Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Prozessrecht

    Konkludenter Wiedereinsetzungsantrag, geht das?

    von RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

    | Ein Wiedereinsetzungsantrag muss nicht ausdrücklich gestellt werden. Er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein. Es reicht aus, wenn darin konkludent zum Ausdruck gebracht wird, das Verfahren fortsetzen zu wollen, obwohl die Rechtsmitteleinlegungs- oder Rechtsmittelbegründungsschrift verspätet eingereicht wurde, so der BGH in einem aktuellen Beschluss. |

     

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Der Beschluss ist in einem Teilungsversteigerungsverfahren ergangen. Dort hatte das OLG die Begründung einer Rechtsbeschwerde und einen späteren Wiedereinsetzungsantrag (als verspätet) zurückgewiesen.

     

    Der BGH hat das anders gesehen (12.6.19, XII ZB 432/18, Abruf-Nr. 210384). Er ist davon ausgegangen, dass bereits der ursprüngliche Beschwerdebegründungsschriftsatz einen konkludent gestellten Wiedereinsetzungsantrag enthalten hat. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH muss ein Wiedereinsetzungsantrag nämlich nicht ausdrücklich gestellt werden. Er kann auch stillschweigend in einem Schriftsatz enthalten sein (vgl. BGH NJW 11, 1601; 18, 1022). Hierzu reicht es, dass in diesem Schriftsatz konkludent zum Ausdruck gebracht wird, das Verfahren trotz verspäteter Einreichung der Rechtsmittel- oder Begründungsschrift fortsetzen zu wollen.

     

    Der Begründungsschriftsatz hat diese Voraussetzung erfüllt. Die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin hatte darin ausgeführt, ihre Mandantin sei aus gesundheitlichen Gründen gehindert gewesen, die Frist zu wahren. Ihr war also erkennbar bewusst, dass die Beschwerdebegründungsfrist bereits abgelaufen war. Gleichwohl erstrebte sie ‒ was der BGH aus der nachfolgenden Begründung der Beschwerde geschlossen hat ‒, dass das Verfahren fortgesetzt und als Ziel der angefochtene Beschluss aufgehoben wird.

     

    Relevanz für die Praxis

    Die Entscheidung ist in einem Zivilverfahren ergangen. Die Grundsätze sind m. E. aber auch im Straf- oder Bußgeldverfahren anwendbar.

     

    Der BGH setzt mit dieser Entscheidung seine zutreffende Rechtsprechung aus BGHZ 63, 389, 392 (= NJW 75, 928) zum konkludenten Wiedereinsetzungsantrag fort.

     

    Will man mit dem Vorbringen „Konkludenter Wiedereinsetzungsantrag“ Erfolg haben, müssen allerdings die Anforderungen des § 236 Abs. 2 ZPO oder des § 45 StPO erfüllt sein. Es müssen also alle Tatsachen, die für eine Wiedereinsetzung bedeutsam sein können, innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist vorgetragen worden sein. Sie können dann noch im Verfahren glaubhaft gemacht werden.

    Quelle: Ausgabe 09 / 2019 | Seite 152 | ID 46071760