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  • · Nachricht · Einkommensteuer

    BFH: Veräußerung einer ausschließlich privat genutzten Zweitwohnung ist steuerfrei!

    von Dr. Stephan Peters, Münster

    | Auch die Veräußerung einer ausschließlich privat als Ferienwohnung genutzten Zweitwohnung ist steuerfrei, sofern keine Vermietung an Dritte erfolgt und die Wohnung dem Steuerpflichtigen auch als Wohnung, in den Zeiten des Aufenthalts an einem anderen Ort, tatsächlich zur Verfügung steht. Auf den konkreten Aufenthaltsort komme es im Rahmen der Prüfung, ob ein privates Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vorliegt, nicht an. |

     

    Sachverhalt

    Das beklagte FA war der Ansicht, dass der Gewinn aus der Veräußerung einer als Zweitwohnung genutzten Immobilie als privates Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG steuerpflichtig sei.

     

    Die Klägerin und ihr Bruder erwarben 1998 von ihrem Vater ein bebautes Grundstück zu jeweils hälftigem Miteigentum und vermieteten die Immobilie an ihren Vater. Nach Ablauf des Mietverhältnisses wurde die Wohnung zunächst von der Klägerin und deren Bruder und nach Übernahme des dem Bruder zustehenden hälftigen Miteigentumsanteils durch die Klägerin, ab Juni 2006 ausschließlich von der Klägerin selbst genutzt.

     

    Im September 2006 verkaufte die Klägerin das Grundstück samt Immobilie sodann. Das beklagte FA behandelte den entstandenen Veräußerungsgewinn als steuerbaren Gewinn im Sinne des § 22 Nr. 2 EStG i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG. Weil Einspruch und Klage erfolglos verliefen, verfolgte die Klägerin ihr Begehren nunmehr im Wege der Revision.

     

    Entscheidung

    Mit Erfolg! Die Veräußerung ist nicht als privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig, so die Richter beim BFH. Entgegen der Ansicht des FA wurde die Wohnung von der Klägerin „zu eigenen Wohnzwecken“ genutzt. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt die Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet und vom Steuerpflichtigen auch bewohnt wird. Eine Mitbewohnung durch Familienangehörige ist unschädlich (BFH 23.7.97, X R 134/94). Dass die Wohnung vorliegend nur zeitweilig von der Klägerin bewohnt wurde, betrachteten die Richter als unschädlich. Voraussetzung sei lediglich, dass die Wohnung der Klägerin in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG setze nicht voraus, dass die Immobilie als Hauptwohnung genutzt wird oder der Ort der Immobilie den Schwerpunkt der persönlichen und familiären Lebensverhältnisse bildet. Der konkrete Aufenthaltsort ist nicht relevant. Zweitwohnung, die im Rahmen der doppelten Haushaltsführung genutzt werden, können demnach auch „zu eigenen Wohnzwecken“ im Sinne der Norm genutzt werden.

     

    Ausgeschlossen ist die Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ indes, wenn die Wohnung zumindest zeitweilige als Ferienwohnung vermietet wird. Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber Zweitwohnung und zur Eigennutzung bestimmte Ferienwohnungen ausnehmen wollte, seien nicht ersichtlich.

     

    Weil die Klägerin die Immobilie mit dem Erwerb des hälftigen Miteigentumanteils in einem zusammenhängenden Zeitraum zunächst zu eigenen Wohnzwecken (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 2. Alt. EStG) und mit der Übernahme des weiteren Miteigentumsanteils von ihrem Bruder zwischen der Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 2. Alt. EStG) genutzt hat, lag kein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG vor.

     

    Anmerkungen

    Bei Betrachtung des geltenden BMF Schreibens (BStBl I 00, 1383; BStBl I 07, 262), des Sachverhalts, der daraus resultierenden Rechtsfrage, ob ein steuerbares privates Veräußerungsgeschäft vorliegt, verwundert es, dass diese Frage durch den BFH geklärt werden musste. Ausweislich des geltenden BMF-Schreibens haben sich die obersten Finanzbehörden der Länder nämlich ausdrücklich darauf verständigt, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vorliegt, wenn es sich bei der Wohnung um eine „nicht zur Vermietung bestimmte Ferienwohnung“ handelt, wobei es „auf die Belegenheit der Wohnung in einem Sondergebiet für Ferien- oder Wochenendhäuser […] nicht“ ankommen solle. Soweit das FA im Rahmen der Revision ausführt, dass Zweitwohnungen, die lediglich für Erholungszwecke genutzt werden, nicht erfasst seien, wirft diese Argumentation unter Berücksichtigung des BMF-Schreibens zumindest Fragen auf. Mit seiner nunmehr veröffentlichten Entscheidung hat der BFH die ggf. insoweit noch bestehenden Zweifelsfragen jedenfalls klar zu Gunsten der Besitzer von eigengenutzten Ferien- und Zweitwohnungen gelöst. Weiterhin problematisch und für die Anwendung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG schädlich ist hingegen die auch nur kurzfristige Vermietung der Wohnung an Dritte. Eine unentgeltliche Überlassung von Teilbereichen der Wohnung an Dritte dürfte auch weiterhin unschädlich sein, wenn die dem Steuerpflichtigen verbleibenden Räume isoliert betrachtet den Wohnungsbegriff erfüllen. Jedenfalls ist der Ort des Hauptwohnsitzes für die Anwendung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nicht ausschlaggebend.

     

    Neben der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bedarf es aber auch weiterhin der vom Gesetzgeber geforderten zeitlichen Nutzungsdauer.

     

     § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 1. Alt. EStG
     § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 2. Alt. EStG

    Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre

    Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 10 Jahre

    zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung (Zeitpunkt der Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums maßgeblich! BMF-Schreiben a.a.O., Rn. 25)

    Im Jahr der Veräußerung und in den beiden (vollen) vorangegangenen Jahren

    ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt

    zu eigenen Wohnzwecken genutzt

     

    Erfolgt die Übertragung des Grundstücks im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge unentgeltlich, wird die Nutzung des Wirtschaftsguts durch den Rechtsvorgänger dem Rechtsnachfolger zugerechnet (BMF-Schreiben a.a.O., Rn. 25).

     

    FAZIT | Mit seiner Entscheidung hat der BFH die Voraussetzungen für die Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 EStG bei der Veräußerung eigengenutzter Ferien- und Zweitwohnungen klar definiert. Soweit in einer zu offenen Auslegung der Norm „bedenkliche Schlupflöcher“ (vgl. Risthaus, DB Beil. 13/00, 25) gesehen wurden, ist die Entscheidung des BFH dergestalt zu versehen, dass entsprechende Gestaltungsoptionen mit dem Gesetz vereinbar sind.

     

    Fundstelle

    Hinweis | Dieser Beitrag wurde vom Autor nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst, sondern gibt ausschließlich die persönliche Auffassung des Autors wieder.

    Quelle: ID 44988375