18.01.2022 · IWW-Abrufnummer 226984
Landgericht Köln: Urteil vom 20.12.2021 – 19 O 106/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Köln
Tenor:
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.159,84 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2019 zu zahlen,
- Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.159,84 € zusteht.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags.
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Tatbestand
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Der Kläger ist Rechtsanwalt und macht gegenüber der Beklagten eine Honorarforderung geltend.
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Die Beklagte hatte unter dem 06.03.2013 einen „Mietvertrag mit Ankaufoption“ (Anl. B1, Bl. 65 ff. der Akten) mit einem Herrn Q und einer Frau C über das Hausgrundstück B weg 00 in Brühl geschlossen. Bei dem Herrn Q handelte es sich um den alleinigen Eigentümer des Hausgrundstücks, bei der Frau C um dessen Mutter bzw. die vormalige Lebensgefährtin des vorverstorbenen Vaters des Herrn Q , der ein grundbuchlich gesichertes Nießbrauchsrecht an dem Grundstück zustand. Der vorgenannte Mietvertrag mit Ankaufoption sah in seinem Teil C einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag vor, wurde jedoch nur privatschriftlich geschlossen. In der Folge bewohnte die Beklagte gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten und ihrem Kind das vorgenannte Hausgrundstück.
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Zwischen dem 10.07. und dem 24.07.2015 verstarb der Herr Q . Zum Nachlasspfleger wurde Herr Rechtsanwalt H , der jetzige Beklagtenvertreter, bestellt.
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Das Hausgrundstück B weg 15 war zu diesem Zeitpunkt zugunsten der Stadtsparkasse Bad Honnef (nunmehr Kreissparkasse Köln) mit einem Grundpfandrecht i.H.v. 220.000 € besichert.
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Aus im Einzelnen zwischen den Parteien streitigen Motiven wandte sich die Beklagte, die bereits zuvor in anderen Angelegenheiten vom Kläger vertreten worden war, Ende Mai 2016/Anfang Juni 2016 an den Kläger mit der Bitte um Beratung. Die Beklagte unterhielt eine Rechtsschutzversicherung bei der Streitverkündeten, der P Rechtsschutzversicherung AG. Mit E-Mail vom 24.05.2016 (Anl. 18, Bl. 200 der Akten) unterrichtete der Kläger die Beklagte über die Höhe der Anwaltsgebühren und wies diese darauf hin, dass Rechtsschutzversicherer in der Regel nicht die Rechtsberatung rund um den Kauf einer Immobilie abdecken, wobei der Zugang bei der Beklagten streitig ist. Unter dem 12.06.2016 erteilte die Beklagte dem Kläger Vollmacht (Anl. K1, Bl. 8 der Akten) wegen „Nachlassangelegenheit Q ; Mietverhältnis und Vorkaufsrecht zur Immobilie B weg 00 in 50321 Brühl“. Der Kläger stellte den Kontakt der Beklagten zu einem Finanzberater, dem Zeugen G her im Hinblick darauf, dass die Beklagter das von ihr bewohnte Hausgrundstück erwerben und hierbei die bestehende Grundschuld ablösen wollte. In der Folge korrespondierte der Kläger mit Herrn G , mit der Beklagten, mit der Sparkasse Bad Honnef und mit dem Nachlasspfleger der Frau C . Gegenstand der Korrespondenz waren eine mögliche Ablösung der bestehenden Grundschuld sowie des Nießbrauchsrechts und die Finanzierung durch die Beklagte. Wegen der näheren Einzelheiten der Korrespondenz wird auf den Klägervortrag im Schriftsatz vom 19.09.2019, dort Seiten 7-29 (Bl. 104-126 der Akten) Bezug genommen.
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Unter dem 22.07.2016 stellte der Kläger der Beklagten eine Vorschussrechnung (Anl. 43, Bl. 243 der Akten). Er stellte eine 1,3 Geschäftsgebühr aus dem Gegenstandswert 239.000 € zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer, insgesamt brutto 3.509,19 € in Rechnung.
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Im Februar 2017 leitete die Beklagte dem Kläger ein Schreiben ihrer Rechtsschutzversicherung vom 19.08.2016 (Inhalt vergleiche Bl. 128 der Akten) zu, in dem die Rechtsschutzversicherung den Sachverhalt rund um den Mietvertrag mit Ankaufoption und das Versterben des Herrn Q darstellte und mitteilte, es bestehe Versicherungsschutz für die Interessenwahrnehmung aus dem dargelegten Schuldverhältnis. Der Kläger leitete daraufhin seine Vorschussrechnung vom 22.07.2016 an die Streitverkündete weiter mit der Bitte um Freistellung. Die Streitverkündete glich diese jedoch nicht aus, sondern bat mit wiederholtem Schreiben um weitere Informationen. Zuletzt verwies der Kläger die Streitverkündete diesbezüglich an die Beklagte. Nachdem es in der ersten Jahreshälfte 2017 noch vereinzelte Kontakte zwischen Kläger und Beklagter hinsichtlich des Mandats gegeben hatte, brach der Kontakt zwischen den Parteien diesbezüglich ab Mitte 2017 ab. Die Beklagte erklärte jedoch nicht die Kündigung des Mandats. Im Jahr 2019 erkundigte sich der Kläger beim Grundbuchamt und stellte auf diese Weise fest, dass die Mutter der Beklagten Eigentum an dem Hausgrundstück erworben hatte.
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Der Kläger stellte der Beklagten daraufhin eine Schlussrechnung vom 06.05.2019 (Anl. K2, Bl. 9 f. Akten) über einen noch zu zahlenden Betrag von brutto 5.159,84 €. Berechnet ist eine 2,0 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 239.000 € zuzüglich einer Auslagenpauschale und Umsatzsteuer entsprechend einem Bruttobetrag von 5.385,94 €, der sich um eine von der Versicherung erbrachte Zahlung von 226,10 € verringert.
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Die am 11.06.2019 eingereichte Klage wurde der Beklagten am 19.07.2019 zugestellt.
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Der Kläger behauptet, bei seiner Beauftragung Ende Mai bzw. Anfang Juni 2016 sei es der Beklagten darum gegangen, dass sie das von ihr bewohnte Haus erwerben wollte.
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Mit Schriftsätzen vom 15.08.2020 und 11.03.2021 hat der Kläger die Klage erweitert und beantragt nunmehr
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1. Die Beklagte zu verurteilen, an mich einen Betrag in Höhe von 5.159,84 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2019 zu zahlen,
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2. […]
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3. Vorab im Wege der Zwischenfeststellung festzustellen, dass die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit durch Rechtsanwalt H als Beklagtenvertreter nicht rechtmäßig und wirksam vertreten ist,
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4. Hilfsweise zu 3. vorab im Wege der Zwischenfeststellung festzustellen, dass Rechtsanwalt H die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit nicht anwaltlich vertreten darf.
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5. Festzustellen, dass der Beklagten gegen mich kein Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.159,84 € zusteht.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, bei der Beauftragung des Klägers Ende Mai bzw. Anfang Juni 2016 sei es ihr um die Gefahr gegangen, das Haus räumen zu müssen. Die Beklagte habe eine Beendigung des Mietverhältnisses im Hinblick darauf gefürchtet, dass das Objekt auf Betreiben der dinglich gesicherten Stadtsparkasse Bad Honnef habe veräußert werden sollen. Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe seine anwaltlichen Pflichten dadurch verletzt, dass er sie nicht darauf hingewiesen habe, dass aufgrund der Formunwirksamkeit der entsprechenden Vereinbarung kein Vorkaufsrecht der Beklagten bestehe. Tätigkeiten, die der Kläger aufgrund der Fehleinschätzung zum angeblichen Vorkaufsrecht entfaltet habe, wären von der Beklagten bei zutreffender rechtlicher Beratung durch den Kläger nicht beauftragt worden und vermittelten dem Kläger keinen Gebührenanspruch. Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen anwaltlicher Falschberatung (Bl. 436, 519 d. A.), die jedenfalls in Höhe der Honoraransprüche bestünden.
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Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß Hinweis- und Beweisbeschluss vom 29.03.2021 (Bl. 941 d.A.) durch Einholung eines Gebührengutachtens bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main. Hinsichtlich des Inhalts des Gebührengutachtens wird auf das schriftliche Gutachten vom 07.06.2021 (Bl. 968-974 d.A.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf die Protokolle vom 14.02.2020 (Bl. 524 Der Akte), 22.02.2021 (Bl. 875 der Akte) und vom 29.11.2021 (Bl. 1019 der Akte) verwiesen. Außerdem hat die Kammer mit Beschluss vom 08.05.2020 (Bl. 589 d.A.) Hinweise erteilt.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und hinsichtlich des Honoraranspruchs begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Honoraranspruch gegen die Beklagte zu.
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I.
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1. Der mit der Klage geltend gemachte Vergütungsanspruch steht dem Kläger aus §§ 675, 611 BGB aufgrund des mit der Beklagten geschlossenen Anwaltsvertrags über deren anwaltlichen Beratung und Vertretung im Hinblick (auch) auf einen geplanten Erwerb des Grundstücks B weg 00 zu.
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Die Honorarforderung des Klägers besteht, und zwar ausgehend von einem Gegenstandswert von 239.000,- €. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur hinreichenden Überzeugung der Kammer fest.
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Die Beklagte hat den Kläger mit einer anwaltlichen Beratung und Vertretung im Hinblick (auch) auf einen geplanten Erwerb des Grundstücks B weg 00 beauftragt. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem Inhalt der Handakte, wie sie von Klägerseite überreicht worden ist und der von Beklagtenseite auch nicht bestritten wird.
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Die Unterlagen Anl. 16 (Bl. 197 f.d.A.), die Erstanlass der Beratung waren (vgl. Bl. 104), bezogen sich auf ein Ankauf durch die Beklagte zum Preis von 239.000,- €, hierzu sollte der Kläger die Beklagte beraten. Die gesamte weitere Korrespondenz des Klägers in Abstimmung mit der Beklagten zielt dann auch darauf ab, dieses Vorhaben zu verwirklichen.
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In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte zudem selbst angegeben, sie habe das Haus unter Mietkauf erwerben wollen. Es haben zudem ausführliche Verkaufsgespräche stattgefunden im Zeitraum April/Mai 2016 und September 2016 bzw. Mai 2017, dies ist beispielsweise aus folgenden Mails ersichtlich:
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- Email vom 06.06.2016 (Bl. 211, das Problem war nicht, dass die Beklagte das Haus nicht kaufen wollte, unabhängig vom Vorkaufsrecht, sondern dass sie die Finanzierung nicht erhielt).
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- Email vom 26.06.2016 an Herrn T von der Sparkasse, in der der Kläger ausdrücklich darauf Bezug nahm, Gegenstand des Mandatsverhältnisses sei das Vorkaufsrecht (Bl. 221 d.A.). Die Nachricht wurde auch an die Adresse der Beklagten gesandt.
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- Emails vom 26.06.2016 (Bl. 223, 225 d.A.) an die Beklagte selbst. Zu diesem Zeitpunkt ging es bereits lange nicht mehr um die Mietsache, sondern um den Erwerb der Immobilie.
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- Email vom 25.07.2016 (Bl. 248 d.A.) Der Kauf ging schließlich nicht in die Richtung, dass die Beklagte selbst Immobilie erwirbt, sondern dass ihre Mutter das Haus kaufte. Diese Lösung wurde vom Kläger in die Wege gebracht und hatte mit dem vertraglichen „Vorkaufsrecht“ nichts zu tun. Die Kreisparkasse war sich mit Nachlasspfleger über freihändigen den Verkauf einig.
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- Email vom 25.07.2016 der Beklagten an den Kläger (Bl. 251d.A.): Die Beklagte teilte mit, dass sie eine Absage für die Finanzierung erhalten habe und die Mutter die Immobilie erwerbe, damit der „Albtraum ein Ende hat“
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- Email vom 19. 8.2016 (Bl. 282 d.A.): die Beklagte teilte dem Kläger den Sachstand der Erwerbs mit
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Für die Kammer ist schlicht nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte, wie von ihr vorgetragen, ohne Vorkaufsrecht vom Kauf komplett Abstand genommen hätte. Der Beklagten kam es bei lebensnaher Betrachtung darauf an, das Haus zu erwerben. Sie hätte das Vorkaufsrecht nicht ausüben müssen. Wenn sie von Unwirksamkeit gewusst hätte, hätte dies nach Überzeugung der Kammer nichts an ihrem Willen, die Immobilie zu erwerben, geändert.
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Die Behauptung der Beklagtenseite, der Kläger sei nur mit einer mietrechtlichen Beratung beauftragt worden, ist damit jedenfalls widerlegt. Aus der vorgelegten Kommunikation ergibt sich außerdem, dass der Beklagte auch anwaltliche tätig wurde.
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Dass der Kläger die Beklagte möglicherweise in einem Punkt falsch beriet (nämlich nicht darauf hinwies, dass das Vorkaufsrecht nicht nur nicht dinglich abgesichert, sondern insgesamt formunwirksam vereinbart war), steht der Entstehung des Honoraranspruchs nicht im Wege.
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Der Honoraranspruch steht dem Kläger auch in der geltend gemachten Höhe zu. Dies steht nach der durchgeführten Beweisaufnahme zur hinreichenden Überzeugung der Kammer fest.
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Nach dem in § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierten Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung ist ein Beweis dann erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist. Die danach erforderliche Überzeugung des Richters gebietet keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“, es reicht vielmehr ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit aus, der Zweifeln Schweigen gebietet.
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Die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main hat in ihrem Gebührengutachten festgestellt, dass die Angelegenheit tatsächlich schwierig war, da es für den Kläger galt, die unterschiedlichen Akteure zusammenzubringen, um das ihm erteilte Mandat, sei es nun mietrechtlich oder kaufrechtlich, erfolgreich zu einem Abschluss zu bringen. Bei einer 1,8 Gebühr, die der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Frankfurt für angemessen ansieht, wäre unter Berücksichtigung des Toleranzrahmens auch noch eine 2,1 Gebühr angemessen gewesen. Die vom Kläger abgerechnete 2,0 Gebühr ist deshalb nicht zu beanstanden.
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Das Gericht schließt sich den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der Rechtsanwaltskammer vollumfänglich an. Diese ist für die Begutachtung besonders geeignet und besitzt insbesondere die erforderliche Sachkunde. Die Kammer schließt sich insoweit den in sich schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen an und macht sich diese zu Eigen.
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Das Entstehen des Honoraranspruchs steht auch nicht unter der Bedingung, dass die Rechtsschutzversicherung eintritt. Eine entsprechende Bedingung müsste ausdrücklich vereinbart werden. Es käme lediglich ein Gegenanspruch auf Falschberatung in Betracht, weil der Kläger nicht genügend darüber aufklärte, dass Rechtsschutzversicherung nicht eintritt. Diesbezüglich ist jedoch keine Aufrechnung erklärt, und die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte kann auch keinen Pflichtverstoß des Klägers beweisen: Denn der Kläger hat im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast substantiiert dargelegt, dass er die Beklagte durch die Email vom 24.05.2016 über alles unterrichtet hat. Die Beklagte hat zwar den Empfang der Email bestritten, kann aber nicht beweisen, dass diese nicht angekommen ist, somit auch nicht, dass der Kläger sie nicht aufgeklärt hat.
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2. Der Anspruch ist auch nicht im Wege der Aufrechnung erloschen. Die Beklagte hat nicht wirksam mit einem Schadensersatzanspruch wegen anwaltlicher Falschberatung im Hinblick darauf aufgerechnet, dass der Kläger sie nicht auf die Formunwirksamkeit hinsichtlich des Vorkaufsrechts hinwies. Dass dies nicht geschah, dürfte unstreitig sein, und darin dürfte wohl auch eine Pflichtverletzung im Rahmen des anwaltlichen Beratungsvertrags liegen, denn die Formunwirksamkeit lag auf der Hand und der Kläger hätte die Beklagte im Innenverhältnis nicht im Unklaren darüber lassen dürfen, dass sie sich von ihrem Vorkaufsrecht „nichts kaufen“ konnte.
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Allerdings hat die Klägerin keinerlei kausalen Schaden dargelegt. Denn wenn der Kläger die Beklagte intern darauf hingewiesen hätte, dass ein Vorkaufsrecht in Wahrheit nicht bestand, dann ist anzunehmen, dass die Beklagte den Kläger dennoch damit beauftragt hätte, sie beim Ankauf des Grundstücks zu unterstützen, und der Kläger wie geschehen tätig geworden wäre. Denn die Stadtsparkasse Bad Honnef machte den Ankauf durch die Beklagte nicht vom rechtlichen Bestehen eines Vorkaufsrechts abhängig, sondern davon, dass ihre Grundschuld abgelöst wurde. Der „Anschein“ eines Vorkaufsrechts war der Beklagten dienlich, indes ist nicht erkennbar, dass die Ankaufsmöglichkeit entscheidend hiervon abhing. Der Ankauf des Grundstücks durch die Beklagte in den Jahren 2016/2017 scheiterte dementsprechend auch nicht daran, dass irgendjemand das Bestehen des Vorkaufsrechts in Zweifel zog, sondern daran, dass die Beklagte keine Finanzierung für das Vorhaben erhielt.
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Der Zinsanspruch folgt aus Verzug.
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3. Soweit der Kläger beantragt hat, im Wege der Zwischenfeststellung festzustellen, dass die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit durch Rechtsanwalt H als Beklagtenvertreter nicht rechtmäßig und wirksam vertreten ist, dürfte es bereits an einer Vorgreiflichkeit des Rechtsstreits fehlen. Ein Anspruch auf Vorabentscheidung bestand nicht. Die Wirksamkeit der Vertretung dürfte vielmehr eine Frage der Postulationsfähigkeit sein. Da gegen den Beklagtenvertreter jedoch nicht in einem anwaltsgerichtlichen Verfahren ein Berufs- oder Vertretungsverbot ausgesprochen wurde, ist für einen Verlust der Postulationsfähigkeit kein Raum (vgl. nur MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 244 Rn. 14-18).
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Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch ist aus denselben Gründen jedenfalls unbegründet.
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4. Der vom Kläger geltend gemachte Feststellungsanspruch besteht. Feststellungsfähig ist insbesondere die Berechtigung zur Aufrechnung gegen einen Anspruch, dessen sich der Gegner berühmt (Musielak/Voit/Foerste, 18. Aufl. 2021, ZPO § 256 Rn. 18). Der Beklagten steht der hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Schadensersatzanspruch nicht zu.
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Die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 06.12.2021 und 08.12.2021 sind, soweit sie neuen Tatsachenvortrag enthielten, gem. § 296a ZPO in der Entscheidung nicht berücksichtigt worden. Ein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung hat nicht vorgelegen. Insbesondere gab die Teilerledigungserkärung des Klägers im Schriftsatz vom 08.12.2021 nach Schluss der mündlichen Verhandlung keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (Zöller/Greger § 296 a Rn. 2a, 282 Rn. 2a ZPO).
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II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 2 ZPO.
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III.
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Der Streitwert wird auf bis zu 13.000 € festgesetzt.
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Der Wert für die hilfsweise erklärte Aufrechnung war zu addieren, der Wert des Feststellungsantrags hingegen nicht (§§ 44 f. GKG).
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Rechtsbehelfsbelehrung:
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Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
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1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
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2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
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Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Köln, Reichenspergerplatz 1, 50670 Köln, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
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Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Köln zu begründen.
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Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Köln durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
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Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.