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  • 29.11.2022 · IWW-Abrufnummer 232540

    Oberlandesgericht Dresden: Beschluss vom 20.05.2022 – 4 W 245/22

    Die Hemmung der Verjährung durch einen Prozesskostenhilfeantrag tritt auch dann ein, wenn dem Antrag die Erklärung über die persönlichen Verhältnisse nicht beigefügt ist. Entscheidend ist vielmehr, ob die Bekanntgabe an den Antragsgegner "demnächst" erfolgt.


    Oberlandesgericht Dresden

    Beschluss vom 20.05.2022


    In Sachen
    F...... F......, ...
    - Antragsteller und Beschwerdeführer -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt U...... H......, ...
    gegen
    Facharztzentrum am ... GmbH, ...
    - Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte P...... H...... P......, ...

    wegen Schadenserstz aus Fehlbehandlung
    hier: PKH-Beschwerde

    hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
    Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S......,
    Richterin am Oberlandesgericht P...... und
    Richterin am Oberlandesgericht R......

    ohne mündliche Verhandlung am 20.05.2022 beschlossen:

    Tenor:

    I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts Görlitz vom 3.3.2022 teilweise abgeändert und dem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H......, ..., für folgenden Klageantrag bewilligt:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von 5000,- € nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz in Höhe einer 1,3-Gebühr (außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren) aus einem Streitwert von 5500,- EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
    3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche zukünftigen materiellen und nicht vorhersehbaren immateriellen Ansprüche zu ersetzen, soweit diese auf die Behandlung vom 09.04.2018 zurückzuführen sind und soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden.

    II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

    III. Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Gründe

    I.

    Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Arzthaftungstreitigkeit. Er sprach am 8.4.2018 nach einem Sturz in der Praxis der Beklagten vor. Der behandelnde Arzt Dr. P...... diagnostizierte eine Schwellung am Nasenbein. Der Antragsteller behauptet, eine Konsultation bei einem weiteren Arzt 8 Wochen nach Vorsprache bei der Antragsgegnerin habe eine Nasenbeinfraktur ergeben. Der ihn behandelnde Arzt der Antragsgegnerin habe die Erhebung der gebotenen bildgebenden Befunde verabsäumt und die Fraktur fehlerhaft nicht diagnostiziert. Bei korrekter Diagnose und dementsprechend durchgeführter Behandlung wären dem Antragsteller unnötige Schmerzen und bleibende Gesundheitsschäden, darunter die "jetzige Optik im Gesicht und die erheblich eingeschränkte Nasenatmung" erspart geblieben. Die Antragsgegnerin ist dem Anspruch entgegengetreten. Aufgrund des diskreten klinischen Befundes, der eindeutig für eine Nasenprellung gesprochen habe, habe für eine weitere Befunderhebung oder zusätzliche Behandlung keine medizinische Notwendigkeit bestanden. Auch hätten sich keine therapeutischen Konsequenzen aus einer anderen Diagnose ergeben. Sie hat darüber hinaus die Verjährungseinrede erhoben.

    Das Landgericht hat den Antrag mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Etwaige Ansprüche seien aufgrund Verjährung jedenfalls nicht durchsetzbar. Die Verjährung habe zum Ende des Jahres 2018 zu laufen begonnen, nachdem der Kläger bereits mit Schreiben vom 22.11.2018 gegenüber der Beklagten Ansprüche angemeldet habe. Der am 23.12.2021 eingegangene PKH-Antrag habe nicht zu einer Hemmung der Verjährung führen können, weil ihm die zwingend erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gefehlt habe. Diese habe der Antragsteller erst am 4.1.2022 und damit nach Eintritt der Verjährung erstellt.

    Mit der sofortigen Beschwerde vom 11.4.2022 gegen den ihm am 9.3.2022 zugestellten Beschluss des Landgerichts tritt der Antragsteller dieser Rechtsauffassung entgegen. Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

    Die Antragsgegnerin hatte im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. Sie hält etwaige Ansprüche mit dem Landgericht für verjährt.

    II.

    Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingereichte sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg und führte zur Bewilligung ratenloser Prozesskostenhilfe in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Der Antragsteller ist - wie sich aus den im Verfahren vor dem Landgericht eingereichten Unterlagen ergibt - bedürftig. Seine Rechtsverfolgung hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg.

    1. Grundsätzlich muss der Patient, der einen Arzt auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, zunächst den nach §§ 630a ff., 823 Abs. 1, 280 Abs. 1 Satz 1 BGB notwendigen Behandlungsfehler darlegen und beweisen. Hierbei sind an seine Substantiierungspflichten lediglich maßvolle Anforderungen zu stellen, weil von ihm angesichts des bestehenden Informationsgefälles zwischen Arzt und Patient regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2004 - VI ZR 199/03 - juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 29.11.2016 - 8 U 143/13; OLG Frankfurt, Urteil vom 11.07.2017 - 8 U 150/16 beide juris). Die Partei darf sich daher auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2004 - VI ZR 199/03; vom 14.03.2017 - VI ZR 605/15 - juris; Senat, Beschluss vom 19. März 2021 - 4 W 72/21 -, Rn. 7, juris; Beschluss vom 26. November 2020 - 4 W 733/20 -, Rn. 5, juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 29.11.2016 - 8 U 143/13 - juris). Diesen Anforderungen wird der Vortrag des Antragstellers - noch - gerecht. Ob der behandelnde Arzt der Beklagten nach dem maßgeblichen Facharztstandard weitere Befunderhebungen hätte veranlassen müssen, um eine Nasenbeinfraktur auszuschließen, ob der Antragsteller tatsächlich bei den Untersuchungsterminen an einer solchen Fraktur litt und ob die Behandlung sich bei einer früheren Diagnose anders gestaltet hätte und ob hiernach ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte nach §§ 630aff, 823, 831 BGB in Betracht kommt, kann nicht ohne Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beurteilt werden. Gleiches gilt für die Frage, ob aufgrund dieser Verletzung in der Zukunft noch Folgeschäden zu erwarten sind, die einen materiellen und immateriellen Vorbehalt rechtfertigen.

    2. Die hinreichenden Erfolgsaussichten können auch nicht wegen der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede verneint werden. Dass der Lauf der Verjährung durch die Geltendmachung von Ansprüchen im Schreiben vom 22.11.2018 begann und nicht durch Verhandlungen mit der Versicherung der Antragsgegnerin im Jahr 2019 gehemmt wurde, lässt die Beschwerde dabei gegen sich gelten. Sie wendet sich allerdings zu Recht gegen die Annahme des Landgerichts, der am 23.12.2021 eingegangene PKH-Antrag habe das Ablaufen dieser Verjährungsfrist zum 31.12.2021 nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB hemmen können. Die Hemmung der Verjährung beginnt gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB mit der Bekanntgabe des Prozesskostenhilfeantrags. Dadurch wird sichergestellt, dass der Schuldner Kenntnis von der Hemmung erlangt. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe muss ebenso wie bei der Klage den verfolgten Anspruch individualisieren, braucht aber weder zulässig noch schlüssig oder gar begründet zu sein (BeckOGK BGB/Meller-Hannich [1.3.2019] Rn 402; Staudinger/Peters/Jacoby (2019) BGB § 204, Rn. 116). Entgegen der Auffassung des Landgerichts scheidet diese Hemmung hier nicht deswegen aus, weil dem Antrag die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht beigefügt war, diese vielmehr erst am 4.1.2022 erstellt wurde und beim Landgericht am 6.1.2022 einging.

    Welche Erfordernisse ein PKH-Antrag aufweisen muss, um zu einer Verjährungshemmung zu führen, ist freilich in der Rechtsprechung umstritten:

    a) Nach der auch vom Landgericht zitierten Ansicht, die u.a. das Oberlandesgericht Hamm vertritt (OLG Hamm, Urteil vom 02. Februar 2012 - I-5 U 110/11 -, Rn. 140, juris; Beschluss vom 08.03.2006 - 11 WF 27/06; AG Bad Iburg, Beschluss vom 10. Februar 2003, Az. 4d C 1075/02 - juris; Zöller-Greger, ZPO, 34. Aufl., § 167 ZPO, Rn. 15), ist der bloße Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen im Sinne von § 117 Abs. 2 ZPO nicht geeignet, die Verjährung zu hemmen. Der Ablauf der Verjährung werde vielmehr nur dann gehemmt, wenn die arme Partei vor Eintritt der Verjährung ein ordnungsgemäß begründetes und vollständiges Prozesskostenhilfegesuch einreiche. Dazu gehört auch, dass die erforderlichen Belege beigefügt seien (so zur alten Rechtslage auch BGH, Urteil vom 08.03.1989 - IVa ZR 221/87 - juris).

    b) Nach der wohl überwiegenden Auffassung (OLG Nürnberg VersR 2010, 1468 f; OLG München ZErb 2012, 183 ff; Groß in: Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 117 Antrag, Rn. 13; Staudinger/Peters/Jacoby (2019) BGB § 204, Rn. 116; Grüneberg/Ellenberger, BGB 81. Aufl. § 204 Rn 30) sind die Angaben nach § 117 Abs 2 ZPO über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse demgegenüber entbehrlich, um die rückwirkende Hemmung auszulösen. Nach der Gesetzesbegründung zu § 204 BGB werde die Hemmung außer von dem bloßen Prozesskostenhilfeantrag nicht mehr davon abhängig gemacht, "dass der Antrag, ordnungsgemäß begründet, vollständig, von den erforderlichen Unterlagen begleitet und von der subjektiven Ansicht der Bedürftigkeit getragen ist" (BT-Dr. 14/6040, S. 116 zu § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB).Anders als nach früherer Rechtslage, nach der die Bedürftigkeit des Klägers als Fall der höheren Gewalt i. S. v. § 203 BGB a. F. angesehen und deshalb verlangt worden sei, dass der Kläger rechtzeitig auch die nach § 117 ZPO erforderlichen Unterlagen einreiche, bilde der Antrag auf Prozesskostenhilfe nunmehr einen eigenständigen Hemmungsgrund, bei dem diese Voraussetzung entfallen sei.

    c) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Da die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers gemäß § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO dem Antragsgegner grundsätzlich nicht mitgeteilt wird, hat der Zeitpunkt, wann diese eingereicht wird, grundsätzlich keinen Einfluss auf die Bekanntgabe des Prozesskostenhilfeantrags gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB und damit auf die Hemmung der Verjährung (OLG Nürnberg, Beschluss vom 06. April 2010 - 4 W 535/10 -, Rn. 13 - 16, juris). Jedenfalls in den Fällen, in denen trotz der fehlenden Erklärung die Bekanntgabe "demnächst" nach der Einreichung erfolgt, kommt es daher auf den Zeitpunkt der Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr an. Vorliegend ist die Bekanntgabe des PKH-Antrags vom 23.12.2021 am 10.1.2022 erfolgt. Diese Zeitspanne hält sich in dem durch die Rechtsprechung gezogenen Rahmen. Ob eine Zustellung demnächst erfolgt ist, beurteilt sich nach dem Sinn und Zweck des § 167 ZPO, der entsprechend für den PKH-Antrag heranzuziehen ist. Diese Regelung ist nicht rein zeitlich zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs soll sie die Partei vielmehr vor Nachteilen durch Verzögerungen bei der von Amts wegen zu bewirkenden Zustellung schützen, die innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs liegen und von der Partei nicht beeinflusst werden können (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.1993 - X ZR 6/93 - Rn. 12). Daher gibt es auch keine zeitliche Grenze, nach deren Überschreitung eine Zustellung nicht mehr als "demnächst" anzusehen wäre; das gilt selbst im Hinblick auf mehrmonatige Verspätungen (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.2003 - IV ZR 44/02 - Rn. 16). Der Partei sind nur Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter (§ 85 Abs. 2 ZPO) bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. Eine Zustellung "demnächst" nach Einreichung einer Klage bedeutet daher eine Zustellung innerhalb einer den Umständen nach angemessenen, selbst langen Frist, wenn die Partei oder ihr Bevollmächtigter unter Berücksichtigung der Gesamtsituation alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Partei, der die Fristwahrung obliegt, durch nachlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen hat. Nach der Aufforderung zur Einzahlung des Kostenvorschusses muss der Kläger so rechtzeitig einzahlen, dass sich der für die Zustellung ohnehin erforderliche Zeitraum nicht um mehr als 14 Tage verlängert. Dabei ist der Partei aber für die Erledigung der Einzahlung ein angemessener Zeitraum von in der Regel 1 Woche zuzubilligen (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2019 - II ZR 281/18 - Rn. 11- juris). Die entsprechende Übertragung auf die Situation im Falle eines Prozesskostenhilfeantrags führt nach Auffassung des Senats dazu, dass jedenfalls bei einem durch einen Anwalt gestellten Prozesskostenhilfeantrag, der zunächst ohne die Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse gestellt wird, der Partei, die diese Erklärung persönlich abzugeben hat, hierzu eine Frist von regelmäßig einer Woche zuzubilligen ist, nach deren Ablauf eine Frist von nicht weniger als 14 Tagen für die Bekanntgabe läuft. Innerhalb dieser bis zum 13.1.2022 laufenden Frist ist der PKH-Antrag der Antragsgegnerin bekannt gegeben worden. Ob - wie das Landgericht angenommen hat - die am 5.1.2022 beim AG Weißwasser und am 6.1.2022 beim Landgericht Görlitz eingegangene Erklärung vollständig war, obwohl der Antragsteller die Punkte E bis J des Antragsformulars nicht ausgefüllt hat, kann dahinstehen, weil sich dieses Unterlassen auf die Bekanntgabe des Antrags nicht ausgewirkt hat und dem Antrag überdies aktuelle Bescheide über die Gewährung von Leistungen über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung beigefügt waren.

    3. Auf der Grundlage des Vorbringens in der Antragsschrift erscheint es demgegenüber ausgeschlossen, dass dem Antragsteller Schmerzensgeld in der begehrten Höhe zugesprochen wird, selbst wenn sich im Anschluss an die gebotene Beweisaufnahme ein der Antragsgegnerin zuzurechnender Behandlungsfehler herausstellen sollte. Nach § 253 Abs. 2 BGB ist wegen der Verletzung des Körpers und der Gesundheit auch für den Schaden, der kein Vermögensschaden ist, eine "billige Entschädigung in Geld" zu leisten. Bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes steht dem Tatrichter ein Ermessensspielraum zu, der indes keine willkürliche Festsetzung erlaubt und in den Urteilsgründen eine Erläuterung der wesentlichen Überlegungen des Gerichts erfordert (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 29.11.2006, 6 U 114/06 - juris). Dem Schmerzensgeld kommt dabei eine Doppelfunktion zu: Es soll einmal einen Ausgleich für Schäden nicht vermögensrechtlicher Art bilden und zum anderen eine Genugtuung für das Unrecht darstellen, das der Schädiger dem Geschädigten angetan hat (grundlegend: BGH, Urt. v. 06.07.1955, VersR 1955, 615). Dabei hat in der Regel die Ausgleichsfunktion größeres Gewicht als die Genugtuungsfunktion (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.08.2003, 8 U 190/01 - juris). Bei der Genugtuungsfunktion ist das Ausmaß des Verschuldens des Schädigers zu berücksichtigen, im Rahmen der Ausgleichsfunktion spielen insbesondere Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden, Entstellungen, psychische Beeinträchtigungen, Dauer stationärer und ambulanter Heilbehandlungen, Zeitraum einer Arbeitsunfähigkeit und Höhe des Dauerschadens eine Rolle (Senat, Urteil vom 22. Mai 2018 - 4 U 1231/17 -, Rn. 18, juris). Die behaupteten Sekundärschäden aus dem vermeintlichen Behandlungsfehler beschränken sich hier schon nach der Darstellung des Antragstellers neben einem "unangenehmen Druck auf dem Nasenbein" und einer Behinderung der Nasenatmung im Wesentlichen auf optische Beeinträchtigungen ("kantiger Huckel", Nasenschiefstand), deren Erheblichkeit angesichts der zur Begründung des Anspruchs erhobenen Behauptung, die zugrundeliegende Fraktur sei von dem behandelnden Arzt übersehen worden, zweifelhaft ist. Auf dieser Grundlage kommt ein Schmerzensgeld von nicht mehr als 5000,- € in Betracht (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. 3. 2003 - 8 U 72/02, das selbst bei einer "nachhaltigen Verunstaltung der Nase" ein Schmerzensgeld von nicht mehr als 6000,- € zugesprochen hat). Prozesskostenhilfe war daher nur bis zu diesem Betrag zu bewilligen. Des Weiteren war der immaterielle Vorbehalt auf die nicht vorhersehbaren Zukunftsschäden zu beschränken (vgl. hierzu BGH MDR, 2006, 987 [BGH 14.02.2006 - VI ZR 322/04]). Für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten ist der Senat von einem Streitwert des Feststellungsantrags von 500,- EUR ausgegangen.

    Eine Kostenentscheidung ist nicht geboten. Da die Beschwerde teilweise Erfolg hat, war die Beschwerdegebühr auf die Hälfte zu ermäßigen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet § 127 Abs. 4 ZPO).

    RechtsgebietProzesskostenhilfeVorschriften§ 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB; § 85 Abs. 2; § 117 Abs. 2 ZPO