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  • 14.12.2023 · IWW-Abrufnummer 238721

    Landessozialgericht Baden-Württemberg: Beschluss vom 22.02.2022 – L 8 SB 2987/21 B

    Für die Annahme der erforderlichen Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist es ausreichend, dass eine Befragung sachverständiger Zeugen geboten erscheint. Dies gilt umso mehr, wenn diese Anhörung mit einer gutachterlichen Fragestellung verbunden ist.


    Landessozialgericht Baden-Württemberg 

    Beschluss vom 22.02.2022


    Tenor:

    Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 06.09.2021 aufgehoben.

    Der Klägerin wird für das Klageverfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von O, W, gewährt.

    Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

    Gründe

    I.

    Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein Klageverfahren um die Feststellung des Merkzeichens aG (außergewöhnlich gehbehindert).

    Bei der 1947 geborenen Antragstellerin, Beschwerdeführerin und Klägerin (Klägerin) war zuletzt mit Bescheid des Beklagten vom 23.01.2019 ein GdB von 40 wegen einer chronischen Bronchitis, wegen degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule (WS) und Funktionsbehinderung der WS sowie Bluthochdruck festgestellt worden.

    Die Klägerin beantragte am 03.09.2020 die Neufeststellung des GdB und die Feststellung der Merkzeichen G und aG. Sie verwies hierfür unter Vorlage von Befundberichten der T (zuletzt vom 14.11.2019) u.a. auf eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Der Beklagte holte im Dezember 2020 noch einen Befundbericht bei dem hausärztlich behandelnden L ein, der von einer hochgradigen COPD mit ausgeprägter Ruhedyspnoe und massiv eingeschränkter Mobilität auch unter Sauerstoffgabe berichtete; aktuelle pulmologische Befundberichte aus dem Jahr 2020 lägen nicht vor.

    Mit versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 10.02.2021 bewertete R die Funktionsbeeinträchtigungen mit einem Gesamt-GdB von 80 wie folgt:

    Chronische Bronchitis, Respiratorische Insuffizienz Einzel-GdB 70

    Degenerative Veränderungen und Funktionsbehinderung der WS Einzel-GdB 20

    Bluthochdruck Einzel-GdB 10.

    Die Voraussetzungen für das Merkzeichen G lägen vor, diejenigen für das Merkzeichen aG nicht.

    Mit Bescheid vom 25.03.2021 stellte der Beklagte daher einen GdB von 80 sowie das Merkzeichen G fest, lehnte aber die Feststellung des Merkzeichens aG ab.

    Die Klägerin legte hiergegen am 07.04.2021, vertreten durch ihre Bevollmächtigte, Widerspruch ein. Sie leide unter einer ärztlich festgestellten COPD und nicht lediglich unter einer chronischen Bronchitis. Auch sei eine Verschlechterung eingetreten, da sie ab 2019 zusätzlichen Sauerstoff benötige. Auch unter Sauerstoffgabe sei sie in ihrer Mobilität massiv eingeschränkt. Sie erfülle damit die für das Merkzeichen aG aufgestellten Voraussetzungen.

    Nach erneuter versorgungsärztlicher Stellungnahme vom 10.05.2011 (B) waren zusätzlich auch die Voraussetzungen für das Merkzeichen B gegeben. Im Übrigen verblieb es bei der bisherigen Bewertung. Die letzte lungenfachärztliche Vorstellung sei 2019 bei damals stabiler Situation bei mittel- bis schwergradiger und damit nicht schwergradiger Ventilationsstörung erfolgt. Eine erneute Vorstellung/Krankenhausbehandlung sei danach nicht erforderlich gewesen, was für eine erfolgreiche Behandlung spreche.

    Die Klägerin teilte auf eine Nachfrage des Beklagten nach einer ärztlichen Behandlung der geltend gemachten Atemwegserkrankung in den Jahren 2020/2021 mit, dass die letzte Behandlung am 07.11.2019 bei T erfolgt sei. Sie verwies aber zugleich auf die laufende Behandlung bei dem L.

    Nach einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme von S vom 29.06.2021 verblieb es bei der Bewertung. Eine außergewöhnliche Gehbehinderung könne nicht festgestellt werden.

    Mit Widerspruchsbescheid vom 12.07.2021 wies der Beklagte den Widerspruch daher zurück, da die Voraussetzungen des Merkzeichens aG nicht erfüllt seien.

    Die Klägerin hat, vertreten durch ihre Bevollmächtigte, am 26.07.2021 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, da das Merkzeichen aG festzustellen sei (Az. S 2 SB 1851/21). Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruch wiederholt. In der Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vom 03.08.2021 hat die Klägerin eine hausärztliche Behandlung zuletzt am 01.06.2021 wegen Atembeschwerden, Atemnot und COPD angegeben, daneben die letzte Behandlung bei T am 07.11.2019 sowie Krankenhausbehandlung im Jahr 2018 jeweils wegen Atembeschwerden, Atemnot und COPD.

    Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf die versorgungsärztlichen Stellungnahmen entgegengetreten, da keine medizinisch-objektivierbaren Gesichtspunkte vorgetragen worden seien.

    Mit Beschluss vom 06.09.2021 hat das SG den Antrag auf PKH und Beiordnung der Bevollmächtigten der Klägerin unter Verweis auf die Begründung des Widerspruchsbescheides abgelehnt. Bei der Klägerin liege auch im Hinblick auf die Lungenerkrankung keine mobilitätsbezogene Teilhabebeeinträchtigung mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 vor. S sei in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von Juni 2021 schlüssig von einem geringeren (gemeint: GdB) ausgegangen.

    Die Klägerin hat hiergegen, vertreten durch ihre Bevollmächtigte, am 15.09.2021 Beschwerde zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Die COPD sei ein anerkannter Grund für die Zuerkennung des Merkzeichens aG. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen seien erfüllt, wenn der Betroffene schon nach kürzester Gehstrecke schmerz- und/oder erschöpfungsbedingt eine Pause einlegen müsse, bevor er weitergehen könne. Dies treffe auf die Klägerin zu, da sie lediglich 20 bis 50 Meter ohne Pausen gehen könne. Die Stellungnahme von S sei in der Akte nicht zu finden. Die Ablehnung der Prozesskostenhilfe könne jedenfalls nicht auf eine erst im Rahmen des Verfahrens eingeholte ärztliche Stellungnahme gestützt werden.

    Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

    den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 06.09.2021 aufzuheben und der Klägerin für das Klageverfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von O, W zu gewähren.

    Der Beklagte sieht keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit der getroffenen Entscheidung, weshalb die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Zudem sei in dem Verfahren auch keine anwaltliche Vertretung vorgeschrieben.

    II.

    Die form- und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegte Beschwerde ist statthaft. Insbesondere greift kein Ausschlussgrund nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a) oder b) SGG.

    Die Beschwerde ist auch begründet, weil der Klägerin für das Klageverfahren ab der dortigen Antragstellung PKH ohne Ratenzahlung und unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten zu gewähren ist. Der angefochtene Beschluss des SG vom 06.09.2021 ist daher aufzuheben.

    Nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

    Hinreichende Erfolgsaussicht für die Rechtsverfolgung liegt vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht mindestens von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Es muss also nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich sein, dass der Kläger mit seinem Begehren durchdringen wird (MKLS/B. Schmidt SGG, 13. Aufl. 2020, § 73a Rn. 7a). Die Gewährleistung der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gebietet dabei eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 13.07.2016 - 1 BvR 183/12 -, in juris). Die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten durch das Fachgericht setzt unter anderem eine Kenntnis der tatsächlichen Grundlagen des Rechtsschutzbegehrens voraus, dem wiederum Darlegungsobliegenheiten der Rechtsschutzsuchenden entsprechen. Es verstößt dann gegen das Gebot der Rechtsschutzgleichheit, wenn der unbemittelten Partei wegen Fehlens der Erfolgsaussichten ihres Rechtsverfolgungsbegehrens Prozesskostenhilfe verweigert wird, obwohl - auch im Hinblick auf Zweifel an ihren Darlegungen - eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgehen würde (BVerfG, Beschluss vom 14.02.2017 - 1 BvR 2507/16 -, in juris m.w.N.). Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -, in juris).

    Ausgehend hiervon bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichend Aussicht auf Erfolg und ist auch nicht mutwillig.

    Hier steht zwar nach dem aktuellen Sachstand nicht fest, dass die Klägerin die Voraussetzungen für die streitige Zuerkennung des Merkzeichens aG gemäß § 229 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGB IX erfüllt. Nach § 229 Abs. 3 Satz 4 SGB IX kann die Gehfähigkeit auch durch Störungen des Atmungssystems in einem entsprechenden Ausmaß beeinträchtigt sein. Nach den näheren Vorgaben in den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen" der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VG, dort Teil D Nr. 3 Buchst. c, vgl. BSG, Urteil vom 16.03.2016 - B 9 SB 1/15 R -, in juris) können Krankheiten der Atmungsorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades zu einer entsprechenden Beeinträchtigung der Gehfähigkeit führen. Der versorgungsärztliche Dienst geht bislang von Krankheiten der Atmungsorgane mit dauernden mittelgradigen Einschränkungen der Lungenfunktion i.S.d. VG Teil B Nr. 8.3 aus und bewertet diese im oberen Bereich des hierfür vorgesehenen GdB-Rahmens von 50-70. Dem letzten fachärztlichen Befundbericht von T 14.11.2019 (Bl. 83 der Verwaltungsakte) lassen sich hierzu bei einer Bewertung der COPD nach der GOLD-Klassifikation im Stadium III/D jedoch keine näheren Angaben entnehmen. Der von dem Beklagten zuletzt befragte Hausarzt hat über eine hochgradige COPD und eine damit verbundene massive Einschränkung der Mobilität berichtet (Bl. 47 der Verwaltungsakte). Dem Pflegegutachten vom 23.09.2020 lassen sich keine eindeutigen Angaben zum Gehvermögen außerhalb des Wohnbereichs entnehmen. Der Beklagte hat aus der fehlenden fachärztlichen Behandlung seit November 2019 abgeleitet, dass keine Verschlechterung eingetreten sei. Dem hat sich das SG angeschlossen.

    Der Sachverhalt ist aber in medizinischer Hinsicht weiter aufklärungsbedürftig, da das genaue Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung durch die Lungenerkrankung hier nicht festgestellt ist. Die Klägerin hat in ihrem Widerspruch wie auch in der Klage auf diese Funktionsbeeinträchtigung und eine 2019 insoweit eingetretene Verschlechterung hingewiesen und hat ihre behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbunden.

    Die Pflicht zur Amtsermittlung ist dabei dem Verantwortungsbereich des Gerichts zugewiesen. Das Gericht entscheidet im Rahmen von Zweckmäßigkeitsüberlegungen nach dem Studium der Akten über die Reihenfolge der zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Maßnahmen. Diese Aufgaben darf das Gericht nicht an die Beteiligten delegieren. Es hat die Sachverhaltsermittlungen nach seinem pflichtgemäßen Ermessen unabhängig vom Willen und der Interessenlage einzelner Prozessbeteiligter durchzuführen. Das Gericht muss sich nicht mit den von einem Kläger angebotenen Beweismitteln begnügen, wenn es die Angaben für unzureichend erachtet, weil es diese nicht auf ihre Richtigkeit überprüfen kann (Urteil des Senats vom 12.05.2021 - L 8 R 3419/20 -, in juris Rn. 30). Das SG hätte sich daher gedrängt sehen müssen, nach der Vorlage der Entbindungserklärung und der Benennung der Ärzte entsprechend dieser Beweisanregung den Schweregrad der Diagnosen und der Befunde sowie die hieraus sich möglicherweise ergebenden Auswirkungen auf das Gehvermögen der Klägerin durch Befragung der benannten Ärzte als sachverständige Zeugen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 414 ZPO) zu ermitteln (vgl. Urteil des Senats vom 12.05.2021 - a.a.O. Rn. 37).

    Für die Annahme der erforderlichen Erfolgsaussichten ist es dabei ausreichend, dass eine Befragung sachverständiger Zeugen geboten erscheint, zumal diese in der Regel auch mit einer gutachterlichen Fragestellung verbunden ist. Das Gericht kann zwar nach § 118 Abs. 2 Satz 2 ZPO auch bereits zur Entscheidung über die PKH Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Dies spricht dafür, dass eine Gewährung von PKH nicht deshalb erfolgen muss, weil insbesondere bei unsubstantiiertem oder nicht schlüssigem Vortrag des Klägers zunächst Befundberichte anzufordern sind (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.12.2005 - L 10 R 4283/05 PKH-B -, in juris; BVerfG, Beschluss vom 25.04.2012 - 1 BvR 2869/11 -, in juris). Zeugen und Sachverständige werden nach § 118 Abs. 2 Satz 3 ZPO im Rahmen der Entscheidung über die PKH jedoch nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist aber gerade im sozialgerichtlichen Verfahren in der Regel nicht der Fall, da hier ein Verwaltungsverfahren mit entsprechender Amtsermittlung vorausgegangen ist. Damit liegt bereits bei Klageerhebung ausreichendes Beweismaterial zur Beurteilung der Erfolgsaussicht vor, so dass nicht durch nur ausnahmsweise zulässige Beweiserhebungen (im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens) ermittelt werden muss (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.01.2011 - L 2 R 2984/10 B -, in juris Rn. 21). Eine erforderliche Beweisaufnahme indiziert in der Regel die hinreichende Erfolgsaussicht (BVerfG, Beschluss vom 25.04.2012 - a.a.O.; MKLS/B. Schmidt, 13. Aufl. 2020, SGG § 73a Rn. 7a; vgl. Westermann, jurisPR-SozR 16/2016 Anm. 4: "völlig einhellige Meinung"). Eine Erfolgsaussicht kann daher nicht erst dann bejaht werden, wenn ein medizinisches Gutachten von Amts wegen eingeholt werden müsste (so aber LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.07.2012 - L 11 R 2855/12 B -, in juris).

    Es ist auch nicht abzusehen, dass eine Beweisaufnahme mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der Klägerin ausgehen würde. Denn auch der versorgungsärztliche Dienst geht insoweit bereits nach dem jetzt bekannten Stand von einer mobilitätsbezogenen Teilhabebeeinträchtigung mit einem Einzel-GdB von 70 (bei einem in § 229 Abs. 3 Satz 1 SGB IX mindestens vorausgesetzten GdB von 80) aus. Dass nach November 2019 keine lungenfachärztliche Behandlung erfolgt ist, lässt keinen Rückschluss auf eine nur mittelgradige Behinderung i.S.d. VG Teil B Nr. 8.3 zu. Dies rechtfertigt es, das Vorliegen hinreichender Erfolgsaussichten im Sinne des § 114 Satz 1 ZPO zu bejahen.

    Die Klägerin erfüllt auch die subjektiven Voraussetzungen der Gewährung von PKH, da sie ergänzend zu ihrer Rente Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII bezieht.

    Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erscheint hier auch erforderlich (§ 73a SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 SGG). Insoweit ist entscheidend, ob ein Bemittelter in der Lage des Unbemittelten vernünftigerweise einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt hätte. Davon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn im Kenntnisstand und in den Fähigkeiten der Prozessparteien ein deutliches Ungleichgewicht besteht (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2011 - 1 BvR 1737/10 -, in juris). Dies ist hier auch im Hinblick auf die nicht einfach zu beurteilende Frage, ob die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens aG im Einzelfall erfüllt sind, gegeben.

    Nach alledem war der Beschluss des Sozialgerichts Mannheim aufzuheben und der Klägerin für das Verfahren vor dem SG Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten zu gewähren.

    Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten (§ 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).

    Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).

    RechtsgebieteProzessrecht, PKH Vorschriften§ 118 Abs. 1 S. 1 SGG; § 414 ZPO