27.09.2022 · IWW-Abrufnummer 231454
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 24.08.2022 – XII ZB 548/20
Zum Wert des Beschwerdegegenstands im Fall der Klage eines Mieters auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung (im Anschluss an BGH Beschluss vom 10. Januar 2017 - VIII ZR 98/16 - MDR 2017, 725).
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. August 2022 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 30. Oktober 2020 wird verworfen.
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten haben der Kläger zu 1 15 % und die Klägerin zu 2 85 % zu tragen. Die Kläger tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Wert: bis 500 €
Gründe
I.
1
Die Parteien streiten um die Erteilung von Nebenkostenabrechnungen.
2
Mit Vertrag vom 17. Juli 2009 mieteten die Kläger vom Beklagten eine Wohnung. Zugleich mietete die Klägerin zu 2 vom Beklagten Büroräume zur Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit. Nach § 3 der Verträge schuldeten die Kläger eine monatliche Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 350 € für die Wohnräume und 250 € für die Büroräume; über die Vorauszahlungen hatte der Beklagte jährlich abzurechnen. Die Mietverhältnisse sind mittlerweile aufgelöst.
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Auf die im Februar 2020 zugestellte und auf die Erteilung von Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 2015 gerichtete Klage hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 23. März 2020 für beide Mietverhältnisse Abrechnungen vorgelegt, die auf den 29. November 2016 datieren und für das Jahr 2015 den Klägern zustehende Guthabenbeträge in Höhe von 363,76 € für die Wohnung bzw. 808,01 € für die Gewerberäume ausweisen. Die Kläger sind der Auffassung, ihr Anspruch auf ordnungsgemäße Abrechnung sei noch nicht erfüllt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung nicht zugelassen. Nach vorherigem Hinweis auf das Nichterreichen der Berufungssumme hat das Landgericht die Berufung der Kläger verworfen.
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Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger, mit der sie ihren Anspruch auf Nebenkostenabrechnung weiter verfolgen.
II.
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Die gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt die Kläger nicht in ihrem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Es liegt auch keine Divergenz zur höchstrichterlichen Rechtsprechung vor.
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1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstands überschreite nicht 600 €. Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folge, dass sich der Wert im vorliegenden Fall nach einem sich nach ordnungsgemäßer Abrechnung möglicherweise ergebenden Rückzahlungsanspruch bestimme. Die während des Rechtsstreits vorgelegten Nebenkostenabrechnungen wiesen ein Guthaben in Höhe von insgesamt 1.171,77 € aus. Da jedoch mit dem Anspruch auf Erteilung der Nebenkostenabrechnung der Rückzahlungsanspruch erst vorbereitet werden solle, sei dafür ein Bruchteil von einem Zehntel bis zu einem Viertel des Leistungsanspruchs anzusetzen, was hier zu einem Wert von höchstens 292,94 € führe.
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2. Dies hält sich im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
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a) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sich die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels richtet. Die Beschwer der in der ersten Instanz unterlegenen Partei am Erfolg ihres Rechtsmittels hängt dabei maßgebend von ihrem wirtschaftlichen Interesse ab. Bei einem Kläger, dessen Klage in erster Instanz abgewiesen worden ist und der sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt, ist sein wirtschaftliches Interesse am Erfolg seines Rechtsmittels regelmäßig identisch mit dem Wert seiner Klage (Senatsbeschluss vom 13. November 2019 - XII ZB 382/19 - NJW-RR 2020, 136 Rn. 7 mwN).
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Begehrt ein Mieter mit dem Rechtsmittel eine Verurteilung des Vermieters zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung, bemisst sich der Wert des geltend gemachten Beschwerdegegenstands gemäß §§ 2, 3 ZPO nach dem Interesse des Mieters an einem sich möglicherweise aus der Abrechnung ergebenden Rückzahlungsanspruch. Da der Mieter jedoch nur einen vorbereitenden Anspruch auf Rechnungslegung und damit auf Auskunft geltend macht, ist lediglich ein Bruchteil des Zahlungsanspruchs in Ansatz zu bringen (vgl. BGH Beschluss vom 10. Januar 2017 - VIII ZR 98/16 - MDR 2017, 725 Rn. 19 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 16. Mai 2018 - XII ZB 80/18 - FamRZ 2018, 1169 Rn. 11 mwN - zu § 1379 BGB). Insoweit gilt für Mietverhältnisse über Gewerberäume derselbe Maßstab wie bei Wohnräumen.
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Das vom Berufungsgericht bei der Bemessung des Werts der Beschwer gemäß § 3 ZPO ausgeübte tatrichterliche Ermessen kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 13. November 2019 - XII ZB 382/19 - NJW-RR 2020, 136 Rn. 9 mwN).
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b) Derartige Ermessensfehler liegen hier nicht vor.
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aa) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das Landgericht bei der Wertbemessung rechtlich beanstandungsfrei nicht auf die gesamten Vorauszahlungen, sondern auf die Summe der Guthabenbeträge abgestellt, die aus den für das Jahr 2015 vorgelegten Abrechnungen hervorgehen. Zwar ist die Frage, ob der Beklagte hiermit ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnungen erteilt hat und damit Erfüllung eingetreten ist (vgl. Senatsurteil vom 20. Januar 2021 - XII ZR 40/20 - NJW-RR 2021, 394 Rn. 13, 16 mwN), zwischen den Parteien streitig und Gegenstand der hier nicht maßgeblichen Begründetheit der Klage. Auch ist die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der erteilten Abrechnungen im vorliegenden Zusammenhang nicht vorwegzunehmen. Indes haben die Kläger auf den Hinweis des Landgerichts vom 14. Oktober 2020, es bestehe Gelegenheit, im Hinblick auf den Beschwerdewert ergänzend vorzutragen und insbesondere Angaben zu den in den Vorjahren angefallenen Betriebskosten zu machen, mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2020 erwidert, dass solche Erfahrungswerte nicht bestünden und stattdessen die in den vorgelegten Abrechnungen genannten Guthabenbeträge zugrunde gelegt werden könnten. Danach ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass sich das Landgericht auf diese Beträge gestützt hat.
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bb) Ohne Ermessensfehler und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Landgericht unter Berücksichtigung des vorbereitenden Charakters des Anspruchs auf Rechnungslegung nur einen Bruchteil des zu erwartenden Rückzahlungsanspruchs in Ansatz gebracht. Gründe, hiervon abzusehen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch die Bemessung mit einem Viertel des Anspruchs ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
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c) Indem das Landgericht zutreffende Maßstäbe der Wertbestimmung angelegt hat, hat es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch keinen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 10. Januar 2017 - VIII ZR 98/16 - MDR 2017, 725) abweichenden Obersatz aufgestellt.
Dose
Klinkhammer
Nedden-Boeger
Botur
Krüger