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  • · Fachbeitrag · Anwaltliche Haftung

    Darlegungs- und Beweislast im Regressverfahren

    von RAin Katharina Müller, LL.M. oec, Köln

    In einem arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die die Kündigung bedingen. Geht es im Rahmen eines Regressverfahrens darum, festzustellen, ob eine anwaltliche Pflichtverletzung ursächlich für den beim Arbeitnehmer eingetretenen Schaden gewesen ist, muss der beklagte Anwalt darlegen und beweisen, dass die Kündigung wirksam war (OLG Düsseldorf 19.6.12, I 24U 215/11, Abruf-Nr. 132005).

     

    Sachverhalt

    Der Kläger war von seinem Arbeitgeber fristlos bzw. hilfsweise fristgerecht gekündigt worden. Im Zuge dessen wandte er sich an die beklagten Anwälte. Diese erhoben jedoch keine Kündigungsschutzklage, sondern ließen die dreiwöchige Klagefrist ablaufen, ohne den Kläger über die Konsequenzen aufzuklären. Dieser verklagte die Anwälte daher auf Schadenersatz wegen entgangenem Lohn sowie entgangener Abfindung. In dem Verfahren kam es maßgeblich darauf an, ob das Fehlverhalten der Anwälte ursächlich für den Schaden war. Diese Frage wäre zu verneinen gewesen, wenn die fristlose bzw. fristgerechte Kündigung sozial gerechtfertigt wäre. Denn in diesem Fall wäre ein etwaiges Fehlverhalten der beklagten Anwälte ohne Auswirkungen.

     

    Entscheidungsgründe

    Die Entscheidung des OLG Düsseldorf fußt auf der ständigen Rechtsprechung des BGH (13.6.96, IX ZR 233/95), wonach das Regressgericht prüfen muss, wie ein hypothetisches Ausgangsverfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre. Hierauf kommt es insbesondere an, wenn ‒ wie vorliegend ‒ ­infrage steht, ob die anwaltliche Pflichtverletzung kausal für den beim Arbeitnehmer entstandenen Schaden gewesen ist und sich diese Frage nur beantworten lässt, wenn das Ergebnis des Ausgangsverfahrens betrachtet wird.

     

    Schon nach Ansicht des BGH soll sich die Beweislast des Regressverfahrens nach der Beweislast im Ausgangsverfahren richten. Folglich hat das OLG die Beweislast den beklagten Anwälten auferlegt, die in einer Kündigungsschutzklage dem Arbeitgeber obliegt.

     

    Praxishinweis

    Das vorliegende Regressverfahren hätte sich ohne Weiteres vermeiden lassen, wenn die Beklagten ihrer Pflicht zur Rechtsberatung ordnungsgemäß nachgekommen wären. Das OLG Düsseldorf lässt in seinem Urteil keinen Zweifel daran, dass die Beklagten den Kläger über Fristablauf und dessen Folgen hätten aufklären müssen.

     

    Diese Rechtsprechung stellt Anwälte vor erhebliche praktische Schwierigkeiten. Denn die Hintergründe der Kündigung sind ihnen meist nicht bekannt. Schließlich vertraten sie zu keinem Zeitpunkt den kündigenden Arbeitgeber.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 22 | ID 39845540