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  • · Fachbeitrag · § 23 EStG

    Berücksichtigung einer gesellschaftsinternen Überschussverteilungsabrede

    Die festgestellte Verwirklichung des Tatbestands eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 4 EStG auf der Ebene eines am Gesamthandsvermögen Beteiligten kann aufgrund der durch eine ertragsteuerlich zu beachtende Gewinn- bzw. Überschussverteilungsabsprache erfolgten Zuordnung von Nutzen und Lasten sowie von Veräußerungserlösen zur Einkunftssphäre eines anderen Beteiligten überlagert werden.

     

    Hintergrund

    Nach § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG gelten auch die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Die auf der Grundlage des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG für den Fall des Ein- oder Austritts aus einer Personengesellschaft geltende Bruchteilsbetrachtung betrifft die Frage, ob der Gesellschafter mit seinem Ein- oder Austritt aus der Gesellschaft innerhalb der Fristen des § 23 Abs. 1 EStG den Einkünftetatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht. Danach verwirklicht den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts auch, wer sich innerhalb der Haltefrist an einer Grundstücke besitzenden Personengesellschaft beteiligt und seine Beteiligung veräußert.

     

    Dabei entsteht im Falle des § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG ein Veräußerungsgewinn oder -verlust allein auf der Ebene des Gesellschafters. Im Hinblick auf das Ziel des § 23 EStG, den individuellen Vermögenszuwachs oder -verlust des Gesellschafters und damit dessen steuerliche Leistungsfähigkeit zu erfassen, sind im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG deshalb für jeden einzelnen Beteiligten seine individuellen aufgewandten Anschaffungskosten und sein konkret erzielter, individueller Veräußerungserlös für die in der Beteiligung enthaltenen Immobilien zu ermitteln.

     

    Nach § 23 Abs. 1 Satz 4 EStG können die Teilakte eines privaten Veräußerungsgeschäftes „Anschaffung“ und („Veräußerung“) in materiell-rechtlicher Hinsicht auch durch den Erwerb eines Gesellschaftsanteils verwirklicht werden. Denn nach der genannten Regelung gilt die Anschaffung oder Veräußerung einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einer Personengesellschaft als Anschaffung oder Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter. Darüber hinaus kann eine ‒ von einer Personengesellschaft vorgenommene ‒ entgeltliche Übertragung einer Immobilie aus dem Gesamthandsvermögen auf einen Dritten dem Gesellschafter nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig als Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.

     

    Sachverhalt

    Im Streitfall hat der Steuerpflichtige in 2004 durch den Erwerb eines Gesellschaftsanteils an einer Erbengemeinschaft Anteile an den im Gesamthandsvermögen der GbR befindlichen Wohnungseigentumseinheiten Nr. 1, 8 ‒ 11 erworben. Mit der Veräußerung der Wohnungen Nr. 8 und 10 im Jahre 2009 durch die GbR war es auf der Ebene des Steuerpflichtigen innerhalb der Haltefrist von zehn Jahren zu einem Veräußerungstatbestand hinsichtlich dieser beiden Objekte gekommen, da ihm im Umfang seiner prozentualen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und damit auch an jeder einzelnen Wohnungseigentumseinheit die Veräußerung der beiden Eigentumswohnungen Nr. 8 und 10 durch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO anteilig als Veräußerungsgeschäft i. S. v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen war.

     

    Im Streitfall wurde jedoch die festgestellte Verwirklichung des Tatbestands eines privaten Veräußerungsgeschäfts auf der Ebene des Steuerpflichtigen durch die Zuordnung von Nutzen und Lasten sowie des Veräußerungserlöses u. a. der Wohnungen Nr. 8 und 10 zur Einkunftssphäre eines anderen Beteiligten überlagert. Bei dieser Zuordnung handelt es sich um eine ertragsteuerlich zu beachtende Gewinn- bzw. Überschussverteilungsabsprache, die sowohl die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dieser Wohnungen als auch die Erlöse aus deren Verkauf alleine der diesem Gesellschafter wirksam zuweist. Denn für die Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Mietobjektes ist. Entscheidend ist vielmehr, wer die maßgebliche wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über das Mietobjekt hat und damit die Vermietertätigkeit wirtschaftlich ausübt, sodass auch ein ohne Einverständnis des Eigentümers handelnder Nichtberechtigter ‒ etwa im Rahmen eines nicht gestatteten Untermietverhältnisses ‒ Vermietungseinkünfte erzielen kann. Die Frage des rechtlichen oder wirtschaftlichen Eigentums ist hingegen für die Zurechnung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie von Absetzungen für Abnutzung und sonstiger Werbungskosten von Bedeutung.

     

    Denn bei Personengesellschaften ist für die anteilige Gewinnzurechnung nicht das Verhältnis der Kapitalanteile, sondern der frei vereinbarte und durchgeführte Gewinnverteilungsschlüssel maßgebend. Erfüllen somit mehrere Steuerpflichtige den Handlungstatbestand einer Einkunftsart in gemeinschaftlicher Zweckverbundenheit, sind ihnen die Einkünfte anteilig zuzurechnen, und zwar grundsätzlich nach dem Umfang ihres jeweiligen Erfolgsbeitrags. Maßgeblich ist bei Personengesellschaften der vertragliche oder ‒ soweit es einen solchen nicht gibt ‒ der gesetzliche Gewinnverteilungsschlüssel.

     

    Der handelsrechtliche Gewinnverteilungsschlüssel steht allerdings unter dem Vorbehalt besonderer einkommensteuerrechtlicher Bestimmungen. Insoweit sind bestimmte Fallgruppen anerkannt, die steuerlich zu Abweichungen von dem vereinbarten Gewinn- und Verteilungsschlüssel führen.

     

    Entscheidung

    Im Streitfall waren dem Steuerpflichtigen trotz der tatbestandsmäßigen Verwirklichung eines privaten Veräußerungsgeschäftes keine diesbezüglichen Einkünfte zuzurechnen, da dieser aufgrund der gesellschaftsinternen Überschussverteilungsabrede, gegen die keine durchgreifenden ertragsteuerlichen Bedenken bestanden, weder an den Vermietungseinkünften noch an einem Veräußerungserlös hinsichtlich der Wohnungseinheiten Nr. 8 und 10 beteiligt gewesen ist.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 47621737