18.08.2022 · IWW-Abrufnummer 230809
Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Beschluss vom 27.07.2022 – 26 W 4/22
§ 130d Satz 1 ZPO ist auch auf diejenigen Verfahren anwendbar, die nicht dem Anwaltszwang unterliegen.
OLG Frankfurt 26. Zivilsenat
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 19. April 2022 gegen den Beschluss der 27. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. März 2022 in Verbindung mit dem Beschluss vom 26. April 2022 über die Nichtabhilfe wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Frage, ob gegen den Schuldner ein Zwangsgeld festzusetzen ist.
Mit Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 27. Zivilkammer - vom 6. Mai 2021 wurde der Schuldner verurteilt, den Erben der ungeteilten Erbengemeinschaft nach der am XX.XX.1930 geborenen und am XX.XX.2019 verstorbenen A, bestehend aus dem Schuldner, der Gläubigerin und Herrn B, für den Zeitraum vom 25. April 2016 bis zum 31. August 2019 zur gesamten Hand eine geordnete Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben über die Verwaltung des Kontos der Erblasserin bei der Bank1, IBAN …, zu erteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Teil-Anerkenntnisurteil vom 6. Mai 2021 (Bl. 79 f. d. A.) Bezug genommen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 13. Juli 2021 (Bl. 99 ff. d. A.) beantragte die Gläubigerin, gegen den Schuldner ein Zwangsgeld festzusetzen, da dieser seiner Verpflichtung aus dem Teil-Anerkenntnisurteil nicht nachgekommen sei.
Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien ordnete das Landgericht mit Beschluss vom 8. Oktober 2021 (Bl. 131 d. A.) das Ruhen des Verfahrens „wegen schwebender Vergleichsverhandlungen“ an.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 2. März 2022 (Bl. 139 d. A.) beantragte die Gläubigerin die Fortführung des Verfahrens, da zwischen den Parteien kein Vergleich zustande gekommen sei.
Mit Beschluss vom 30. März 2022 (Bl. 142 f. d. A.) verhängte das Landgericht gegen den Schuldner zur Erzwingung der ihm in dem Teil-Anerkenntnisurteil vom 6. Mai 2021 auferlegten Handlung ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,- und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je € 200,00 ein Tag Zwangshaft. Wegen der Begründung wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen. Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Schuldners am 6. April 2022 zugestellt (Bl. 144 d. A.).
Mit einem am 19. April 2022 per Fax beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom selben Tage erhob der Schuldner gegen den Beschluss des Landgerichts vom 30. März 2022 sofortige Beschwerde. Zur Begründung führte er u. a. aus, dass ihm die Kontoauszüge nur teilweise vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Argumentation des Schuldners wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 19. April 2022 (Bl. 148 f. d. A.) verwiesen. Am 21. April 2022 ging der entsprechende Anwaltsschriftsatz im Original beim Landgericht ein (Bl. 150 f. d. A.).
Mit Beschluss vom 26. April 2022 (Bl. 152 d. A.) half das Landgericht der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 30. März 2022 nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht vor.
II.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 27. Zivilkammer - vom 30. März 2022 ist als unzulässig zu verwerfen.
Die sofortige Beschwerde ist verfristet, worauf der erkennende Einzelrichter den Schuldner bereits mit Verfügung vom 5. Mai 2022 (Bl. 157 d. A.) hingewiesen hatte.
Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde endete gem. § 569 Abs. 1 ZPO mit Ablauf des 20. April 2022. Die per Telefax und einfachen Brief eingelegte sofortige Beschwerde konnte diese Frist nicht wahren. Bis zum Ablauf des 20. April 2022 ist ein Rechtsmittel als elektronisches Dokument nicht übermittelt worden. Die am 19. April 2022 per Telefax und sodann im Original am 21. April 2022 eingegangene sofortige Beschwerde wahrte die Form des § 130d Satz 1 ZPO nicht. Die Einreichung als elektronisches Dokument stellt eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar und ist nach dem Willen des Gesetzgebers von Amts wegen zu beachten. Bei Nichteinhaltung ist die Prozesserklärung nicht wirksam (vgl. KG, Beschluss vom 25.02.2022 - 6 U 218/21 -, juris; BT-Drucks. 17/12634, S. 27; Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 130d, Rdnr. 1; für die Parallelnorm des § 32d Satz 2 StPO so auch BGH, Beschluss vom 24.05.2022 - 2 StR 110/22 -, juris; für die Parallelnorm des § 55d VwGO ebenso VG Berlin, Beschluss vom 05.05.2022 - VG 12 L 25/22 -, BeckRS 2022, 9921).
Der von dem Schuldner erhobene Einwand, auf Zwangsvollstreckungsverfahren sei „die Verpflichtung der Parteien, nur über das besondere elektronische Anwaltsfach [sic!] zu korrespondieren, nicht anwendbar“, weil Zwangsvollstreckungssachen nicht dem Anwaltszwang unterlägen, ist nicht stichhaltig. § 130d Satz 1 ZPO gilt grundsätzlich für alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO (vgl. etwa OLG Hamm, Beschluss vom 04.04.2022 - I-8 U 23/22 -, juris; BT-Drucksache 17/12634, S. 28). Das Gesetz unterscheidet insofern gerade nicht zwischen denjenigen Verfahren, die dem Anwaltszwang unterliegen, einerseits und anderen Verfahren andererseits. Daher ist § 130d Satz 1 ZPO auch auf diejenigen Verfahren anwendbar, die nicht dem Anwaltszwang unterliegen.
Der Ausnahmefall, in dem eine Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften zulässig ist, liegt nicht vor. Gemäß § 130d Satz 2 ZPO ist dies nur zulässig, wenn die Übermittlung eines elektronischen Dokumentes aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Dem liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass die zwingende Benutzung des elektronischen Rechtsverkehrs nicht gelten kann, wenn die Justiz aus technischen Gründen nicht auf elektronischem Weg erreichbar ist. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichers zu suchen ist. Denn auch ein vorübergehender Ausfall der technischen Einrichtungen des Rechtsanwalts soll dem Rechtssuchenden nicht zum Nachteil gereichen (vgl. KG, Beschluss vom 25.02.2022 - 6 U 218/21 -, juris; BT-Drucks. 17/12634, S. 27). Eine vorübergehende technische Störung am 20. April 2022 ist vom Schuldner jedoch weder in Bezug auf den Kanzleibereich seines Prozessbevollmächtigten noch in Bezug auf den Bereich des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts behauptet oder glaubhaft gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
27.07.2022
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 19. April 2022 gegen den Beschluss der 27. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 30. März 2022 in Verbindung mit dem Beschluss vom 26. April 2022 über die Nichtabhilfe wird auf Kosten des Schuldners als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Frage, ob gegen den Schuldner ein Zwangsgeld festzusetzen ist.
Mit Teil-Anerkenntnisurteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 27. Zivilkammer - vom 6. Mai 2021 wurde der Schuldner verurteilt, den Erben der ungeteilten Erbengemeinschaft nach der am XX.XX.1930 geborenen und am XX.XX.2019 verstorbenen A, bestehend aus dem Schuldner, der Gläubigerin und Herrn B, für den Zeitraum vom 25. April 2016 bis zum 31. August 2019 zur gesamten Hand eine geordnete Zusammenstellung aller Einnahmen und Ausgaben über die Verwaltung des Kontos der Erblasserin bei der Bank1, IBAN …, zu erteilen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Teil-Anerkenntnisurteil vom 6. Mai 2021 (Bl. 79 f. d. A.) Bezug genommen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 13. Juli 2021 (Bl. 99 ff. d. A.) beantragte die Gläubigerin, gegen den Schuldner ein Zwangsgeld festzusetzen, da dieser seiner Verpflichtung aus dem Teil-Anerkenntnisurteil nicht nachgekommen sei.
Auf übereinstimmenden Antrag der Parteien ordnete das Landgericht mit Beschluss vom 8. Oktober 2021 (Bl. 131 d. A.) das Ruhen des Verfahrens „wegen schwebender Vergleichsverhandlungen“ an.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 2. März 2022 (Bl. 139 d. A.) beantragte die Gläubigerin die Fortführung des Verfahrens, da zwischen den Parteien kein Vergleich zustande gekommen sei.
Mit Beschluss vom 30. März 2022 (Bl. 142 f. d. A.) verhängte das Landgericht gegen den Schuldner zur Erzwingung der ihm in dem Teil-Anerkenntnisurteil vom 6. Mai 2021 auferlegten Handlung ein Zwangsgeld in Höhe von € 1.000,- und ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je € 200,00 ein Tag Zwangshaft. Wegen der Begründung wird auf den vorgenannten Beschluss Bezug genommen. Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten des Schuldners am 6. April 2022 zugestellt (Bl. 144 d. A.).
Mit einem am 19. April 2022 per Fax beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz vom selben Tage erhob der Schuldner gegen den Beschluss des Landgerichts vom 30. März 2022 sofortige Beschwerde. Zur Begründung führte er u. a. aus, dass ihm die Kontoauszüge nur teilweise vorlägen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Argumentation des Schuldners wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 19. April 2022 (Bl. 148 f. d. A.) verwiesen. Am 21. April 2022 ging der entsprechende Anwaltsschriftsatz im Original beim Landgericht ein (Bl. 150 f. d. A.).
Mit Beschluss vom 26. April 2022 (Bl. 152 d. A.) half das Landgericht der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss vom 30. März 2022 nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht vor.
II.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main - 27. Zivilkammer - vom 30. März 2022 ist als unzulässig zu verwerfen.
Die sofortige Beschwerde ist verfristet, worauf der erkennende Einzelrichter den Schuldner bereits mit Verfügung vom 5. Mai 2022 (Bl. 157 d. A.) hingewiesen hatte.
Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde endete gem. § 569 Abs. 1 ZPO mit Ablauf des 20. April 2022. Die per Telefax und einfachen Brief eingelegte sofortige Beschwerde konnte diese Frist nicht wahren. Bis zum Ablauf des 20. April 2022 ist ein Rechtsmittel als elektronisches Dokument nicht übermittelt worden. Die am 19. April 2022 per Telefax und sodann im Original am 21. April 2022 eingegangene sofortige Beschwerde wahrte die Form des § 130d Satz 1 ZPO nicht. Die Einreichung als elektronisches Dokument stellt eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar und ist nach dem Willen des Gesetzgebers von Amts wegen zu beachten. Bei Nichteinhaltung ist die Prozesserklärung nicht wirksam (vgl. KG, Beschluss vom 25.02.2022 - 6 U 218/21 -, juris; BT-Drucks. 17/12634, S. 27; Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 130d, Rdnr. 1; für die Parallelnorm des § 32d Satz 2 StPO so auch BGH, Beschluss vom 24.05.2022 - 2 StR 110/22 -, juris; für die Parallelnorm des § 55d VwGO ebenso VG Berlin, Beschluss vom 05.05.2022 - VG 12 L 25/22 -, BeckRS 2022, 9921).
Der von dem Schuldner erhobene Einwand, auf Zwangsvollstreckungsverfahren sei „die Verpflichtung der Parteien, nur über das besondere elektronische Anwaltsfach [sic!] zu korrespondieren, nicht anwendbar“, weil Zwangsvollstreckungssachen nicht dem Anwaltszwang unterlägen, ist nicht stichhaltig. § 130d Satz 1 ZPO gilt grundsätzlich für alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO (vgl. etwa OLG Hamm, Beschluss vom 04.04.2022 - I-8 U 23/22 -, juris; BT-Drucksache 17/12634, S. 28). Das Gesetz unterscheidet insofern gerade nicht zwischen denjenigen Verfahren, die dem Anwaltszwang unterliegen, einerseits und anderen Verfahren andererseits. Daher ist § 130d Satz 1 ZPO auch auf diejenigen Verfahren anwendbar, die nicht dem Anwaltszwang unterliegen.
Der Ausnahmefall, in dem eine Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften zulässig ist, liegt nicht vor. Gemäß § 130d Satz 2 ZPO ist dies nur zulässig, wenn die Übermittlung eines elektronischen Dokumentes aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Dem liegt die Überlegung des Gesetzgebers zugrunde, dass die zwingende Benutzung des elektronischen Rechtsverkehrs nicht gelten kann, wenn die Justiz aus technischen Gründen nicht auf elektronischem Weg erreichbar ist. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die Ursache für die vorübergehende technische Unmöglichkeit in der Sphäre des Gerichts oder in der Sphäre des Einreichers zu suchen ist. Denn auch ein vorübergehender Ausfall der technischen Einrichtungen des Rechtsanwalts soll dem Rechtssuchenden nicht zum Nachteil gereichen (vgl. KG, Beschluss vom 25.02.2022 - 6 U 218/21 -, juris; BT-Drucks. 17/12634, S. 27). Eine vorübergehende technische Störung am 20. April 2022 ist vom Schuldner jedoch weder in Bezug auf den Kanzleibereich seines Prozessbevollmächtigten noch in Bezug auf den Bereich des Landgerichts oder des Oberlandesgerichts behauptet oder glaubhaft gemacht worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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