19.09.2019 · IWW-Abrufnummer 211259
Landgericht Köln: Beschluss vom 13.08.2019 – 323 Qs 87/19
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landgericht Köln
Tenor:
Auf
die sofortige Beschwerde vom 14.07.2019 wird der Beschluss des
Amtsgerichts Köln vom 05.07.2019 (Az. 805 OWi-912 Js 8922/18-472/18)
aufgehoben.
Die aus der Landeskasse gem. § 467
StPO zu erstattenden und nach erfolgter Abtretung dem Verteidiger als
Zessionar auszuzahlenden notwendigen Auslagen werden auf 863,35 EUR
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
dem 14.01.2019 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet verworfen.
Die
Beschwerdegebühr wird um 94% reduziert. Die notwendigen Auslagen des
Beschwerdeführers werden zu 94% der Staatskasse auferlegt, im Übrigen
trägt er sie selbst.
1
G r ü n d e
2
Die
gem. den §§ 46 OWiG, 464b S. 3 StPO, § 104 Abs. 3 S.1 ZPO, § 11 Abs. 1
RPflG statthafte und auch im Übrigen zulässig erhobene sofortige
Beschwerde gegen den, die Kostenfestsetzung zugunsten des
Beschwerdeführers ablehenden, Beschluss des Amtsgerichts vom 05.07.2019
hat überwiegend Erfolg.
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I.
Entgegen der Ansicht von Amtsgericht und Bezirksrevisorin bestehen im
konkreten Fall keine Bedenken gegen die Aktivlegitimation des
Beschwerdeführers. Insofern hat der Betroffene als Gläubiger der
Kostenerstattungsansprüche gegenüber der Staatskasse diese wirksam gem. §
398 S. 1 BGB an den Beschwerdeführer abgetreten.
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Der
Beschwerderfüher hat im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens die von
dem Betroffenen unter dem 02.08.2018 unterzeichnete „Vollmacht“ wegen
„VOWi vom 24.04.2018“ vorgelegt, in welcher sich unter Ziff. 1 am Ende
in Fettdruck der Passus befindet „Zukünftige Kostenerstattungsansprüche
werden unwiderruflich an die oben genannten Rechtsanwälte zur Sicherung
deren jeweiliger Honoraransprüche abgetreten.“
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Aus
objektiver Sicht des Erklärungsempfängers – hier des Beschwerdeführers –
handelt es sich gem. den § 133, 157 BGB dabei um ein Abtretungsangebot
künftiger Kostenerstattungsansprüche, welche dieser auch nach seinem
Vorbringen angenommen hat. Einer Unterschrift des Beschwerdeführers
unter die Vollmachtsurkunde bedarf es gem. § 151 S. 1 BGB zur Annahme
dabei nicht. Es bestehen weiterhin auch keine Bedenken hinsichtlich der
Bestimmtheit der Abtretungserklärung. Insofern ist die Vorausabtretung
künftiger Ansprüche allgemein anerkannt, soweit diese so beschrieben
ist, dass sie spätestens bei ihrer Entstehung nach Gegenstand, Umfang
und Person des Schuldners bestimmbar ist. Insofern war es dem
Betroffenen und dem Beschwerdeführer aufgrund der Bezeichnung als „VOWi
vom 24.04.2018“ klar, aus welchem künftigen Bußgeld- und
Gerichtsverfahren ein solcher Erstattungsanspruch gegen die Staatskasse
folgen würde. Dass es insofern Unklarheiten zwischen den
Vertragsparteien gegeben hätte, ist nicht erkennbar. Schließlich
verstößt die verwendete Formularklausel auch nicht gegen § 305c BGB, als
sie überraschend wäre. Insofern geht § 43 RVG ausdrücklich davon aus,
dass der Betroffene seinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten als
notwendige Auslagen an letzteren abtreten kann. Eine solche Abtretung
ist damit jedoch nicht so ungewöhnlich, dass der Betroffene mit einer
solchen Abtretungsklausel nicht rechnen müsste. Dies gilt im konkreten
Fall auch für die Aufnahme der Abtretungsklausel in die
Vollmachtsurkunde. Den teilweise erhobenen Bedenken dahingehend, dass
innerhalb einer einseitigen Vollmachtserteilung ein Angebot auf
Abschluss eines Abtretungsvertrags versteckt würde, wurde hier dadurch
begegnet, dass diese Passage im Fettdruck hervorgehoben wurde. Aufgrund
dieser konkreten Gestaltung ist daher davon auszugehen, dass der Inhalt
der Klausel für den Betroffenen erkennbar und daher nicht überraschend
war (so auch etwa OLG Rostock, Beschluss vom 30.04.2018, 20 Ws 78/18 –
juris -; OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.03.2015, 2 Ws 426/14 – juris;
Meyer/Kroiß-Krois, RVG, 7.A., 2018, § 43 Rn. 7; Gerold/Schmidt-Burhoff,
RVG-Kommentar, 23.A., 2017, § 43 Rn. 12; Riedel/Sußbauer-Kremer, RVG,
10.A., 2015, § 43 Rn. 10; Hartung/Schons/Enders-Hartung, RVG, 3.A.,
2017, § 43 Rn. 18).
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II.
In der Sache sind die geltend gemachten Auslagen überwiegend begründet.
Diese sind auf Grundlage des Antrags des Beschwerdefühers
folgendermaßen festzusetzen:
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Antrag |
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Kammer |
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5100 VV 5103 VV |
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120 192 |
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120 192 |
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5109 VV |
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240 |
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192 |
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5115 VV |
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160 |
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160 |
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7002 VV |
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40 |
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40 |
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7000 VV |
9,50 |
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9,50 |
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Gebühr für Akteneinsicht |
12 |
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12 |
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Zwischensumme netto |
773,50 |
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725,50 |
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19% Ust. |
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146,97 |
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137,85 |
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festzusetzender Betrag |
920,47 |
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863,35 |
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Soweit
zwischen dem Beschwerdeführer und dem Bezirksrevisor lediglich die
Verfahrensgebühr 5109 VV RVG der Höhe nach streitig ist, so ist diese
vom Beschwerdeführer tatsächlich in unangemessener Weise festgesetzt
worden. Angemessen ist diese Gebühr lediglich leicht über der
Mittelgebühr, konkret in Höhe von 192 EUR.
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Hinsichtlich
der Gebührenhöhe hat der Rechtsanwalt gem. § 14 Abs. 1 S. 1 RVG bei
Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller
Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen
Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und
Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu
bestimmen. Die von ihm im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens
getroffene Bestimmung ist (nur dann) nicht verbindlich, wenn sie
unbillig ist. Rechtspfleger und Gericht sind in dem
Kostenfestsetzungsverfahren auf die Prüfung beschränkt, ob sich die vom
Rechtsanwalt geltend gemachte Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens hält
und ob sie im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nicht
unbillig ist. Allein dann, wenn der Gebührenansatz bei einer
Gesamtabwägung als unbillig erscheint, darf und muss das Gericht die
Gebühr neu festsetzen. Unbillig ist der Gebührenansatz nach herrschender
Ansicht dann, wenn die beantragte Gebühr um mehr als 20 Prozent über
der angemessenen Höhe liegt (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2006 l– VI ZR 261/05
-, juris). In diesem Fall ist die angemessene Gebühr ohne Aufschlag
anzusetzen (Mayer/Kroiß-Winkler, 7.A., 2018, § 14 RVG, Rn. 56).
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Die
Betragsrahmengebühr der Verfahrensgebühr Ziff. 5109 VV RVG umfasst
einen Rahmen von 30,00 EUR bis 290,00 EUR für Bußgelder von 60,00 bis
5.000,00 EUR. Die Gebühr umfasst dabei die erbrachten Tätigkeiten nach
Erteilung des Auftrags zur Verteidigung im gerichtlichen Verfahren bis
zum Abschluss der ersten Instanz, also insbesondere die Vorbereitung der
Rechtsverteidigung, die Fertigung von Schriftsätzen, die Zustellung und
Empfangnahme von Entscheidungen etc. (vgl. Meyer/Kroiß-Krumm, a.a.O.,
RVG NR. 5107-5112 VV, Rn. 6).
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Bei
der Bemessung dieser Gebühr ist konkret zu berücksichtigen, dass
innerhalb des Gebührenrahmens für Bußgelder von 60 bis 5.000 EUR das dem
Betroffenen drohende Bußgeld von 500,00 EUR zwar nicht unerheblich ist,
jedoch weiterhin am unteren Rand der abgedeckten Bußgeldspannweite
liegt. Die Eintragung von Punkten im Fahreignungsregister stand nicht zu
befürchten. Für eine bereits leicht überdurchschnittliche Bedeutung der
Sache spricht dann jedoch das vorgesehene Fahrverbot für den
Betroffenen von zwei Monaten. Zwar hätte dieser hier die Möglichkeit
gehabt, den Zeitpunkt dieses Fahrverbots innerhalb von vier Monaten
selbst zu wählen und es wäre ihm auch ohne Weiteres zumutbar, hierfür
seinen Jahresurlaub zu verwenden. Gleichzeitig ist jedoch nicht davon
auszugehen, dass dem Betroffenen – ggf. unter Abbau von Überstunden -
mehr als 40 Urlaubstage zur Verfügung standen. Insofern erscheint es
auch als naheliegend, dass dies vor dem Hintergrund, dass der Betroffene
Berufsfahrer ist, zu nicht unerheblichen Problemen mit seiner
Arbeitsstelle geführt hätte, ohne dass jedoch zwingend von einem Verlust
des Arbeitsplatzes auszugehen ist. Insgesamt spricht diese individuelle
Bedeutung für den Betroffenen bei der Verfahrensgebühr für eine leicht
(20%) über der Mittelgebühr liegenden Gebührenhöhe, nicht jedoch für
eine um 50% über der Mittelgebühr liegende Gebührenhöhe, die bis nahe an
den oberen Rand des Gebührenrahmens reicht. Die Schwierigkeit des Falls
mit der Besondersheit der Zustellungsproblematik des Bußgeldbescheids
bewegt sich im mittleren Bereich und rechtfertigt ebenfalls keine noch
höhere Festsetzung dieser Gebühr. Die angemessene Verfahrensgebühr wird
im Antrag des Verteidigers auch um mehr als 20% überschritten, sodass
sie von der Kammer festzusetzen war. Die weiteren von dem
Beschwerdeführer angesetzten Gebührenhöhen bewegen sich hingegen
innerhalb des ihm eingeräumten Ermessensspielraums.
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III.
13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 S. 1 StPO.