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  • · Nachricht · § 20 EStG

    Einkünfteerzielungsabsicht bei Kapitaleinkünften

    | Im Bereich der Kapitaleinkünfte ist das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht für jede einzelne Kapitalanlage zu prüfen. Das FG Münster hat nun entschieden, dass es an der erforderlichen Einkünfteerzielungsabsicht fehlt, wenn der Steuerpflichtige allein mit dem Ziel, Einkommensteuer zu sparen, aus einem Bondstripping und der nachfolgenden Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anleihemänteln an eine GmbH, an der er als Alleingesellschafter beteiligt ist, Verluste erzielt. |

     

    Sachverhalt

    Streitig war, welche steuerlichen Folgen aus einem im Streitjahr 2013 erfolgten Bondstripping und der nachfolgenden Veräußerung von im Privatvermögen gehaltenen Anleihemänteln an GmbHs, deren Alleingesellschafter der Steuerpflichtige ist, zu ziehen sind.

     

    Entscheidung

    Das FG entschied, dass der geltend gemachte Verlust aus der Veräußerung der Anleihemäntel nach dem Bondstripping steuerlich nicht anzuerkennen ist, weil der Steuerpflichtige ohne die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat.

     

    Auch bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gilt das Erfordernis der Einkünfteerzielungsabsicht. Die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht muss unter Berücksichtigung einkunftsartspezifischer Besonderheiten hinsichtlich der Einkünfteermittlung erfolgen. Im Bereich der Kapitaleinkünfte greift grundsätzlich eine (widerlegbare) tatsächliche Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht. Denn anders als vor Einführung der Abgeltungsteuer als Schedule soll § 20 EStG zum einen umfassend alle Kapitalanlagen einschließlich realisierter Wertsteigerungen umfassen. Zum anderen enthält § 20 Abs. 9 EStG ein Werbungskostenabzugsverbot und § 20 Abs. 6 EStG eine Verlustabzugsbeschränkung. Zum dritten sind Kapitalerträge häufig von Währungspolitik und Aktienkurs abhängig.

     

    Unter den Umständen des Streitfalls galt die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht jedoch nicht, denn die geltend gemachten Verluste aus der Veräußerung der Anleihemäntel unterlagen nicht dem Abgeltungsteuerregime. Gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Satz 1 EStG gilt der gesonderte Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG nicht, wenn Kapitalerträge nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist.

     

    Bei den Einkünften aus der Veräußerung der Anleihemäntel handelt es sich um Einkünfte nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG. Danach gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen auch der Gewinn aus der Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen jeder Art im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG umfasst sonstige Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Im Anleihemantel ist der Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Bund verkörpert, sodass der Verkauf eine Veräußerung von sonstigen Kapitalforderungen darstellt.

     

    Der Steuerpflichtige ist zu 100 % an der GmbH beteiligt, die den Verkaufspreis gezahlt hatte. Zugleich finden damit nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 EStG auch die Vorschriften des § 20 Abs. 6 und 9 EStG keine Anwendung.

     

    Im Streitfall hat das FG die Einkünfteerzielungsabsicht verneint. Im Bereich der Kapitaleinkünfte ist in gegenständlicher Hinsicht das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht getrennt für jede einzelne Kapitalanlage zu prüfen. In zeitlicher Hinsicht ist das Gesamtergebnis des Zeitraums der voraussichtlichen Vermögensnutzung maßgeblich.

     

    In zeitlicher Hinsicht war die Einnahmenprognose jeweils für die Zeit ab dem Kauf der Bundesanleihen bis zum Verkauf des (nach dem Verkauf der Zinsscheine erfolgten) Anleihemantels vorzunehmen. Denn in diesem zeitlichen Rahmen hatte sich die zeitliche Planung des Steuerpflichtigen realisiert: Er hatte zunächst die Bundesanleihen gekauft und diese in Kapital- und Zinsscheine aufteilen lassen. Nach Eingang der aufgeteilten Kapital- und Zinsscheine hatte er die Bank mit dem Verkauf der Zinsscheine beauftragt und nach deren Verkauf einen Darlehensvertrag mit der GmbH abgeschlossen. Anschließend hatte er einen Kaufvertrag über den Anleihemantel mit der GmbH abgeschlossen. Zwischen den Einzelschritten lagen höchstens ein bis zwei Tage. Dies zeigt, dass der Steuerpflichtige die Einzelschritte ohne Verzögerungen vornehmen wollte, weshalb der Prognose keine längere Haltedauer (mit entsprechenden Chancen auf Kurssteigerungen) zugrunde zu legen ist.

     

    Nach Auffassung des FG erfordert die Feststellung der Einkünfteerzielungsabsicht im Streitfall, dass eine Überschusserzielung wahrscheinlich ist. Der Steuerpflichtige beabsichtigte im Streitfall jedoch vor allem, Einkommensteuerersparnisse zu erzielen, denn ohne die in Aussicht gestellten Steuervorteile hätte er die Transaktion nicht durchgeführt. Dies ergibt sich aus einer Gesamtbetrachtung des tatsächlichen Geschehensablaufs.

     

    Der Steuerpflichtige hatte auch nicht beabsichtigt, gängige wirtschaftliche Möglichkeiten, die sich aus dem Stripping ergeben, zu nutzen. Wirtschaftliche Gründe für das Bondstripping sind zum einen die Möglichkeit, künftige Zinszahlungsströme unabhängig von den Zinszahlungszeitpunkten der Anleihe realisieren zu können sowie die Ausnutzung von Arbitragegewinnen, wenn Unterschiedsbeträge zwischen dem Kurs der Anleihe „cum“ und der Summe der Kurse der Strips bestehen. Der Steuerpflichtige hatte jedoch keine Liquiditätsflexibilisierung beabsichtigt und das Stripping auch nicht durch unterschiedliche Realisierungszeitpunkte für solche Zwecke genutzt. Er hatte auch nicht behauptet, auf Arbitragegewinne abgezielt zu haben.

     

    Dass er negative Einnahmen erzielen würde, entspricht auch der Prognose, die jeweils mit Blick auf den Beginn der Ausführung der Geschäfte, also den Zeitpunkt des Kaufs der Bundesanleihen am 25.11.2013 und am 11.12.2013, aufzustellen ist. Der Steuerpflichtige konnte nach den Erfahrungswerten der Vergangenheit nicht davon ausgehen, dass er einen Überschuss erzielen würde. Erst recht war ein Überschuss nicht wahrscheinlich.

     

    Das FG hat bei seiner Prognoserechnung allein die Kursänderungen der Anleihemäntel berücksichtigt, weil der Steuerpflichtige aus etwaigen Kursänderungen der Zinsscheine und durch Kursänderungen der Bund Futures keine Vorteile zu ziehen beabsichtigte; vielmehr sollten Gewinne und Verluste aus der Veräußerung der Zinsscheine durch den gegenläufigen Verkauf von Bund Futures weitestgehend neutralisiert werden.

     

    Beachten Sie | Das FG hat die Revision zugelassen, weil die Maßstäbe für die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht für Fälle wie den Streitfall nicht hinreichend geklärt sind. Außerdem wird die Frage, ob die Anschaffungskosten nach einem Bondstripping auch den Zinsscheinen zuzuordnen sind, in der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet (FG Düsseldorf 17.12.18, 2 K 3874/15 F, EFG 2019, 505 u. FG Düsseldorf 29.3.19, 1 K 2163/16 E,F, juris).

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 46216830

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