15.11.2021 · IWW-Abrufnummer 225841
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 12.10.2021 – VIII ZR 255/20
a) Bei einem auf Rücktritt gestützten Rückzahlungsverlangen sind zurückzugewährende Gegenforderungen bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands dann mindernd zu berücksichtigen, wenn der Rückgewährgläubiger die Rückzahlung Zug um Zug gegen Erstattung einer (bezifferten) Gegenforderung begehrt. Denn darin liegt - sofern kein Aufrechnungsverbot besteht - eine zum Erlöschen der geringeren Gegenforderung führende (konkludente) Aufrechnung (im Anschluss an BGH, Urteil vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16, WM 2017, 1008 Rn. 20).
b) Entsprechendes gilt, wenn der Kläger die Höhe der von ihm dem Beklagten zugebilligten Gegenforderung - hier Nutzungsentschädigung - zwar nicht konkret beziffert, aber in dem Berufungsverfahren die wesentlichen Parameter zu der Berechnung der Gegenforderung in seinem Berufungsangriff benennt.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2021 durch die Richterin Dr. Fetzer als Vorsitzende, den Richter Dr. Schmidt, die Richterinnen Wiegand und Dr. Matussek sowie den Richter Dr. Reichelt
beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberlandesgerichts München - 9. Zivilsenat vom 30. Juli 2020 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. September 2020 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 19.075,49 € festgesetzt.
Gründe
I.
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Die Klägerin erwarb im April 2016 von der Beklagten ein Neufahrzeug VW Caddy 1,6 TDI zum Preis von 18.509,02 €. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet, der über eine Steuerungssoftware verfügt, die erkennt, ob sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet. Die Software aktiviert in diesem Fall den "Modus 1", der den Stickoxidausstoß verringert. Im normalen Fahrbetrieb schaltet sich dagegen der "Modus 0" ein, der zu einem höheren Stickoxidaustritt führt.
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In der Bestellung ist auf Seite 2 unter der Rubrik "Sonderausstattungen" vermerkt:
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Im Jahr 2018 erklärte die Klägerin die Anfechtung ihrer auf Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung und - hilfsweise - den Rücktritt vom Vertrag. Im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht wies das Fahrzeug einen Kilometerstand von 51.712 auf.
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Die Klägerin hat die Beklagte - gestützt auf §§ 812 ff., §§ 346 ff. BGB sowie zusätzlich auf einen deliktischen Schadensersatzanspruch nach §§ 826, 249 BGB - auf (Rück-)Zahlung einer angeblichen Kaufpreisforderung in Höhe von 20.565,58 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Dezember 2018, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs und gegen Zahlung einer von der Beklagten noch darzulegenden Nutzungsentschädigung, in Anspruch genommen. Zudem hat sie Zahlung von Zinsen in Höhe von 4 % aus der von ihr geltend gemachten Hauptforderung seit dem 22. Juni 2016 bis zum 16. Dezember 2018 und weiter die Feststellung beantragt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs im Annahmeverzug befinde. Außerdem hat sie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.789,76 € begehrt.
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Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 20.565,58 € nebst Zinsen seit dem 26. Januar 2019, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.128,89 € - ausgehend von einer Gesamtfahrleistung von 300.000 Kilometern und einem Kilometerstand von 39.615 - zu zahlen. Ferner hat es den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt und diese zur Zahlung eines Teils der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
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Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Klägerin hat ihre Berufung unter anderem darauf gestützt, das Landgericht habe einen zu hohen Betrag als Nutzungsentschädigung vom Kaufpreis in Abzug gebracht. Dabei hat sie in der Berufungsbegründung angeführt, es sei von einer regelmäßigen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs von 500.000 Kilometern auszugehen.
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Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage insgesamt abgewiesen und in den Gründen seiner Entscheidung ausgeführt, die Berufung der Klägerin sei zulässig, aber unbegründet. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 20.565,58 € festgesetzt.
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Mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr Begehren vollumfänglich weiter.
II.
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Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Denn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer übersteigt - wie die Beschwerdeerwiderung zu Recht rügt - 20.000 € nicht (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
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1. Für die Bemessung der der Klägerin durch das Berufungsurteil entstandenen Beschwer ist nicht nur die in dieser Entscheidung ausdrücklich erwähnte (erfolgreiche) Berufung der Beklagten maßgeblich, mit der sie ihre durch das Landgericht ausgesprochene Verurteilung angegriffen hat. Vielmehr hat das Berufungsgericht auch über die Berufung der Klägerin (zu deren Nachteil) entschieden. Zwar wird im Tenor der angefochtenen Entscheidung die Berufung der Klägerin nicht ausdrücklich aufgeführt. Dies ist jedoch unschädlich, weil sich eine Entscheidung hierüber mittelbar aus der Entscheidungsformel und zudem aus den Gründen des Berufungsurteils entnehmen lässt.
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a) Für die Bewertung der Beschwer ist allein der rechtskraftfähige Inhalt des angefochtenen Urteils maßgebend (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06, NZM 2007, 499 Rn. 7). Grundsätzlich kommt es für den rechtskraftfähigen Inhalt der Entscheidung auf den Wortlaut der Urteilsformel an. Gibt diese zu Zweifeln Anlass, so können zu ihrer Auslegung auch Tatbestand, Entscheidungsgründe und das dort in Bezug genommene Parteivorbringen herangezogen werden (vgl. Senatsurteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 29/09, NJW-RR 2010, 19 Rn. 15; BGH, Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 63/14, NJW-RR 2016, 759 Rn. 15; jeweils mwN). Eine solche Auslegung ist jedoch nur eingeschränkt möglich; sie hat sich im Interesse der Rechtssicherheit allein an das zu halten, was der Richter erkennbar zum Ausdruck gebracht hat (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteil vom 30. September 2009 - VIII ZR 29/09, aaO; BGH, Beschluss vom 12. April 2016 - VI ZB 63/14, aaO; jeweils mwN).
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b) Hier hat das Berufungsgericht die Klage ausweislich des Tenors seines Urteils insgesamt abgewiesen und bereits dadurch zu erkennen gegeben, dass das Rechtsmittel der Klägerin - im Gegensatz zu der Berufung der Beklagten erfolglos geblieben ist, auch wenn es nicht ausdrücklich in die Entscheidungsformel aufgenommen hat, dass die Berufung der Klägerin zurückgewiesen wird. Zudem geht aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils unmissverständlich hervor, dass das Berufungsgericht auch über die Berufung der Klägerin hat befinden wollen und diese als unbegründet angesehen hat.
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2. Allerdings ist die Klägerin durch die Zurückweisung ihrer Berufung und durch die Stattgabe der Berufung der Beklagten, also durch die dadurch ausgesprochene vollständige Abweisung der Klage, lediglich in Höhe von 19.075,49 € beschwert.
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a) Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, juris Rn. 8; vom 30. Januar 1957 - V ZR 263/56, BGHZ 23, 205). Dieses Interesse ist nach den allgemeinen Grundsätzen der §§ 3 ff. ZPO zu ermitteln (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2021 - VI ZR 1191/20, VersR 2021, 668 Rn. 5; vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, aaO; vom 8. Mai 2007 - VIII ZR 133/06, NZM 2007, 499 Rn. 5; vom 20. April 2005 - XII ZR 92/02, NJW-RR 2005, 1011 unter II; vom 25. November 2003 - VI ZR 418/02, NJW-RR 2004, 638 unter II). Entscheidend ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht, und zwar nach Maßgabe der dem Parteivorbringen zu diesem Zeitpunkt zugrunde liegenden tatsächlichen Angaben zum Wert (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Februar 2021 - VI ZR 1191/20, aaO; vom 1. März 2016 - VIII ZR 129/15, juris Rn. 2; vom 18. Dezember 2014 - III ZR 221/13, juris Rn. 2; vom 26. März 2012 - VI ZR 170/11, juris Rn. 2; jeweils mwN). Über die Höhe der Beschwer hat das Revisionsgericht selbst zu befinden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Januar 2021 - VIII ZR 369/19, aaO; vom 13. Oktober 2020 - VIII ZR 290/19, NJW-RR 2020, 1517 Rn. 14; jeweils mwN).
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b) Nach diesen Grundsätzen bemisst sich die Beschwer der Klägerin mit insgesamt nur 19.075,49 €, weil von der geltend gemachten Hauptforderung die der Beklagten zugebilligte Nutzungsentschädigung in Abzug zu bringen ist.
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aa) Die Abweisung des auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 20.565,58 € nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs und gegen Zahlung einer von der Beklagten noch darzulegenden Nutzungsentschädigung gerichteten Klagebegehrens führt lediglich zu einer Beschwer in Höhe von 18.651,30 €.
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(1) Zwar kommt es, wie bereits ausgeführt, für die Bemessung der Beschwer nur auf das Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der angegriffenen Entscheidung an. Bei der Abweisung einer Klage auf Leistung gegen Gegenleistung (Zug um Zug) ist für die Berechnung der Beschwer des Klägers allein die von ihm begehrte Leistung maßgebend (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2019 - V ZR 68/17, juris Rn. 8 zur Berechnung des Gebührenstreitwerts), auch wenn die geschuldete Gegenleistung den höheren Wert hat (vgl. RGZ 140, 358, 359; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 2 Rn. 25). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Kläger im Klageantrag die dem Beklagten geschuldete Leistung anbietet (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2019 - V ZR 68/17, aaO Rn. 1, 8; Schneider/Kurpat/Seggewiße, Streitwert-Kommentar, 15. Aufl., Gegenleistung Rn. 2.1677 f.).
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(2) Jedoch sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch Fälle anerkannt, in denen eine vom Kläger anspruchsmindernd berücksichtigte Gegenforderung bei der Berechnung der Beschwer in Abzug zu bringen ist. So ist bei der Geltendmachung eines deliktischen Ersatzanspruchs nach §§ 823 ff., § 249 BGB die von dem Kläger selbst bezifferte Nutzungsentschädigung als Vorteil abzuziehen, wozu es nicht einmal einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schuldners bedarf (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2021 - VI ZR 1191/20, VersR 2021, 668 Rn. 6; OLG Bamberg, Beschluss vom 3. Juli 2019 - 4 W 46/19, juris Rn. 11).
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Auch in den Fällen, in denen - wie hier - ein Rückzahlungsanspruch auf eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 Alt. 1, § 142 Abs. 1 BGB iVm § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) gestützt wird, steht dem Kläger grundsätzlich nur ein Anspruch auf den nach Saldierung der wechselseitigen Ansprüche verbleibenden Überschuss zu (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2007 - II ZR 62/06, BGHZ 173, 145 Rn. 24), so dass nur dieser Saldo der Berechnung des Werts des Beschwerdegegenstands zugrunde gelegt werden darf. Hierbei handelt es sich um einen Fall der Anrechnung, die von Amts wegen zu berücksichtigen ist, ohne dass es einer dahingehenden Erklärung der Partei bedarf (vgl. Schneider/ Kurpat, Streitwert-Kommentar, 15. Aufl., Aufrechnung Rn. 2.330, 2.332).
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Bei einem - hier hilfsweise geltend gemachten - Rückzahlungsanspruch nach Rücktritt (§§ 346 ff. BGB) werden die gegenseitigen Forderungen zwar nicht automatisch saldiert (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16, WM 2017, 1008 Rn. 19; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 348 Rn. 1). Gleichwohl sind Gegenforderungen bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands dann mindernd zu berücksichtigen, wenn der Rückgewährgläubiger Rückzahlung Zug um Zug gegen Erstattung einer (bezifferten) Gegenforderung begehrt. Denn darin liegt - sofern kein Aufrechnungsverbot besteht - eine zum Erlöschen der geringeren Gegenforderung führende (konkludente) Aufrechnung (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16, aaO Rn. 20). Der Wert der Beschwer bemisst sich daher in solchen Fällen allein nach der Höhe des sich zugunsten des Klägers ergebenden (bezifferten) Saldos (vgl. BGH, Beschluss vom 20. November 2018 - XI ZR 228/18, juris Rn. 3 mwN).
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(3) Diese Grundsätze finden auch im Streitfall Anwendung. Die Klägerin hat zwar die Höhe der von ihr der Beklagten zugebilligten Nutzungsentschädigung auch im Berufungsverfahren nicht konkret beziffert. Sie hat aber in der Berufungsbegründung angegeben, dass sie sich nur insoweit gegen die Berechnung der Nutzungsentschädigung durch das Landgericht wende, als dieses seiner Entscheidung nicht eine Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs in Höhe von 500.000 Kilometer zugrunde gelegt hat. Damit hat sie zugleich erklärt, dass sie sich auf dieser Grundlage eine Nutzungsentschädigung von der geltend gemachten Hauptforderung im Wege der Aufrechnung abziehen lässt. Eine Aufrechnung ist bereits dann wirksam erklärt worden, wenn die zur Aufrechnung gestellten Forderungen hinreichend bestimmt sind (vgl. BAG, NJW 2019, 1477 Rn. 13; Palandt/Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 388 Rn. 1). Das ist auch hier der Fall, denn der Gebrauchsvorteil - wovon auch die Klägerin aufgrund der von ihr angegebenen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs ausgeht - berechnet sich unter Zugrundelegung der zeitanteiligen linearen Wertminderung, die bei Neufahrzeugen ausgehend vom Bruttokaufpreis anhand eines Vergleichs zwischen tatsächlichem Gebrauch (gefahrene Kilometer) und voraussichtlicher Nutzungsdauer (erwartete Gesamtlaufleistung) zu bestimmen ist (vgl. Senatsurteile vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/20, BGHZ 115, 47, 50; vom 17. Mai 1995 - VIII ZR 70/94, NJW 1995, 2159 unter III 2; vom 2. Juni 2004 - VIII ZR 329/03, NJW 2004, 2299 unter II 3; vom 29. September 2021 - VIII ZR 111/20 unter II 1 b aa, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. Juli 2020 - VI ZR 354/19, BGHZ 226, 322 Rn. 12 [zur Vorteilsausgleichung bei deliktsrechtlichen Ansprüchen]). Damit stehen im Streitfall alle Parameter zur Berechnung der Nutzungsentschädigung fest.
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(4) Gemessen an den vorstehend angeführten Grundsätzen ist die der Beklagten zugebilligte Nutzungsentschädigung unmittelbar im Wege der Vorteilsausgleichung in Abzug zu bringen, soweit die Klägerin die im Streit stehende Hauptforderung als Schadensersatz nach §§ 826, 249 BGB beansprucht. Soweit sie ihren Anspruch auf eine arglistige Täuschung (§ 123 Abs. 1 Alt. 1, § 142 BGB iVm § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB) stützt, ist infolge der ohne weitere Gestaltungserklärungen eintretenden Saldierung ebenfalls nur der sich ergebende Restbetrag für die Wertberechnung maßgeblich. Im Hinblick auf den hilfsweise erklärten Rücktritt vom Kaufvertrag ist schließlich durch die (konkludent) erfolgte Aufrechnung die Hauptforderung der Klägerin entsprechend erloschen.
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(5) Für sämtliche Ansprüche bemisst sich die Beschwer der Klägerin hinsichtlich der Hauptforderung demnach mit insgesamt 20.565,58 € abzüglich einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.914,28 €. Diese errechnet sich nach dem tatsächlichen Kaufpreis in Höhe von 18.509,02 € multipliziert mit 51.712 gefahrenen Kilometern im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung und dividiert durch die von der Klägerin angegebene Gesamtlaufleistung von 500.000 Kilometern. Sie beläuft sich demnach auf 18.651,30 €.
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bb) Ferner sind die von der Klägerin einschränkungslos geforderten Deliktszinsen in Höhe von 190,36 € (4 % aus 1.914,28 € vom 22. Juni 2016 bis 16. Dezember 2018) zu berücksichtigen, weil insoweit eine entsprechende Hauptforderung nicht mehr im Streit steht, so dass es sich nicht mehr um Nebenforderungen im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Februar 2021 - VI ZR 1191/20, VersR 2021, 668 Rn. 7).
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cc) Der Antrag der Klägerin auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten erhöht dagegen den Wert des Beschwerdegegenstands nicht. Denn der Feststellung des Annahmeverzugs im Falle einer Zug-um-Zug-Verurteilung kommt ein eigener wirtschaftlicher Wert nicht zu, weil die Frage des Annahmeverzugs nur ein rechtlich unselbständiges Element der umstrittenen Leistungsverpflichtung und deshalb mit dieser wirtschaftlich identisch ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Oktober 2020 - VIII ZR 290/19, NJW-RR 2020, 1517 Rn. 7 mwN).
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dd) Der ursprünglich als Nebenforderung verfolgte Antrag auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat sich in der Berufungsinstanz insoweit zur Hauptforderung verselbständigt, als diesem Kosten zugrunde liegen, die auf den Teil der Hauptforderung entfallen, der infolge der im Berufungsverfahren vorgenommenen Verrechnung/Anrechnung/Aufrechnung in Abzug gebracht worden ist. Der Wert des Beschwerdegegenstands erhöht sich daher noch um einen Betrag von 109,48 € (Differenz zwischen den nach einem Gegenstandswert von 20.565,58 € berechneten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und den nach einem Gegenstandswert von 18.651,30 € bemessenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren unter Zugrundelegung der in Anlage 2 RVG in der Fassung vom 23. Juli 2013 ausgewiesenen Gebühren; zur Differenzmethode vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 2020 - VI ZB 66/19, NJW 2020, 3174 Rn. 7). Bei den weitergehenden Rechtsanwaltskosten handelt es sich dagegen um Nebenforderungen im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO, die die Beschwer der Klägerin nicht beeinflussen.
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ee) Zugunsten der Klägerin wird unterstellt, dass die mit der Hauptforderung geltend gemachte Zinsforderung in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.914,28 € für den Zeitraum vom 17. Dezember 2018 bis zum 14. Juli 2020 (Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht), die sich auf insgesamt 124,35 € beläuft, zur Hauptforderung geworden und deswegen bei der Bemessung der Beschwer hinzuzurechnen ist. Mit der Berufung weiterverfolgte Nebenforderungen im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO sind bei der Rechtsmittelbeschwer zu berücksichtigen, soweit sie Hauptforderungen geworden sind, wenn und soweit der Hauptanspruch, auf den sich die Nebenforderungen beziehen, - wie hier unterstellt - nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. September 2013 - III ZR 191/12, MDR 2013, 1316 Rn. 2; vom 11. Januar 2011 - VIII ZB 62/10, WuM 2011, 177 Rn. 5). Dies führt aber angesichts des geringen Betrags nicht dazu, dass die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO überschritten wäre.
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Die Beschwer der Klägerin beträgt daher insgesamt höchstens 19.075,49 € und liegt damit unterhalb der Grenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
30
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Fetzer
Dr. Schmidt
Wiegand
Dr. Matussek
Dr. Reichelt