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  • 10.01.2022 · IWW-Abrufnummer 226793

    Oberlandesgericht Bremen: Beschluss vom 31.08.2021 – 4 WF 54/21

    1.

    Haben die Beteiligten in einer Scheidungs- oder Folgesache eine Vereinbarung über die Kosten des Verfahrens getroffen, so hat das Familiengericht diese Vereinbarung in seiner Kostenentscheidung im Regelfall zugrunde zu legen und darf hiervon nur abweichen, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, die Kosten gegen den Willen der Beteiligten auf andere Weise als vereinbart zu verteilen.
    2.

    Die für eine Abweichung vom Regelfall maßgeblichen Gründe sind durch das Familiengericht in der Begründung der Kostenentscheidung darzulegen.



    Tenor:

    Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 10.06.2021 in der Kostenentscheidung (Ziff. III. des Tenors) wie folgt geändert: Von den Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller die Gerichtskosten; die außergerichtlichen Kosten trägt jeder der Beteiligten selbst.

    Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.

    Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf € 5.336,00.
    Gründe

    I.

    Die Beteiligten sind am 30.03.2021 die Ehe miteinander eingegangen. Vorab schlossen die Beteiligten am 29.03.2021 einen notariell beurkundeten Ehevertrag (UR-Nr. [...] des Notars [...]), in dem sie u.a. Gütertrennung (§ 1) vereinbarten und den Versorgungsausgleich ausschlossen (§ 2). Zudem vereinbarten die Beteiligten in Ziff. VIII. Abs. 2 der notariell beurkundeten Trennungs- und Ehescheidungsfolgenvereinbarung vom 03.12.2020 (UR-Nr. [...] des Notars [...]), dass die gerichtlichen Kosten des Ehescheidungsverfahrens (1. Instanz) der Ehemann und die außergerichtlichen Kosten jeder Ehegatte selbst trägt.

    Durch Beschluss des Amtsgerichts Bremen vom 10.06.2021 wurde die Ehe der Beteiligten geschieden, festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfindet und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben. Zur Begründung der Kostenentscheidung wurde ausgeführt, dass sich diese nach § 150 FamFG richte, wonach die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben seien.

    Gegen den ihr am 24.07.2021 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am gleichen Tage beim Amtsgericht Bremen Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß, dass der Antragsteller entsprechend der Regelung in Ziff. VIII. der Scheidungsfolgenvereinbarung die gerichtlichen Kosten alleine trägt.

    Der Antragsteller hat durch Schriftsatz vom 10.08.2021 zugesagt, die Gerichtskosten zu tragen und keinen Kostenausgleichsantrag zu stellen. Die Antragsgegnerin hält gleichwohl an ihrer Beschwerde fest.

    II.

    1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Antragsgegnerin auch beschwert, obwohl der Antragsteller durch Schriftsatz vom 10.08.2021 zugesagt hat, die Gerichtskosten zu tragen und keinen Kostenausgleichsantrag zu stellen. Denn gemäß § 24 Nr. 1 FamGKG ist die Antragsgegnerin im Außenverhältnis Kostenschuldnerin, soweit ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt sind.

    2. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist auch begründet.

    Zwar bestimmt § 150 Abs. 1 FamFG, dass, wenn die Scheidung der Ehe ausgesprochen wird, die Kosten der Scheidungssache und der Folgesachen gegeneinander aufzuheben sind. Nach § 150 Abs. 4 Satz 3 FamFG soll das Gericht jedoch, wenn die Beteiligten, wie hier in Ziff. VIII. Abs. 2 der Scheidungsfolgenvereinbarung vom 03.12.2020, eine Vereinbarung über die Kosten getroffen haben, diese der Entscheidung ganz oder teilweise zugrunde legen. Diese "Soll"-Vorschrift ist ausdrücklich mit der Absicht eingeführt worden, die Vereinbarungen der Beteiligten stärker zu berücksichtigen als es nach der bis zur Einführung des FamFG geltenden "Kann"-Vorschrift des § 93a Abs. 1 Satz 3 ZPO a.F. der Fall war (BT-Drs. 16/6308, S. 233). Das Familiengericht hat seiner Kostenentscheidung deshalb eine Vereinbarung der Beteiligten im Regelfall zugrunde zu legen und darf hiervon nur abweichen, wenn schwerwiegende Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, die Kosten gegen den Willen der Beteiligten auf andere Weise als vereinbart zu verteilen (vgl. Blank in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 150 Rn. 13; Kemper, in: Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, 81. Lieferung, Verfahren in Ehesachen, Rn. 877; Zöller/Lorenz, ZPO, 33. Aufl., § 150 FamFG Rn. 5; Keidel/Weber, FamFG, 20. Aufl., § 150 Rn. 9; Markwardt, in Johannsen/Henrich/Althammer, Familienrecht, 7. Aufl., § 150 FamFG Rn. 17; BeckOK FamFG, Hahne/Schlögel/Schlünder, 39. Edition, § 150 Rn. 18). Die für eine Abweichung vom Regelfall maßgeblichen Gründe sind zudem durch das Familiengericht in der Begründung der Kostenentscheidung darzulegen (Eickelmann, in: Haußleiter, FamFG, 2. Aufl., § 150 Rn. 22).

    Derartige schwerwiegende Gründe, die es rechtfertigen, von der von den Beteiligten in der Ziff. VIII. Abs. 2 der Scheidungsfolgenvereinbarung getroffenen Kostenverteilung abzuweichen, sind weder von den Beteiligten vorgetragen noch aus der Begründung der Kostenentscheidung des Familiengerichts ersichtlich. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war deshalb der Vereinbarung der Beteiligten entsprechend abzuändern.

    Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 80, 81 Abs. 1 FamFG. Für die Festsetzung des Verfahrenswertes im Beschwerdeverfahren war auf die Beschwer der Antragsgegnerin, nämlich auf die nach dem angefochtenen Beschluss von ihr zu tragenden Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, abzustellen.ren, wenn Sie auf genau dieses Dokument verlinken möchten.

    RechtsgebietKostenrechtVorschriften§ 150 Abs. 1, Abs. 4 S. 3 FamFG