· Fachbeitrag · Akteneinsicht im Strafverfahren
Verteidiger nicht wegen Strafvereitelung strafbar, nur weil er Akte verzögert zurückgibt
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster/Augsburg
| Gibt ein Strafverteidiger eine Akte, in die er eingesehen hat, nur verzögert zurück, erfüllt er hierdurch nicht ohne Weiteres den Tatbestand einer Strafvereitelung. Dies setzt vielmehr voraus, dass er die Akte bewusst zurückhält, damit der Beschuldigte ‒ zumindest zum Teil ‒ nicht bestraft werden kann ( KG 22.10.15, 2 ARs 22/15 ). Dennoch: Versuchen Sie, Akten pünktlich zurückzugeben bzw. verlängern Sie Rückgabefristen rechtzeitig! |
Sachverhalt
Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, gegen das BtMG verstoßen zu haben. Mit Verfügung vom 18.2.15 ordnete der Vorsitzende an, die Akte an den Strafverteidiger des Angeklagten zu übersenden, damit dieser sie einsehen konnte. Die Verfügung wurde erst ca. zwei Monate später ausgeführt. Laut Begleitschreiben sollte der Verteidiger die Akte bis Ende April 2015 an das Gericht zurücksenden, was er nicht machte. Obwohl der Verteidiger vielfach hierzu aufgefordert wurde, kam er dem nicht nach.
Daraufhin leitete die Staatsanwaltschaft Ende Juli 2015 gegen den Verteidiger ein Ermittlungsverfahren ein und zwar „wegen Urkundenunterdrückung/Strafvereitelung“. Da der Verteidiger während des gesamten Zeitraums seinen Kanzleisitz wiederholt verlegt hatte, wurden aufgrund richterlicher Anordnungen verschiedene Kanzleiräume durchsucht. Dabei fanden die Ermittler weder die Akte noch trafen sie den Verteidiger an. Dieser meldete sich aber drei Tage später bei dem zuständigen Kriminalbeamten und brachte die Akte absprachegemäß zu einer Polizeidienststelle. Die Akte gelangte im September 2015 über die Staatsanwaltschaft Berlin wieder zum AG. Die Staatsanwaltschaft beantragte, den Verteidiger gemäß § 138 Abs. 1 Nr. 3 StPO auszuschließen. Der Ausschließungsantrag war nicht erfolgreich. Das KG verneinte den dringenden Tatverdacht einer Strafvereitelung nach § 258 StGB.
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