange Zeit wirkungslos, da bis zur Aufdeckung und bestandskräftigen Feststellung von Kartellverstößen durch die Kartellbehörden (§ 33b GWB) viele Jahre vergehen können.

    b)

    Der Kostenerstattungsanspruch richtet sich - wie bereits dargelegt - nach der Rechtslage zum Zeitpunkt des Beitritts, mithin nach der Neuregelung.

    Nicht maßgebend ist hingegen der Zeitpunkt der Streitverkündung, die vorliegend vor Inkrafttreten der Neuregelung erfolgt ist. Eine Streitverkündung entfaltet noch kein Prozessrechtsverhältnis zwischen dem Streitverkündeten und dem Gegner der die Unterstützung suchenden Hauptpartei. Solange sich der Streitverkündete nicht erklärt, wird der Prozess ohne diesen fortgesetzt (§ 74 Absatz 2 ZPO). Erst mit dem Beitritt erhält er die Stellung eines Nebenintervenienten (§ 74 Absatz 1 ZPO) und hat er für den Fall des Obsiegens einen Kostenerstattungsanspruch (§ 101 Absatz 1 ZPO) gegen den Gegner der Hauptpartei. Nicht zu überzeugen vermag das Argument der Beschwerde, der Partei seien bereits durch die Prüfung des Beitritts Kosten entstanden, denn weder bestand zu diesem Zeitpunkt ein Prozessrechtsverhältnis mit der Hauptpartei des Gegners noch bezieht sich der Erstattungsanspruch auf vorgerichtliche Anwaltsgebühren.

    c)

    Die Höhe des Gegenstandswertes hat das Landgericht gemäß § 89a Absatz 3 Satz 1 GWB ermessensfehlerfrei festgesetzt. Das Ermessen war auch nicht dadurch eingeschränkt, dass die Vorschrift lediglich im Verhältnis zu einem der Streithelfer anzuwenden ist.

    VIII.

    Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Absatz 3 GKG, § 33 Absatz 9 RVG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Absatz 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Absatz 4; § 33 Absatz 6 RVG).

    IX.

    Über den Antrag der Prozessbevollmächtigten der Streithelferin Ziff. 7 vom 03.08.2020 auf Umschreibung der Kostenentscheidung entscheidet das Landgericht in eigener Zuständigkeit.

    RechtsgebietZivilprozessrechtVorschriften§ 287 ZPO