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  • 17.01.2012

    Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 29.09.2011 – 8 Sa 495/11


    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 03.02.2011 - 1 Ca 1100/10 - abgeändert:

    Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitsentgelt nach der Entgeltgruppe 13 ERA zu bezahlen.

    Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

    Die Revision wird zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten um die tarifliche Eingruppierung des Klägers auf der Grundlage des Entgeltrahmenabkommens für die Metall- und Elektroindustrie NRW vom 18. Dezember 2003 (ERA), welches nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages sowie aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

    Der Kläger ist seit dem Jahre 1992 aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages (Bl. 110 d.A.) im Gießereibetrieb der Beklagten als Schmelzmeister tätig. Die Beklagte produziert mit ca. 200 Arbeitnehmern Gusswalzen für die Stahl-, Gummi-, Kunststoff- und Papierindustrie.

    Die vom Kläger zu erledigenden "Arbeitsaufgaben und Kompetenzen" sind in der Stellenbeschreibung vom 06./07.10.2003 (Bl. 111 f d.A.) wie folgt zusammengefasst:

    Erstellung der Gattierungen und Kontrolle der Legierungsbestände

    Überwachung der Schmelztätigkeiten und Ermittlung der entsprechenden Daten

    Überwachung der Schmelzöfen und der Zustellung

    Planung der Pfannenwirtschaft

    Koordinierung der Giessabläufe in Zusammenarbeit mit dem Leiter Giesserei und Giessmeister

    Einhaltung, Überwachung und Umsetzung der UVV-Vorschriften bzw. der innerbetrieblichen Arbeitssicherheits- und Arbeitsschutzanweisungen

    Personaleinteilung, nach Rücksprache mit dem Leiter Giesserei

    Wegen der Beschreibung und Bewertung der Arbeitsaufgaben sowie der im Zuge der ERA-Einführung vorgenommenen Arbeitsplatzbewertung wird auf die Anlage K1 zur Klageschrift (Bl. 5-7 d.A.) - betreffend die Position des Klägers als "Teamleiter Gießen/Schmelzen 2" - Bezug genommen.

    Entsprechend der durch die Beklagte vorgenommene "Bewertung der Arbeitsaufgaben" (Bl. 7 d.A.) nahm die Beklagte eine Eingruppierung der Tätigkeit in Entgeltgruppe 12 vor. Demgegenüber hält der Kläger eine Eingruppierung in Entgeltgruppe 13 mit der Begründung für zutreffend, der mit der Aufgabenerfüllung verbundene Handlungs- und Entscheidungsspielraum sei - abweichend vom Standpunkt der Beklagten - nicht mit 18 Punkten (Stufe 3), sondern mit 30 Punkten (Stufe 4) der ERA-Anlage 1a einzustufen. Die hier genannten Bewertungsstufen lauten wie folgt:

     

    Stufe 3 Die Erfüllung der Arbeitsaufgaben ist teilweise vorgegeben Stufe 4 Die Erfüllung der Arbeitsaufgaben erfolgt überwiegend ohne Vorgabe weitgehend selbständig

    Das von den Tarifparteien gemeinsam verfasste ERA-Glossar enthält hierzu folgende Erläuterung:

    Stufe 3 Es besteht mangels Vorgabe ein Spielraum zur Optimierung der Reihenfolge der Bearbeitungsabläufe Es besteht ein geringer Spielraum bei der Auswahl der anzuwendenden Bearbeitungsverfahren/Arbeitsmittel Die Ergebnisse/Ziele sind vorbestimmt Stufe 4 Es besteht mangels Vorgaben eine Spielraum zur Optimierung der Bearbeitungsabläufe Es besteht ein Spielraum bei der Auswahl der anzuwendenden Bearbeitungsverfahren/Arbeitsmittel, da entsprechende Vorgaben fehlen Die Ergebnisse/Ziele sind überwiegend vorbestimmt

    Zur Begründung für die diesbezügliche Einstufung seiner Tätigkeit in Bewertungsstufe 4 hat der Kläger im ersten Rechtszuge im Wesentlichen vorgetragen:

    Wie sich aus der von der Beklagten selbst erstellten Bewertungsbegründung (Bl. 7 d.A.) ergebe, erfordere die Aufgabenstellung die Erarbeitung alternativer einfacher Lösungswege, wobei nach Rücksprache mit den korrespondierenden Bereichen anhand der Gussplanung eigenständig entsprechende Feinplanungen durchzuführen seien. Des Weiteren müsse gegebenenfalls eine eigenständige Lösungsfindung in Störsituationen vorausgesetzt werden. Schon die Tatsache, dass der Handlungs- und Entscheidungsspielraum der ihm unterstellten Schichtführer ebenfalls mit der Stufe 3 bewertet worden sei und die Beklagte bei der Eingruppierung der Position "Teamleiter Gießen/Schmelzen 1" den Handlungs- und Entscheidungsspielraum der vom Kläger begehrten Stufe 4 zugeordnet habe, spreche gegen die von der Beklagten vorgenommene Einstufung. Allein der Umstand, dass er - der Kläger - allein für den Bereich Schmelzen, der Teamleiter Gießen/Schmelzen 1 hingegen für die beiden Bereiche Gießen und Schmelzen zuständig sei, könne eine unterschiedliche Bewertung des Handlungs- und Entscheidungsspielraums nicht rechtfertigten, zumal diese - im Organigramm Bl. 168 d.A. ausgewiesene - Position unstreitig gegenwärtig nicht besetzt sei. Weiter folge schon aus der Aufgabe, den Ofenbelegungsplan festzulegen, ein entsprechend weiter Handlungs- und Entscheidungsspielraum, da insoweit mangels Vorgabe ein erweiterter Spielraum zur Optimierung der Reihenfolge der Bearbeitungsabläufe bestehe. Gleiches gelte, soweit es bei der Produktion zu Abweichungen von den Vorgaben komme und insoweit eigenständige Entscheidungen zur Störungsbeseitigung zu treffen seien.

    Demgegenüber hat die Beklagte vorgetragen, die Aufgabenstellung des Klägers erfordere nur einen geringen Handlungs- und Entscheidungsspielraum, da sowohl die Wahl der Einsatzstoffe als auch die Reihenfolge der Schmelzung vorgegeben seien. Mit der Aufgabenstellung der Position "Teamleiter Gießen/Schmelzen 1" sei die Aufgabenstellung des Klägers nicht vergleichbar, da ersterer für ein viel größeres Aufgabengebiet zuständig sei. Weder die Festlegung der Gussreihenfolge noch die vom Kläger bei "Störfällen" zu treffenden Entscheidungen seien geeignet, den vom Kläger reklamierten erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraum zu belegen, vielmehr ergebe sich aus dem Qualitätshandbuch, dass der Kläger bei Auftreten von Problemen Rücksprache mit seinem Vorgesetzten zu halten habe.

    Durch Urteil vom 03.02.2011 (Bl. 63 ff.) auf welches des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Fassung des Klageantrages Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Vortrag des Klägers rechtfertige nicht die Eingruppierung seiner Tätigkeit in Entgeltgruppe 13. Insbesondere lasse sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass die Tätigkeit mit einem Handlungs- und Entscheidungsspielraum verbunden sei, welcher der Bewertungsstufe 4 zuzuordnen sei. Bereits die Bewertung des Handlungs- und Entscheidungsspielraums nach Stufe 3 mit 18 Punkten setze voraus, dass die Erfüllung der Arbeitsaufgaben nicht vollständig, sondern nur teilweise vorgegeben sei. Eine Bewertung nach Stufe 4 erfordere demgegenüber, dass die Erfüllung der Arbeitsaufgaben überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig zu erfolgen habe. Letzteres setze nach dem von den Tarifparteien gemeinsam erstellten ERA-Glossar voraus, dass zwar die Ergebnisse oder Ziele überwiegend vorbestimmt seien, hingegen mangels Vorgabe ein Spielraum zur Optimierung der Reihenfolge der Bearbeitungsabläufe und/oder bei der Auswahl der anzuwendenden Bearbeitungsverfahren/Arbeitsmittel bestehe. Diesen Anforderungen werde der Vortrag des Klägers nicht gerecht. Soweit es die Erstellung des Ofenbelegungsplanes betreffe, seien die Ergebnisse/Ziele der Arbeit vorbestimmt. Soweit dem Kläger bei der eigenständigen Festlegung des Ofenbelegungsplans ein gewisser Spielraum zur Optimierung der Reihenfolge der Bearbeitungsabläufe verbleibe, lasse sich hiermit ein weiterer als nach Bewertungsstufe 3 zu berücksichtigender Handlungs- und Entscheidungsspielraum nicht begründen. Da die Bearbeitungsverfahren und Arbeitsmittel bei der Tätigkeit des Klägers nach dem Verständnis der Kammer weitgehend vorgegeben seien, könne auch hiermit eine Bewertung nach Stufe 4 nicht begründet werden. Ob die Schichtführer im Verhältnis zum Kläger richtig eingruppiert seien, sei für die tarifliche Bewertung die vom Kläger auszuübende Tätigkeit ohne Belang, zumal die Beklagte unwidersprochen darauf hingewiesen habe, dass die Schichtführer bei Abwesenheit des Klägers im gleichen Umfang wie der Kläger Entscheidungen zu treffen hätten.

    Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung tritt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens den Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils entgegen und hält an seinem Standpunkt fest, der mit der Aufgabenerledigung verbundene Handlungs- und Entscheidungsspielraum sei mangels entsprechender Vorgaben der Bewertungsstufe 4 zuzuordnen.

    Dies betreffe zum einen die Aufgabe "Ablaufplanung Guss", bei welcher der Kläger selbständig den Ablaufplan nach Rahmenvorgaben erstelle. Im Rahmen dieser Planung obliege dem Kläger nicht nur die Bestimmung der Reihenfolge der Schmelzvorgänge, sondern die Entscheidung über die Ofenbelegung, den Gussablauf, die Schmelztemperatur und die Pfannenwirtschaft sowie die Entscheidung über die Verwendung des Resteisens. Vorgaben erhalte der Berufungskläger lediglich in Bezug auf die Legierung, die Gewichtsangabe, die Abstich-Temperatur sowie die Abstichzeit.

    Weiter seien zu berücksichtigen die Aufgaben des Klägers in Bezug auf die Personalabteilung, die fachliche Aufsicht über die unterstellten Mitarbeiter und die Kontrolle der Ofenanlage. Im Zuge der Ablaufplanung sei es die Aufgabe des Klägers, aufgrund der wöchentlichen Analysevorgaben die tägliche Schmelzplanung durchzuführen. Hierzu gehöre auch die Festlegung der Gattierung (Zusammenstellung des Schmelzmaterials) unter Berücksichtigung des Einsatzes der verschiedenen Rohstoffe. Dementsprechend beziehe sich der Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Klägers darauf, unter Einsatz welcher Menge an Schmelzmaterialien die geforderte Legierung herzustellen sei. Beispielhaft verweist der Kläger unter Beifügung entsprechender Unterlagen auf einzelne näher dargestellte Schmelzvorgänge und die in diesem Zusammenhang zu treffenden Entscheidungen über das erforderliche Schmelzvolumen und darüber, ob eine Charge in einer oder mehreren Einheiten gegossen werde. Insgesamt seien danach die Arbeitsaufgaben lediglich durch Rahmenvorgaben eingeschränkt, die Erfüllung der Arbeitsaufgaben erfordere demgegenüber eine selbständige Tätigkeit dergestalt, dass mangels konkreter Vorgaben ein Spielraum zur Optimierung der Reihenfolge der Bearbeitungsabläufe sowie ein Spielraum bei der Auswahl der anzuwenden Bearbeitungsverfahren und Arbeitsmittel bestehe.

    In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat der Kläger sein Vorbringen weiter ergänzt und vorgetragen, insbesondere bei einer festgestellten Abweichung des erstellten Schmelzgutes von den vorgegebenen Analysewerten treffe er als Schmelzmeister die Entscheidung, ob die Schmelze behandelt, ganz oder teilweise verworfen oder zum Neuaufbau verwendet werde. Eine weitere Besonderheit bestehe darin, dass aus Kostengründen zur Herstellung der Schmelze als Einsatzstoff u. a. Schrott-Teile Verwendung fänden, welches ggfls. dem Volumen nach nicht der benötigten Materialmenge entsprächen. Um gleichwohl die geforderte Legierung zu erreichen, seien Maßnahmen der Schmelzebehandlung erforderlich, wobei er die Entscheidung treffe, ob das Zufügen von Sauerstoff ("Erzen") oder der weniger kostengünstige Einsatz zugekaufter Zusatzstoffe in Betracht komme.

    Unter Neufassung seines Klageantrags beantragt der Kläger zuletzt

    unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitsentgelt nach Entgeltgruppe 13 ERA zu bezahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die arbeitsgerichtliche Entscheidung als zutreffend. Entgegen dem Vortrag des Klägers erfolge die Festlegung der Ablaufplanung Schmelzen und Gießen nicht selbständig durch den Kläger, vielmehr werde der Ablaufplan in Zusammenarbeit mit dem Teamleiter Gießen/Formen 1 bzw. dem Teamleiter Gießen/Formen 2 (Gießen) - vgl. das Organigramm Bl. 168 d. A. - erstellt. Schon aufgrund dieser Absprachen seien die vom Kläger aufgeführten weiteren Planungen überwiegend vorbestimmt. Auch soweit es die Wahl der Einsatzstoffe und die Reihenfolge der Erschmelzung der Materialien betreffe, stehe dem Kläger nur ein geringer Handlungs- und Entscheidungsspielraum zur Verfügung, da entsprechende Vorgaben des Handbuchs zum Qualitätsmanagement sowie die Analysevorgaben aus dem Qualitätswesen zu beachten seien.

    Hierzu heißt es im Handbuch Qualitätsmanagement (Bl. 169 f. d. A.) auszugsweise wie folgt:

    Ausgehend von den Analysevorgaben und dem Wochengießplan führt der Schmelzmeister bzw. der Schichtverantwortliche eine Gattierungsberechnung durch und stellt die entsprechenden Sätze zusammen. Anhand dieser Sätze wird die Gussreihenfolge des Folgetags, nach Rücksprache mit dem Gießmeister, festgelegt. Der Leiter Schmelzbetrieb hat den Legierungsbedarf der Produktionswoche festgelegt.

    &..

    Der Schmelzvorgang wird im Schmelzbericht dokumentiert. Zur Einstellung der geforderten Legierungskonzentrationen werden Proben entnommen. Die Zusammensetzung wird ermittelt und das Ergebnis dem Schmelzmeister bzw. den Schichtverantwortlichen weitergegeben. Die Analysedokumentation erfolgt in der EDV und handschriftlich auf dem entsprechenden Schmelzbericht.

    &.

    Treten Abweichungen zu den Sollvorgaben auf, so ist eine Sonderfreigabe der Schmelze erforderlich Diese Sonderfreigabe wird durch die Gießereileitung oder den Leiter Schmelzbetrieb und die Qualitätsstelle durchgeführt.

    Weiter trägt die Beklagte vor: Auch die Gesichtspunkte der fachlichen Aufsicht und Personaleinteilung seien nicht geeignet, einen erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraum zu begründen. Gleiches gelte, soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Ofenbelegung, der Pfannenwirtschaft und der Auswahl verschiedener Einsatzstoffe einen gewissen Gestaltungsspielraum in Anspruch nehmen könne. Diesbezüglich handle sich um typische, vom Berufsbild geprägte Aufgaben aus dem Kernbereich der Tätigkeit. Die vom Kläger selbst vorgelegten Beispielsfälle seien nicht geeignet, eine andere Bewertung zu rechtfertigen. Wie aus der graphischen Darstellung der Arbeitsabläufe (Anlage BB 9, Bl. 182 d.A.) ersichtlich, seien bei der Aufstellung des Ofenbelegungsplans die in der vorangehenden Nachtschicht vom Schichtführer verantworteten Vorgaben zu berücksichtigen, was den Handlungs- und Entscheidungsspielraum des Klägers einschränke. Die Entscheidung des Klägers, wie viel Schmelzmaterial für einen ordnungsgemäß Guss verwandt werden müsse, betreffe nicht einen erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraum, sondern gehöre zur typischen Arbeitsaufgabe des Klägers als Teamleiter Gießen/Schmelzen 2, welcher hierbei seine Berufserfahrung einbringe. Nichts anderes gelte auch für die Kontrolle der Ofenanlagen.

    Auch der weitere Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung zur Vorgehensweise bei Abweichungen der Schmelze-Eigenschaften von den einzuhaltenden Vorgaben sowie zu Besonderheiten des Schmelzvorgangs wegen der Verwendung von Kreislaufmaterial als Einsatzstoff sei nicht geeignet, eine andere Bewertung zu rechtfertigen. Allein der Umstand, dass die Tätigkeit nicht routinemäßig erledigt werden könne, sondern den Einsatz von Erfahrungswissen fordere, genüge nicht zur Begründung eines erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraums im Umfang der vom Kläger reklamierten Bewertungsstufe.

    Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen.

    Entscheidungsgründe

    Die Berufung des Klägers ist begründet. Sie führt unter Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zur antragsgemäßen Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Arbeitsvergütung nach Entgeltgruppe 13 ERA zu zahlen.

    I. Das vom Kläger zuletzt in Form eines Eingruppierungsfeststellungsantrags gefasste Klagebegehren ist begründet.

    1. Wie die Auslegung des Klagebegehrens unter Berücksichtigung der Erklärung des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht ergibt, ist Gegenstand der Klage ausschließlich ein tarifliches Eingruppierungsfeststellungsbegehren, mit welchem auf der Grundlage einer korrekten tariflichen Eingruppierung der Umfang der Vergütungspflicht bestimmt werden soll. Soweit der Kläger im Rahmen der Klagebegründung den Gesichtspunkt der unterschiedlichen Eingruppierung im Verhältnis zum Teamleiter 1 anspricht, wird damit nicht ein eigenständiger Streitgegenstand der Gleichbehandlung zur Entscheidung gestellt und etwa eine bewusst übertarifliche Eingruppierung des Teamleiters 1 geltend gemacht, auf welche der Kläger ebenfalls Anspruch erheben will. Vielmehr soll mit dem Hinweis, der Teamleiter 1 sei trotz vergleichbarer Aufgabenstellung in die begehrte Entgeltgruppe 13 eingruppiert, allein geltend gemacht werden, die Aufgabenstellung des Teamleiters 1 und des Klägers als Teamleiter 2 seien im Wesentlichen gleichartig, weswegen die unterschiedliche Bewertung im Rahmen des Eingruppierungsverfahrens nicht nachvollziehbar sei und der Eingruppierung des Teamleiters 1 in Entgeltgruppe 13 indizielle Bedeutung auch für die Eingruppierung der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit zukomme.

    2. Die vom Kläger entsprechend der vorgelegten Aufgabenbeschreibung (Bl. 5 ff. d.A.) übertragene Arbeitsaufgabe als Schmelzmeister erfüllt nach den zu berücksichtigenden Anforderungsmerkmalen und der für jedes Anforderungsmerkmal vorzunehmenden Zuordnung zu den Bewertungsstufen der Anlage 1a zum Tarifvertrag die Voraussetzungen für die begehrte tarifliche Einstufung in Entgeltgruppe 13.

    a) Wie sich aus der Regelung in § 2 Ziff. 3 ERA ergibt, orientiert sich die Eingruppierung des Beschäftigten an der übertragenen und auszuführenden Arbeitsaufgabe, welche ihrerseits eine Einzelaufgabe beinhalten oder einen Aufgabenbereich umfassen kann. Dementsprechend kommt es für die Entscheidung über das Klagebegehren darauf an, ob die vom Kläger zu erledigenden Arbeitsaufgaben, wie sie sich aus der vorgelegten "Beschreibung und Bewertung von Arbeitsaufgaben" (Bl. 6 d.A.) ergeben, nach Maßgabe der tariflichen Anforderungsmerkmale und der diesen zugeordneten Bewertungsstufen einen für begehrte Eingruppierung erforderlichen Gesamtpunktwert gem. § 3 ERA erreichen.

    b) Soweit es die Anforderungsmerkmale "Fachkenntnisse", "Berufserfahrung", "Kooperation" und "Führung" betrifft, besteht zwischen den Parteien des Rechtsstreits über die maßgebliche Tätigkeitsbewertung kein Streit.

    Zwar sind die übereinstimmenden Vorstellungen der Parteien über die Einstufung der Arbeitsaufgaben in Bezug auf einzelne Anforderungsmerkmale für die rechtliche Beurteilung durch die Gerichte für Arbeitssachen nicht verbindlich, da es insoweit nicht um unstreitigen Tatsachenstoff, sondern um dessen rechtliche Bewertung geht. Die vorgelegte "Beschreibung und Bewertung von Arbeitsaufgaben" (Bl. 5 ff. d.A.) mit der "Ausführlichen Beschreibung der Tätigkeiten (Bl. 6 d.A.) und "Bewertungsbegründung" (B. 7 d.A.) lässt jedoch keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Einstufung in Bezug auf die streitlos gestellten Anforderungsmerkmale erkennen. Insbesondere steht für die Kammer auf der Grundlage der Tätigkeitsdarstellung außer Frage, dass etwa die die Ablaufplanung Schmelzen und Gattierung ein "Können" erfordert, welches neben der Ausbildung zum Industriemeister Gießerei eine Berufserfahrung von mehr 3 Jahren voraussetzt, so dass insgesamt für das Merkmal "Fachkenntnisse und Berufserfahrungen" 12 Punkte in Ansatz zu bringen sind. Gleiches gilt für das Merkmal der "Kooperation", welche entsprechend der Stufe 4 mit 15 Punkten bewertet ist, da die Erfüllung der Arbeitsaufgaben eine regelmäßige Kommunikation, Zusammenarbeit und Abstimmung mit den anderen Bereichen der Gießerei unumgänglich macht. Schließlich ist auch das Anforderungsmerkmal "Führung" zutreffend mit Stufe 3 - die Erfüllung der Arbeitsaufgaben erfordert, Beschäftigte zur Zielerreichung zweckmäßig einzusetzen, zu unterstützen, zu fördern und zu motivieren - in Anbetracht der Aufgabenstellung des Klägers als Schmelzmeister, welcher mit den ihm unterstellten Kräften für die Einhaltung der Produktionserfordernisse zu sorgen hat, ohne Weiteres nachzuvollziehen.

    c) Damit verbleibt als Schwerpunkt der rechtlichen Prüfung das Anforderungsmerkmal "Handlungs- und Entscheidungsspielraum", welches die Beklagte allein entsprechend der Bewertungsstufe 3 mit 18 Punkten berücksichtigt wissen will, da die Erfüllung der Arbeitsaufgaben "teilweise vorgegeben", nicht hingegen - wie der Kläger geltend mache, der Stufe 4 entsprechend "überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig" erfolge.

    (1) Wie die vorgelegte Beschreibung und Bewertung der Arbeitsaufgaben zeigt, sind dem Kläger verschiedene Teilaufgaben zugewiesen, welche allerdings mit Rücksicht auf die Stellung des Klägers als Teamleiter Schmelzen 2 in einen arbeitsorganisatorischen Zusammenhang gehören und dementsprechend ganzheitlich zu betrachten sind. Allein im Falle des fehlenden unmittelbaren arbeitsorganisatorischen Zusammenhangs erfolgt gemäß § 2 Ziff. 4 ERA eine getrennte Bewertung und - im Falle unterschiedlicher Wertigkeit - eine Eingruppierung nach überwiegend ausgeübter Tätigkeit. Gemäß § 2 Ziffer 3 Unterabs. 2 ERA erfolgt die ganzheitliche Bewertung der Arbeitsaufgaben unabhängig davon, wie oft und wie lange diese ausgeführt werden. Gemäß § 2 Abs. 3 Unterabs. 3 ERA hat die Gewichtung in Bezug auf die Anforderungsmerkmale Handlungs- und Entscheidungsspielraum, Kooperation und Mitarbeiterführung danach zu erfolgen, ob und wie weit die Tätigkeiten die Arbeitsaufgabe insgesamt prägen.

    (2) Betrachtet man auf dieser Grundlage die einzelnen dem Kläger zugewiesenen Teilaufgaben, so ist ohne weiteres ersichtlich, dass der Handlungs- und Entscheidungsspielraum nicht für sämtliche Einzelaufgaben gleich eng oder weit ausgestaltet ist. Darüber hinaus ist zu beachten, dass für die Abgrenzung, inwiefern "mangels Vorgabe" ein mehr oder minder großer Entscheidungsspielraum gegeben ist, nicht allein förmliche Anweisungen, tabellarische Aufstellungen o. ä. zu verstehen sind, vielmehr auch ungeschriebene Standards zu berücksichtigen sind, welche ohne weiteres zur sachgerechten Aufgabenerledigung gehören und durch Berufsausbildung und Berufserfahrung bestimmt sind. Steht fest, dass allein eine bestimmte Vorgehensweise fachgerecht ist, kann allein die Möglichkeit sachwidrigen Handelns nicht zur Begründung eines erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraum herangezogen werden. Soweit also der Arbeitsablauf durch technische Gegebenheiten, organisatorische Zwänge oder nicht ernstlich infrage zu stellende Zweckmäßigkeitserwägungen vorgegeben ist, kann ein erweiterter Handlungs- und Entscheidungsspielraum im Tarifsinne auch dann nicht angenommen werden, wenn es an ausdrücklichen Vorgaben durch den Arbeitgeber fehlt.

    (3) Auf dieser Grundlage überzeugt es nicht, wenn der Kläger als Beispiel für eine Teilaufgabe, welche - der begehrten Bewertungsstufe 4 entsprechend - überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig zu erledigen ist, die Festlegung des Gussablaufs nebst Ofenbelegung anführt. Gleich, ob der Kläger insoweit allein Entscheidungen trifft oder - wie die Beklagte vorträgt - eine Abstimmung mit dem Teamleiter Gießen/Formen zu erfolgen hat, wird die Gussreihenfolge wie auch die Reihenfolge des betreffenden Schmelzvorgangs weitgehend durch objektive Sachgründe bestimmt. So liegt bei identischen Anforderungen an die Legierung und Qualität der Gießereierzeugnisse aus unterschiedlichen Einzelaufträgen eine Ablaufplanung nahe, bei welcher - im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten - die erforderliche Schmelze für mehrere oder sämtliche qualitätsidentische Gussstücke in einem Zuge oder in unmittelbarer Abfolge erstellt wird. Gleiches gilt, wenn aufgrund der zur Verfügung stehenden Einsatzstoffe (z. B. Metallschrott) eine größere Menge Schmelzgut entsteht, als für einen bestimmten Auftrag erforderlich ist. Die vom Kläger im Schriftsatz vom 29.12.2010, Seite 3 (Bl. 46 d. A.) angesprochene Entscheidungsfreiheit darüber, was mit dem überschüssigen Eisen zu geschehen hat, ob das Eisen aufgefangen und zur weiteren Produktion verwendet oder aber weggeschüttet wird, begründet nicht schon deshalb einen erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraum, weil hierfür weder eine Weisung des Vorgesetzten einzuholen noch eine ausdrückliche Vorgabe zu beachten ist. Vielmehr knüpft die vom Kläger zu treffende Entscheidung an die durch Ausbildung und Berufserfahrung erworbenen Fachkenntnisse an. Ergibt sich aus den für die Aufgabenstellung erforderlichen Fachkenntnissen ohne weiteres die Zweckmäßigkeit und Richtigkeit einer bestimmten Entscheidung, so kann ein solcher routinemäßiger sachgerechter Vollzug von Arbeitsaufgaben nicht genügen, um eine Bewertung des Handlungs- und Entscheidungsspielraums nach Stufe 4 zu rechtfertigen. Der vorausgesetzte Spielraum zur Optimierung der Reihenfolge der Bearbeitungsabläufe oder bei der Auswahl der anzuwendenden Bearbeitungsverfahren setzt - ähnlich dem Anforderungsmerkmal der "selbständigen Leistungen" im Eingruppierungsrecht des öffentlichen Dienstes - ein selbständiges Erarbeiten eines Ergebnisses voraus. Versteht sich die Auswahl unter verschiedenen theoretisch möglichen Handlungsalternativen aus Gründen der Sachgerechtigkeit für den fachkundigen Stelleninhaber gleichsam von selbst, so dass sich Frage "was ist nun zu tun?" nicht ernsthaft stellt, kann in Bezug hierauf jedenfalls ein erweiterter Handlungs- und Entscheidungsspielraum nicht hergeleitet werden. Die im schriftsätzlichen Vortrag des Klägers herausgestellte Verantwortung im Bereich Ablaufplanung, fachliche Aufsicht nebst Personaleinteilung und Kontrolle der Ofenanlagen genügt nach dem Standpunkt der Kammer nicht zur Begründung eines nach Stufe 4 zu bewertenden erweiterten "Handlungs- und Entscheidungsspielraums.

    (4) Demgegenüber ist in Bezug auf die Aufgabe des Klägers, Gattierungen festzulegen bzw. den Einsatz der Rohstoffe zu berücksichtigen (vgl. die Tätigkeitsbeschreibung Bl. 6. d.A.) und in Störsituationen gegebenenfalls eine eigenständige Lösungsfindung zu erreichen (vgl. die vorgelegte "Bewertungsbegründung" Bl. 7 d. A.), unter Berücksichtigung der Erläuterungen durch die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, dass insoweit das tarifliche Anforderungsmerkmal des "Handlungs- und Entscheidungsspielraums" entsprechend der Bewertungsstufe 4 erfüllt ist, weil insoweit die Aufgabenerledigung überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig erfolgt.

    Richtig ist zwar, dass für den Kläger als Schmelzmeister die einzuhaltenden Ziele in der Weise vorgestimmt sind, dass die herzustellende Schmelze die festgelegten Spielräume in Bezug auf die maßgeblichen Analysewerte einzuhalten hat. Demgegenüber besteht in Bezug auf die Auswahl der anzuwendenden Bearbeitungsverfahren - wie im Folgenden auszuführen ist - mangels entsprechend konkreter Vorgaben ein erheblicher Entscheidungsspielraum i.S.d. genannten Bewertungsstufe. Maßgeblich für diese Bewertung ist der Umstand, dass die Schmelze nicht etwa aus zugekauften "reinen" Einsatzstoffen, sondern aus Roheisen, Stahlschrott und Kreislaufmaterial unterschiedlicher Zusammensetzung hergestellt wird, weswegen eine Herstellung der Schmelze "nach fester Rezeptur" ausscheidet. Auch wenn die Zusammenstellung des Schmelzmaterials auf der Grundlage einer chemischen Analyse der Rohmaterialien erfolgt, bedarf es ggfls. zur Erzielung der geforderten Eigenschaften der Schmelze bzw. des späteren Gusswerkstoffs verschiedener Maßnahmen der Schmelzebehandlung, um unerwünschte Eigenschaften der Schmelze zu vermeiden oder zu begrenzen oder Verunreinigungen zu beseitigen. In Anbetracht der Unterschiedlichkeit der Einsatzstoffe kann auch nicht von einer routinemäßigen Abwicklung der Schmelzvorgänge im Sinne einer schematischen Arbeitsweise ausgegangen werden. Auch die durch Ausbildung und Berufserfahrung erworbenen Fachkenntnisse vermögen hieran nichts zu ändern. Vielmehr hat der Kläger die nachfolgend dargestellten Entscheidungen auf der Grundlage der erworbenen Kenntnisse, jedoch unter jeweils einzelfallbezogener Anwendung seines Fachwissens zu treffen, ohne hierbei auf schematische Vorgaben oder Einzelvorgaben zurückgreifen zu können.

    (a) Dies betrifft zum einen die Fallgestaltung, dass bei der Zusammenstellung der Schmelze als Einsatzstoff größere Schrott-Teile Verwendung finden, welche nach Menge bzw. Gewicht nicht der für die erstrebte Legierung benötigten Menge entsprechen mit der Folge, dass das erforderliche Verhältnis der Einsatzstoffe nicht ohne weiteres, sondern nur mit zusätzlichen Maßnahmen zu erreichen ist. Als möglicher Eingriff kommt insoweit - wie die Parteien übereinstimmend vorgetragen haben - zum einen das "Erzen" in Betracht, wobei durch Zuführung von Sauerstoff die gewünschte Veränderung des Schmelzguts erreicht wird. Je nach den Umständen kann ein einmaliges oder mehrmaliges Erzen erforderlich sein. Als alternative Handlungsmöglichkeit besteht die Möglichkeit, zugekaufte Zusatzstoffe zum Einsatz zu bringen, um die gewünschte Legierung unter Einhaltung der Analysewerte herzustellen, womit freilich erhöhte Kosten verbunden sind. Die Notwendigkeit einer Entscheidung, auf welche Weise das gewünschte Arbeitsergebnis zu erzielen ist, wird damit durch den Umstand bestimmt, dass der Kläger bei der Zusammenstellung des Schmelzguts nicht auf "Zutaten" zugreifen kann, welche in bestimmter gleicher Qualität und Menge zur Verfügung stehen. Da aus Kostengründen zur Herstellung der Schmelze auf "Kreislaufmaterial" unterschiedlicher Art (Altwalzen, Späne, Schrott; vgl. die als Anlage zur Berufungsbegründung überreichte Darstellung des Klägers vom 23.03.2008, Bl. 118 d.A.) zurückgegriffen wird, welches gegebenenfalls nach Art und Menge mit den übrigen Einsatzstoffen und der benötigten Gesamtmenge nicht vollständig harmoniert, stehen verschiedene Handlungsalternativen zur Verfügung. Vergleicht man aus Gründen der Anschaulichkeit die Aufgabe des Klägers bei der Zusammenstellung der Schmelze mit der Tätigkeit eines Kochs, welcher ein Gericht mit bestimmten Eigenschaften herstellen soll, so macht es zweifellos einen entscheidenden Unterschied, ob die Zusammenstellung nach Rezept mit einer festgelegten Anzahl "reiner" Zutaten in bestimmter Menge erfolgt, so dass sich routinemäßig ein stets gleichbleibendes Arbeitsergebnis erzielen lässt oder ob das Gericht in Abhängigkeit veränderlicher Umstände herzustellen ist, welche eine entsprechende "Komposition", Abstimmung und korrigierende Eingriffe erfordern.

    (b) Entsprechende Überlegungen gelten für den Fall, dass sich bei der Überprüfung der Schmelze unerwartete Abweichungen von den zulässigen Vorgaben zeigen, so dass ein sogenannter Störfall vorliegt. Allein der Umstand, dass gegebenenfalls Rücksprache mit der Qualitätssicherung zu erfolgen hat, welche alsdann die Entscheidung trifft, ob die Abweichung als noch hinnehmbar erscheint, die Schmelze anderweit Verwendung finden oder verworfen werden soll, ist es jedenfalls zunächst Sache des Klägers, eine eigenständige Lösungsfindung zu entwickeln, wie dies in der Beschreibung und Bewertung der Arbeitsaufgaben ausdrücklich festgehalten ist. Entspricht die Schmelze nicht den Vorgaben, steht nicht etwa aufgrund schematischer Regeln fest, ob die Schmelze ganz oder zum Teil zu verwerfen und ggfls. mit dem verbleibenden Teil eine neue Schmelze aufzubauen ist. Vielmehr handelt es sich insoweit um eine von mehreren möglichen Formen der Störungsbewältigung. Anders als bei der Zusammensetzung des Schmelzguts aus zugekauften reinen Einsatzstoffen liegt es beim aus Kostengründen gebotenen Einsatz von Kreislaufmaterial durchaus nahe, dass eine exakte Erreichung der für die angestrebte Legierung vorgeschriebenen Analysewerte gewisser Eingriffe und Zugaben bedarf. Aufgrund seiner Fachkenntnisse ist der Schmelzmeister zwar in der Lage, zwischen verschiedenen Handlungsalternativen zur Störungsbeseitigung zu unterscheiden. Da eine schematische Vorgehensweise bei der Auswahl der erforderlichen Maßnahmen nicht in Betracht kommt, zeigt sich hier die Notwendigkeit situationsgerechter Einzelfallentscheidungen, mit welchen auf die individuell aufgetretenen Abweichung von den Zielvorgaben reagiert wird. Hierin liegt aber - bezogen auf die Arbeitsaufgabe der Sicherstellung des vorgegebenen Arbeitsergebnisses - die Anforderung, überwiegend ohne Vorgaben weitgehend selbständig für die Zielerfüllung zu sorgen. Dies entspricht jedenfalls für diese Teilaufgabe der Bewertungsstufe 4.

    Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Vorgabe des Qualitätshandbuchs, dass im Fall von Abweichungen zu den Sollvorgaben eine Sonderfreigabe der Schmelze erforderlich ist, welche durch die Gießereileitung oder den Leiter Schmelzbetrieb und der Qualitätsstelle durchgeführt wird. Gegenstand der Sonderfreigabe ist die Verwendung von Schmelzgut, welches die zulässige Schwankungsbreite der Sollvorgaben überschreitet, so dass die Zusammensetzung der Schmelze nicht der zu erzielenden Legierung entspricht. Hiervon zu unterscheiden sind diejenigen Eingriffe des Klägers in den Prozess der Herstellung der Schmelze mit dem Ziel, die vorgegebenen Werte zu erreichen und die Notwendigkeit einer Sonderfreigabe oder gar der Verwerfung der Schmelze zu vermeiden.

    (c) Das Vorliegen eines erweiterten Handlungs- und Entscheidungsspielraums in Bezug auf die vorstehend genannten Teilaufgaben und Einzeltätigkeiten kann auch nicht mit der Erwägung in Frage gestellt werden, gegebenenfalls habe der Kläger Entscheidungshilfen von der Abteilung Qualitätssicherung oder bei Vorgesetzten einzuholen. Unabhängig davon, inwieweit tatsächlich derartige Hilfestellungen durchgehend zur Verfügung stehen - Einzelheiten sind streitig -, umfasst die Aufgabenstellung des Klägers ausdrücklich das Erfordernis einer eigenständigen Lösungsfindung in Störsituationen. Dementsprechend würde der Kläger seiner Aufgabenstellung nicht gerecht, wenn er immer dann, wenn Abweichungen von einem routinemäßigen Schmelzvorgang anfallen, andernorts Entscheidungshilfe anfordern würde. Die Verantwortlichkeit des Klägers für das Arbeitsergebnis und der in diesem Zusammenhang zugewiesene Handlungs- und Entscheidungsspielraum wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Einzelfall zusätzlicher Rat einzuholen ist.

    (5) Geht man auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen davon aus, dass die vom Kläger zu erledigenden Teilaufgaben nicht sämtlich in Bezug auf das Anforderungsmerkmal des Handlungs- und Entscheidungsspielraums derselben Bewertungsstufe zuzuordnen sind, kommt es gemäß § 3 Ziff. 3 Unterabs. 3 ERA auf eine Gewichtung an, ob und wie weit die fragliche Tätigkeit die Arbeitsaufgabe "insgesamt prägt".

    (a) Der Begriff des "Prägens" ist in dem von den Tarifparteien gemeinsam herausgegebenen "ERA-Glossar" wie folgt definiert: Der Gepräge-Grundsatz bestimmt, dass die Arbeiten/Tätigkeiten nach ihrer Bedeutung gewichtet bei der Bewertung einer Arbeitsaufgabe berücksichtigt werden.

    (b) Berücksichtigt man die Tatsache, dass die dem Kläger als Schmelzmeister übertragene Tätigkeit insgesamt darauf gerichtet ist, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen gemeinsam mit den unterstellten Mitarbeitern die Einhaltung des Produktionsziels "Herstellung der für den Guss bestimmten Schmelzen mit den geforderten Qualitätseigenschafen" zu erreichen und für das Erreichen dieses Ziels die vom Kläger situationsbezogen zu treffenden Einzelentscheidungen maßgeblich sind, auf welche Weise das Produktionsergebnis unter den im Einzelnen nicht festgelegten und gegebenenfalls irregulären Umständen erreicht werden kann, so muss nach Überzeugung der Kammer bei der gebotenen Gewichtung der Teilaufgaben davon ausgegangen werden, dass die vorstehende Teilaufgabe der Schmelzebehandlung die Arbeitsaufgabe im Tarifsinne "insgesamt prägt". Zwar sind auch die übrigen Teilaufgaben des Klägers für einen sachgerechten und wirtschaftlichen Ablauf der Produktion von wesentlicher Bedeutung, weil etwaige Abweichungen von der sachgerechten Aufgabenerfüllung zu Ablaufstörungen und Verzögerungen des Produktionsprozesses mit entsprechenden wirtschaftlichen Folgen führen. Demgegenüber betrifft die hier angesprochene Teilaufgabe unmittelbar die Erreichung des Produktionsziels, indem bei von den Vorgaben abweichender Zusammensetzung der Schmelze diese nicht in der vorgesehenen Weise zu verwenden ist, sondern ggfls. allein durch zusätzliche, vom Kläger gelenkte Arbeitsschritte brauchbar zu machen ist und andernfalls die Verwerfung der Schmelze oder eine Verwendung allein aufgrund einer "Sonderfreigabe" in Betracht kommt.

    (c) Der Kennzeichnung der dargestellten Teilaufgabe als "prägend" steht auch nicht entgegen, dass nur ein begrenzter Teil der Arbeitszeit hierfür aufzuwenden ist. Die Tarifparteien haben bewusst davon abgesehen, bei der Frage der Eingruppierung entscheidend auf den Gesichtspunkt des zeitlichen Überwiegens abzustellen, vielmehr hat eine ganzheitliche Bewertung der Arbeitsaufgabe zu erfolgen, wobei für das hier maßgebliche Anforderungsmerkmal des Handlungs- und Entscheidungsspielraums maßgeblich ist, ob und inwieweit die Tätigkeiten die Arbeitsaufgaben insgesamt prägen. Die im vorliegenden Zusammenhang angesprochenen Entscheidungen des Klägers betreffen auch nicht etwa nur seltene und vom regulären Produktionsablauf getrennte Vorgänge, erst recht handelt es sich nicht um Teilaufgaben, hinsichtlich derer es am unmittelbaren arbeitsorganisatorischen Zusammenhang im Sinne des § 2 Ziff. 4 ERA fehlt. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass nicht in jedem Einzelfall oder möglicherweise nur vergleichsweise selten Entscheidungen des Klägers zu treffen sind, welche nicht routinemäßige Schmelzvorgänge betreffen, bleibt es doch dabei, dass die Aufgabenstellung des Klägers auch die Bewältigung solcher besonderer Situationen betrifft.

    (6) Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen ergibt sich damit eine Einstufung für das Anforderungsmerkmal Handlungs- und Entscheidungsspielraum in die Stufe 4 mit einer Anzahl von 30 Punkten.

    c) Die sich hieraus insgesamt zu errechnende Gesamtpunktzahl beträgt damit 136 mit der Folge, dass eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 13 zutreffend ist und der Kläger auf dieser Grundlage Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gemäß der genannten Entgeltgruppe zu beanspruchen hat.

    II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen, da sie unterlegen ist.

    III. Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 ArbGG zugelassen.

    Nachfolgeinstanz: Bundesarbeitsgericht - AZ: 4 AZR 915/11