· Fachbeitrag · Fehlervermeidung
Fristenmanagement an das Personal delegieren? Ja, aber ...
von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe B.A., Leipzig
| Die jüngere Rechtsprechung zur Fristenkontrolle verunsicherte viele Rechtsanwälte, da sie wiederholt die besonderen Kontroll- und Sorgfaltspflichten beim Umgang mit Fristen betonte. Darf die Fristenberechnung und -notierung eigenverantwortlich dem Personal überlassen werden? Der folgende Beitrag erhellt anhand einer wichtigen Entscheidung des BGH, dass eine Delegation der Fristenkontrolle durchaus zulässig ist. |
1. Fristenmanagement darf delegiert werden
Die Berechnung und Eintragung von Fristen in den Fristen- oder Kanzleikalender gehören zu den klassischen Aufgaben ausgebildeter Fachkräfte und darf diesen eigenverantwortlich übertragen werden. Der BGH hat die Voraussetzungen jüngst präzisiert. Danach kann der Rechtsanwalt die Bearbeitung gut ausgebildeten, zuverlässigen und überwachten Mitarbeitern übertragen. Eine geeignete Kanzleiorganisation muss sicherstellen, dass Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden (BGH 23.1.13, XII ZB 167/11, Abruf-Nr. 131843).
Der BGH weiter: Die Anforderungen an die Sorgfalt des Anwalts würden überspannt, wenn Fristabläufe oder -eintragungen stets auch selbst zu prüfen seien, wenn ihm die Sache ohne Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt wird bzw. ohne Hinweise darauf, dass die zur Fristwahrung getroffenen Maßnahmen scheitern könnten. Ist die Fristenkontrolle sorgfältig organisiert, darf sich der Rechtsanwalt auf diese verlassen. Er muss nicht jeden Fristablauf selbst prüfen.
Checkliste / BGH-Entscheidung in die Praxis umsetzen |
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Die folgende Musterformulierung dient als optionale Vorlage und kann an kanzleieigene Regelungen und Arbeitsabläufe angepasst werden oder diese ergänzen.
Musterformulierung / Fristen: Arbeitsanweisung an das Personal |
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MERKE | Fristversäumnisse können einen Wiedereinsetzungsantrag (§ 233 ZPO) notwendig machen. Der Erfolg solcher Anträge steht und fällt mit den Möglichkeiten des Gerichts, die Verschuldensfrage zu beurteilen. Dies setzt die genaue Darlegung des Anwalts voraus, über welche Qualifikation und Erfahrung sein Personal verfügt und welche Einzel- oder allgemeinen Anweisungen welchen Inhalts ihm zu dem Umgang mit Fristen erteilt wurden.
Detaillierte schriftliche Arbeitsanweisungen sowie Schulungen in der Kanzlei sollten daher stets in den Sachvortrag einfließen (Antragsbegründung Wiedereinsetzung). |
Weiterführender Hinweis
- In einer kommenden Ausgabe von „Anwalt und Kanzlei“ stellen wir Ihnen eine Musterformulierung für einen schlüssigen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) speziell für den Fall einer Fristversäumnis vor.