15.02.2023 · IWW-Abrufnummer 233789
Oberverwaltungsgericht Bremen: Beschluss vom 16.12.2022 – 2 B 219/22
1. Die Beschränkung der Prüfung des Beschwerdegerichts auf die dargelegten Gründe bezieht sich nur auf Fragen, die bereits vom Verwaltungsgericht erörtert worden sind.
2. Stellt eine Rechtsanwältin unter Vorlage einer schriftlichen Vollmacht einen Duldungsantrag für einen Ausländer, der nach längerer Abwesenheit erneut nach Deutschland eingereist ist, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die frühere Bevollmächtigung eines anderen Rechtsanwalts in einem aufenthaltsrechtlichen Verfahren vor der Ausreise sich auch auf das neue Verfahren erstreckt.
3. Zur Nachholung einer Anhörung (§ 45 VwVfG) ist eine Erklärung der Behörde, sie halte auch im Lichte des nachträglichen Vorbringens des Betroffenen an dem Verwaltungsakt fest, ausnahmsweise nicht erforderlich, wenn sich dieses Vorbringen in der bloßen Wiederholung von Umständen erschöpft, die der Behörde bereits beim Erlass des Verwaltungsaktes aus anderer Quelle bekannt waren und mit denen sie sich bereits in der Begründung des Verwaltungsaktes auseinandergesetzt hat.
In der Verwaltungsrechtssache
- Antragsteller und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
die Freie Hansestadt Bremen, vertreten durch die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport,
Bahnhofsplatz 29, 28195 Bremen,
- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte:
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500,- Euro festgesetzt.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung einer Rechtsanwältin für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Der im Jahr 2003 geborene Antragsteller ist Staatsangehöriger des Kosovo. Er reiste zunächst als Minderjähriger am 30.11.2019 nach Deutschland ein, ohne einen Pass oder ein Visum zu besitzen. Sein damaliger Bevollmächtigter beantragte mit Schreiben vom 13.12.2019 bei der Ausländerbehörde der Stadtgemeinde Bremen eine Duldung. Zur Begründung trug er vor, im Kosovo wolle der Vater eines Mädchens, mit dem der Antragsteller eine sexuelle Beziehung habe, den Antragsteller töten. Daher hätten seine Eltern den Antragsteller mit Hilfe eines Schleusers zu dem in Bremen lebenden Onkel geschickt. Mit Schreiben vom 20.03.2020 teilte sein damaliger Verfahrensbevollmächtigter der Ausländerbehörde mit, die Familie des Antragstellers habe "die Probleme im Kosovo gelöst". Der Antragsteller "möchte nun so schnell wie möglich wieder zurück in den Kosovo". Da er nicht über einen Reisepass verfüge, bitte er die Ausländerbehörde um Unterstützung bei der Beschaffung eines Passersatzpapiers. Mit Schreiben vom 25.03.2020 teilte die Ausländerbehörde mit, sie könne den Antragsteller derzeit nicht bei der freiwilligen Ausreise unterstützen, da die kosovarischen Behörden am 13.03.2020 eine Einreisesperre für Reisende aus Deutschland verhängt hätten. Mit E-Mail vom 08.06.2020 teilte der damalige Bevollmächtigte des Antragstellers der Ausländerbehörde mit, der Antragsteller werde in den nächsten Tagen einen Reisepass erhalten und dann über den Flughafen Hannover ausreisen. Am 23.06.2020 reiste der Antragsteller nach eigenen Angaben aus.
Am 12.02.2022 reiste der Antragsteller nach eigenen Angaben erneut ins Bundesgebiet ein. Dabei verfügte er nicht über ein Visum. Am 25.02.2022 wurde er in Bremen in eine Erstaufnahmeeinrichtung aufgenommen. Er legte dort ein Schreiben seiner heutigen Prozessbevollmächtigten vom 25.02.2022 vor, in dem mitgeteilt wurde, der Antragsteller bemühe sich wegen einer schweren psychischen Erkrankung um eine Aufenthaltserlaubnis oder Duldung. Es werde gebeten, ihn zur Vermeidung von Obdachlosigkeit aufzunehmen. In einem Schreiben derselben Bevollmächtigten vom selben Tag an die Ausländerbehörde wird eine Duldung beantragt. Zu einem späteren Zeitpunkt solle die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis beantragt werden. Der Antragsteller sei nach Deutschland eingereist, um Bekannte zu besuchen. Einen Daueraufenthalt habe er nicht beabsichtigt. Während des Besuchs habe sich seine psychische Erkrankung dann erheblich verschlechtert, so dass er nicht in der Lage sei, auszureisen. Mit einer amtsärztlichen Untersuchung sei er einverstanden; ein Attest werde nachgereicht. Beiden Schreiben waren schriftliche Vollmachten beigefügt. Am 06.03.2022 beantragte der Antragsteller dann auch persönlich bei der Ausländerbehörde die Erteilung einer Duldung. In einem Schreiben vom 23.03.2022, das an den Bevollmächtigten des Antragstellers aus dem aufenthaltsrechtlichen Verfahren von 2019/2020 adressiert war, gab die Ausländerbehörde dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer beabsichtigten Verteilung nach § 15a AufenthG. Mit Schreiben vom 30.03.2022 übersandte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers der Ausländerbehörde unter Bezugnahme auf den Duldungsantrag vom 25.02.2022 ein Attest eines Diplom-Psychologen und Psychologischen Psychotherapeuten vom 24.03.2022, das eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung, eine depressive Störung mit Angst und eine Agoraphobie diagnostiziert. Weitere Stellungnahmen erfolgten nicht. Mit Bescheid vom 24.06.2022 verteilte die Antragsgegnerin den Antragsteller gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 AufenthG an die Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Schleswig-Holstein in Neumünster, drohte ihm die Vollstreckung der Verteilung mit unmittelbarem Zwang an und ordnete die sofortige Vollziehung der Zwangsmittelandrohung an. In der Begründung wird auf das eingereichte Attest Bezug genommen. Der Gesundheitszustand des Antragstellers stehe einer Verteilung jedoch nicht entgegen, da es in der ganzen Bundesrepublik ein gut funktionierendes Gesundheitssystem auch für psychische Erkrankungen gebe. Der Bescheid wurde der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt. Am 30.06.2022 teilte diese per Mail der Ausländerbehörde mit, ihr Mandant habe erst jetzt erfahren, dass seinem früheren Bevollmächtigten im März 2022 eine Anhörung zur Verteilung zugegangen sei. Das Mandatsverhältnis zu diesem Bevollmächtigten bestehe nicht mehr. Der Umverteilung stünden gesundheitliche Gründe entgegen; insoweit werde auf das bereits vorgelegte Attest verwiesen.
Der Antragsteller hat am 14.07.2022 beim Verwaltungsgericht Klage gegen den Verteilungsbescheid und die Zwangsmittelandrohung erhoben sowie die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beantragt. Seiner Verteilung stehe eine psychische Erkrankung entgegen. Hierzu hat er neben dem bereits der Ausländerbehörde vorgelegten Attest eine weitere Stellungnahme desselben Psychotherapeuten vom 12.07.2022 vorgelegt. Er sei mittlerweile "seit langer Zeit" in Bremen in psychologischer Behandlung. Diese Behandlung dürfe nicht unterbrochen werden.
Mit Beschluss vom 11.08.2022 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt. Der Verteilung des unerlaubt eingereisten Antragstellers stünden keine zwingenden Gründe im Sinne des § 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG entgegen. Den vorgelegten psychologischen Stellungnahmen könne nicht entnommen werden, dass der Antragsteller nicht auch in einem anderen Bundesland behandelt werden könne. Aus ihnen ergebe sich ferner nicht, welche Konsequenzen bei einem Abbruch der derzeitigen Behandlung drohen. Ein Vollstreckungshindernis liege vor diesem Hintergrund ebenfalls nicht vor.
Mit seiner fristgerecht erhobenen und begründeten Beschwerde verfolgt der Antragsteller die erstinstanzlichen Anträge weiter. Er hat innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist eine weitere psychologische Stellungnahme vom 31.08.2022 vorgelegt.
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat es zurecht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen.
1. Der Verteilungsbescheid ist in formeller Hinsicht rechtmäßig.
a) Die Beschränkung des Beschwerdegerichts auf die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) entbindet den Senat nicht von der Pflicht zur Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Zwar geht die Beschwerdebegründung nicht auf eine möglicherweise fehlerhafte Anhörung des Antragstellers im Verteilungsverfahren ein. Die Beschränkung der Prüfung auf die dargelegten Gründe bezieht sich jedoch nur auf die Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung, also auf Fragen, die bereits vom Verwaltungsgericht erörtert worden sind (OVG Bremen, Beschl. v. 24.09.2020 - 2 B 187/20, juris Rn. 10; Beschl. v. 17.11.2022 - 2 B 206/22, juris Rn. 10). Vorliegend hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss weder ausdrücklich noch konkludent erörtert, ob der Antragsteller ordnungsgemäß angehört wurde. Es hat diese Frage, zu der auch der Antragsteller nicht vorgetragen hatte, offenbar übersehen.
b) Nach § 28 Abs. 1 BremVwVfG ist ein Beteiligter vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in seine Rechte eingreift, anzuhören. Wie § 15a Abs. 4 Satz 2 AufenthG entnommen werden kann, erfolgt die Anhörung zu einer Verteilung durch die Ausländerbehörde, die der Behörde, die die Verteilung zu veranlassen hat, das Anhörungsergebnis übermittelt (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 23.06.2021 - 2 B 203/21, juris Rn. 16). Ausnahmen vom Anhörungserfordernis (§ 28 Abs. 2, 3 BremVwVfG) sind vorliegend nicht ersichtlich.
c) Die Anhörung des Antragstellers zur Verteilung ist vor Erlass des Verteilungsbescheids nicht ordnungsgemäß erfolgt.
Das Anhörungsschreiben der Ausländerbehörde vom 23.03.2022 war an den Bevollmächtigten aus dem 2019/2020 geführten aufenthaltsrechtlichen Verwaltungsverfahren gerichtet. Zwar hat dieser Bevollmächtigte der Ausländerbehörde gegenüber niemals ausdrücklich den Widerruf der Vollmacht (§ 14 Abs. 1 Satz 4 BremVwVfG) erklärt. Unter den Umständen des Einzelfalls lag es jedoch fern anzunehmen, die Vollmacht würde auch im März 2022 noch fortbestehen und sich auf ein Verteilungsverfahren nach § 15a AufenthG beziehen. Der frühere Bevollmächtige war zwischen Dezember 2019 und Juni 2020 in einem Verwaltungsverfahren für den Antragsteller aufgetreten, das sich auf eine Duldung bezog. Eine Verteilung nach § 15a AufenthG stand damals schon wegen der Minderjährigkeit des Antragstellers nicht in Rede. Eine schriftliche Vollmacht, aus der sich der genaue Umfang der Bevollmächtigung ergeben könnte, wurde damals nicht vorgelegt. Im Juni 2020 ist der Antragsteller ausgereist. Nach der Ausländerakte ist der frühere Bevollmächtigte danach nicht mehr gegenüber der Ausländerbehörde für ihn aufgetreten. Nach der Wiedereinreise im Februar 2022 bestellte sich eine neue Rechtsanwältin sowohl gegenüber der Ausländerbehörde als auch gegenüber der Aufnahmeeinrichtung für ihn und legte eine schriftliche Vollmacht vor. Angesichts dieser Gesamtumstände, insbesondere der Tatsachen, dass der Umfang der Bevollmächtigung von 2019 nicht genau feststeht, der Antragsteller sich zwischenzeitlich mehr als eineinhalb Jahre im Kosovo aufhielt, er in seinem neuen Duldungsantrag nicht Bezug auf das Verfahren aus 2019/2020 nahm, und nun eine schriftliche Vollmacht von einer anderen Rechtsanwältin vorgelegt wurde, war es fernliegend anzunehmen, die Bevollmächtigung des früheren Rechtsanwalts im Verfahren von 2019/ 2020 auf Erteilung einer Duldung beziehe sich auch auf ein Verteilungsverfahren nach § 15a AufenthG im Frühjahr 2022.
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Anhörungsschreiben dem Antragsteller persönlich oder seiner neuen Bevollmächtigten vor dem Erlass des Verteilungsbescheides zugegangen ist. Die neue Bevollmächtigte hat in ihrer E-Mail vom 30.06.2022 ausgeführt, sie und der Antragsteller hätten erst jetzt von diesem Schreiben erfahren. Konkrete Zweifel an der Richtigkeit dieses Vorbringens sind nicht ersichtlich. Insbesondere spricht der Umstand, dass die neue Bevollmächtigte am 30.03.2022 bei der Ausländerbehörde ein Attest eingereicht hat, nicht gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben. Ausweislich des Anschreibens war die Einreichung des Attests auf den Duldungsantrag vom 25.02.2022 bezogen; Anhaltspunkte dafür, dass sie sich (auch) auf das Verteilungsverfahren beziehen sollte, gibt es nicht.
Dass die Ausländerbehörde das Attest dennoch an die Antragsgegnerin weitergeleitet hat und diese in der Begründung des Verteilungsbescheides darauf eingeht, ob sich daraus Gründe gegen die Verteilung ergeben, führt nicht zu einer ordnungsgemäßen Anhörung. Eine Stellungnahme zur Erteilung einer Duldung ist kein Äquivalent zu einer Stellungnahme zur Verteilung. Die vorzutragenden Gesichtspunkte unterscheiden sich teilweise. Insbesondere gibt es in einem Attest, das einen Antrag auf Erteilung einer Duldung stützen soll, keinen Anlass, auf die Behandelbarkeit der Erkrankung in anderen Bundesländern einzugehen. In einem Attest, das sich auf ein Verteilungsverfahren bezieht, muss dies hingegen ein zentraler Gesichtspunkt sein.
d) Der Mangel wurde jedoch mittlerweile nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BremVwVfG durch Nachholung der Anhörung geheilt. Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hat - nachdem sie das fälschlicherweise an den früheren Bevollmächtigten adressierte Anhörungsschreiben erhalten hatte - in ihrer E-Mail vom 30.06.2022 an die Ausländerbehörde vorgetragen, dass der Verteilung gesundheitliche Gründe entgegenstünden und dass insoweit auf das bereits zum Duldungsantrag vorgelegte Attest verwiesen werde. Diese E-Mail muss - wie zuvor schon das in Bezug genommene Attest - von der Ausländerbehörde an die Antragsgegnerin weitergeleitet worden sein, denn es befindet sich im Verwaltungsvorgang zur Verteilung. Zwar wird ein Anhörungsmangel noch nicht allein dadurch geheilt, dass der Betroffene seine Einwendungen nachträglich vorträgt. Die Anhörungspflicht schließt vielmehr ein, dass die Behörde ein solches Vorbringen zur Kenntnis nimmt und ihre Entscheidung nachträglich in seinem Lichte überprüft (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 08.06.2020 - 2 B 86/20, juris Rn. 11 m.w.N.). Da sich das nachträgliche Anhörungsvorbringen jedoch in dem erschöpfte, was die Antragsgegnerin bereits vor Erlass des Bescheides auf anderem Wege erfahren hatte und womit sie sich bereits im Bescheid auseinandergesetzt hatte, bedurfte es vorliegend keiner ausdrücklichen Erklärung der Antragsgegnerin, dass sie auch im Lichte des nachträglichen Anhörungsvorbringens an der Verteilung festhält. Solches zu verlangen wäre bloße Förmelei.
2. Aus den von der Beschwerde dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid zu Unrecht als materiell rechtmäßig angesehen hat. Die Beschwerde wendet sich allein gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, der gesundheitliche Zustand des Antragstellers stelle weder einen zwingenden Grund gegen die Verteilung (§ 15a Abs. 1 Satz 6 AufenthG) noch ein Hindernis für die Vollstreckung der Verteilung dar. Entgegen der Auffassung der Beschwerde sind jedoch weder das im Verwaltungsverfahren vorgelegte psychologische Attest vom 24.03.2022, noch das erstinstanzlich vorgelegte Attest vom 12.07.2022 oder das im Beschwerdeverfahren vorgelegte Attest vom 31.08.2022 in dieser Hinsicht "aussagekräftig". Alle drei Atteste beruhen auf unschlüssigen tatsächlichen Annahmen ihres Erstellers. Die Ursachen der Erkrankung verorten die Atteste in Gewalt und Bedrohung durch die Familie des Mädchens, mit dem der Antragsteller eine sexuelle Beziehung hatte. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Antragsteller nach seiner ersten Flucht nach Deutschland "aus Sehnsucht" zu dem Mädchen in den Kosovo zurückgekehrt sei, dort zunächst ein Jahr lang "unentdeckt" blieb und anschließend, als die Familie seiner Freundin ihn entdeckte, erneut bedroht wurde, was ihn "aus Todesangst" zur zweiten Flucht nach Deutschland bewegt habe (vgl. insbesondere S. 3 des Attests vom 24.03.2022). Diese tatsächlichen Annahmen widersprechen den Einlassungen des Antragstellers, wie sie sich aus der Behördenakte ergeben. Demnach ist der Antragsteller zwar im November 2019 wegen der Bedrohung durch die Familie seiner Freundin nach Deutschland geflohen. Nach seinen Angaben ist es seiner Familie aber bis März 2020 gelungen, das Problem zu lösen. Aus diesem Grund ist er nach seinen eigenen Angaben 2020 freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt. Angesichts dieser Angaben des Antragstellers ist nicht nachvollziehbar, wieso die Familie seiner Freundin ihn nach seiner "Entdeckung" erneut bedroht haben sollte, wovon sein Psychotherapeut ausgeht. Zudem widerspricht die Annahme des Psychotherapeuten, der Antragsteller sei 2022 "aus Todesangst" nach Deutschland gekommen, weil er Schutz vor der Familie seiner Freundin gesucht habe, den Angaben des Antragstellers im Duldungsantrag vom 25.02.2022. Dort hat der Antragsteller ausdrücklich erklärt, er sei nicht zur Begründung eines Daueraufenthalts nach Deutschland eingereist, sondern nur, um Bekannte in Bremen zu besuchen.
Da die vorgelegten Atteste nicht aussagekräftig sind, hatte die Antragsgegnerin auch keinen Anlass, quasi "ins Blaue hinein" eine amtsärztliche Untersuchung zu veranlassen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG (vgl. ausführlich OVG Bremen, Beschl. v. 22.11.2022 - 2 S 63/22, juris).
4. Prozesskostenhilfe kann für das Beschwerdeverfahren schon deswegen nicht bewilligt werden, weil der Antragsteller keine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat (§ 166 Abs. 1 VwGO, § 117 Abs. 2 ZPO).