16.05.2024 · IWW-Abrufnummer 241550
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen: Beschluss vom 30.01.2024 – 6 A 59/24
Erfolgloser Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts
Oberverwaltungsgericht NRW
Tenor:
Der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
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G r ü n d e :
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Der sinngemäße Antrag des Klägers,
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ihm einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte vor dem Oberverwaltungsgericht beizuordnen,
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hat keinen Erfolg.
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Gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b Abs. 1 ZPO hat das Prozessgericht - soweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist - einem Beteiligten auf seinen Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
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Eine Vertretung des Klägers durch einen Rechtsanwalt
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- allein aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der männlichen und weiblichen Sprachform verzichtet und gilt die männliche Sprachform für alle Geschlechter -
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ist im vorliegenden Verfahren auf Zulassung der Berufung gegen das klageabweisende erstinstanzliche Urteil vom 14.12.2023 geboten. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten nach § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dass er mittellos sei und damit einen (vorrangigen) Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stellen wollte, macht der Kläger nicht geltend.
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Der Kläger hat jedoch nicht bis zum Ablauf der hier mit dem 19.1.2024 abgelaufenen Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO - das angefochtene Urteil ist dem Kläger am 19.12.2023 zugestellt worden - dargelegt, einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden zu haben. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn der Beteiligte ihm zumutbare Anstrengungen zur Beauftragung eines Rechtsanwalts ergriffen hat, die nicht etwa wegen der Nichtzahlung eines Gebührenvorschusses oder wegen einer unzulässigen Vorbedingung des Beteiligten, sondern aus von ihm nicht zu verantwortenden Gründen erfolglos geblieben sind. Seine diesbezüglichen Bemühungen hat er innerhalb der Einlegungsfrist substantiiert darzulegen und glaubhaft zu machen.
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Vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28.3.2017 - 2 B 4.17 ‑, NVwZ 2017, 1550 = juris Rn. 9, und vom 28.7.1999 - 9 B 333.99 -, DVBl 1999, 1662 = juris Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 30.4.2020 - 13 B 539/20.NE -, NWVBl 2020, 300 = juris Rn. 60.
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Dem hat der Kläger nicht Genüge getan. Aus dem von ihm vorgelegten Schriftverkehr mit Rechtsanwalt D. aus L. ergibt sich, dass dieser zur Vertretung des Klägers bereit gewesen ist. Ausweislich des Schreibens dieses Rechtsanwalts vom 18.1.2024 hat er dem Kläger eine weitergehende Beratung angeboten, allerdings auf der Grundlage einer Honorarvereinbarung zu einem Stundensatz von 260 Euro. Darauf wollte sich der Kläger offenbar nicht einlassen, wie sich seinem Schreiben an den Rechtsanwalt vom 18.1.2024 entnehmen lässt.
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Hat der Beteiligte aber, wie im vorliegenden Fall, einen Rechtsanwalt gefunden, der im Grundsatz zu seiner Vertretung (im Rahmen des Berufsrechts) bereit ist, scheidet die Beiordnung eines Notanwalts aus. Zu anderen Zwecken als zur Behebung der Not, einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden, darf eine Notanwaltsbestellung nicht erfolgen. Macht der Rechtsanwalt die Vertretungsübernahme vom Abschluss einer die gesetzliche Vergütung übersteigenden Vergütungsvereinbarung abhängig, rechtfertigt dies keine Notanwaltsbestellung, weil eine solche Vereinbarung gesetzlich zulässig ist und die §§ 78b, 78c ZPO nicht bezwecken, eine Vertretung gegen gesetzliche Vergütung zu gewährleisten. Außerhalb des Prozesskostenhilfeverfahrens kann sich der die Beiordnung begehrende Rechtsmittelführer nicht auf ein Scheitern der Mandatsübernahme berufen, das allein auf finanziellen Gründen, etwa einer fehlenden Bereitschaft zur Zahlung der vom Anwalt verlangten Vergütung, beruht.
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Vgl. BFH, Beschluss vom 19.1.2004 - X S 19/03 -, BFH/NV 2004, 533 = juris Rn. 6 f. BSG, Beschluss vom 16.10.2007 - B 6 KA 3/07 S -, juris Rn. 5; OVG NRW, Beschlüsse vom 5.6.2003 - 9 A 2240/03 -, NJW 2003, 2624 = juris Rn. 5 ff., und vom 28.6.2021 - 1 A 1417/21 -, NWVBl 2021, 540 = juris Rn. 6; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.1.2018 - 4 S 2805/17 -, NJW 2018, 1036 = juris Rn. 4; sowie Toussaint: in Münchner Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 78b Rn. 7; a. A. Weth in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 78b, Rn. 4a.
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Hierauf ist der Kläger auch mit Verfügung vom 18.1.2024 im Hinblick auf die von ihm bis zu diesem Zeitpunkt übersandten Anschreiben an Rechtsanwälte und deren Antwortschreiben hingewiesen worden.
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Dass dem Kläger schließlich die Erfüllung der von dem vertretungsbereiten Rechtsanwalt erhobenen Honorarforderung nicht zumutbar wäre, etwa weil sie als unangemessen hoch im Sinne von § 3a Abs. 3 Satz 1 RVG angesehen werden müsste, ist weder ersichtlich noch vom Kläger behauptet.
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Ähnlich BFH, Beschluss vom 19.1.2004 - X S 19/03 ‑, juris Rn. 8.
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Ob - wofür allerdings Vieles spricht - die Rechtsverfolgung zudem i. S. v. § 78b Abs 1 ZPO aussichtslos ist, weil ein günstiges Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung ganz offenbar nicht erreicht werden kann, kann angesichts des Vorstehenden auf sich beruhen.
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Das Verfahren über die Beiordnung ist als unselbständiges Zwischenverfahren in Ermangelung eines Gebührentatbestands gerichtsgebührenfrei.
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Vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.1.2018 - 4 S 2805/17 -, a. a. O., Rn. 11 m. w. N.
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Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).