· Fachbeitrag · Kostenrecht
Erfüllung nach Klageerhebung: Klage nicht voreilig zurücknehmen
von RiOLG Frank-Michael Goebel, Koblenz
Auf einen Ausgleich der Klageforderung nach Rechtshängigkeit muss mit einer Erklärung der Erledigung der Hauptsache und nicht mit einer Klagerücknahme reagiert werden, wenn eine positive Kostenentscheidung erstrebt wird (BGH 19.8.14, VI ZB 17/13, Abruf-Nr. 151590). |
Sachverhalt
Die Klägerin nahm den Beklagten mit am 18.1.13 zugestellter Klage auf Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall in Anspruch. Am 30.1.13 glich der Haftpflichtversicherer die Klageforderung aus. Die Klägerin nahm die Klage mit Kostenantrag zulasten des Beklagten zurück. Das AG legte aber ihr die Kosten auf, § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Hiergegen wendet sich die Klägerin erfolglos.
Entscheidungsgründe und Praxishinweis
Die Klägerin erstrebt eine Kostenentscheidung zulasten des Beklagten, weil in der Zahlung der Klageforderung ein Anerkenntnis liegt. Sie hat sich jedoch mit der Klagerücknahme nach Rechtshängigkeit prozessual falsch verhalten. Die Hauptsache hätte für erledigt erklärt werden müssen, um den Weg für eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO frei zu machen. Nach dem BGH scheidet auch die von der Klägerin erstrebte analoge Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO aus, wenn das erledigende Ereignis nach Rechtshängigkeit eingetreten ist. Denn in diesem Fall kann die klagende Partei durch eine Erledigungserklärung eine für sie günstige Kostenentscheidung erwirken (BGH NJW 04, 223). Die entgegenstehende Meinung (Bonifacio, MDR 02, 499; Schneider, JurBüro 02, 509) ist überholt. Dass eine ausdrückliche Klagerücknahme nicht als Erledigungserklärung ausgelegt oder in eine solche umgedeutet werden kann, ist ebenso höchstrichterlich geklärt (BGH NJW 07, 1460).
Wird die Klageforderung erfüllt, können sich verschiedene Konstellationen ergeben: War zum Zeitpunkt der Erfüllung der Klageauftrag unbedingt erteilt und eventuell die Klageschrift schon gefertigt und nur noch nicht eingereicht, ist die 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG) bereits entstanden. Mangels Prozessrechtsverhältnis muss der Kostenerstattungsanspruch mit den materiell-rechtlichen Schadenersatznormen (§§ 823, 280, 286 BGB) verfolgt werden. War die Klage bereits anhängig, aber noch nicht rechtshängig, kann sie zurückgenommen und ein Kostenantrag nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO gestellt werden. Ist nämlich der Klageanlass vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, gilt § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO, auch wenn die Klage nicht zugestellt wurde. Dabei indiziert die Erfüllung der Forderung die Berechtigung des Klageanspruchs. Wird die Klageforderung erst nach der Zustellung der Klageschrift erfüllt, darf die Klage nicht zurückgenommen werden, da dies zwingend die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO und die Kostenlast der Klägerin bewirkt. Für den Anwalt kann sich ein Haftungsfall ergeben, wenn es nicht gelingt, die gegen den Mandanten titulierten Kosten materiell-rechtlich vom Anspruchsgegner erstattet zu erlangen.