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  • 04.10.2022 · IWW-Abrufnummer 231599

    Finanzgericht Baden-Württemberg: Beschluss vom 08.02.2022 – 12 V 2329/20

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Baden-Württemberg

    Beschluss vom 08.02.2022


    In dem Finanzrechtsstreit
    X GmbH
    vertreten durch ihren Geschäftsführer Herrn CC
    - Antragstellerin -
    gegen
    Finanzamt
    - Antragsgegner -

    wegen Aussetzung der Vollziehung Umsatzsteuer 2015
    hat der 12. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg durch
    Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
    Richterin am Finanzgericht
    Richter am Finanzgericht

    am 8. Februar 2022 beschlossen:

    Tenor:

    1. Der Antrag wird abgelehnt.
    2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
    3. Die Beschwerde wird nicht zugelassen.

    Gründe

    I.

    Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerfestsetzung für 2015.

    Die Antragstellerin, eine GmbH zunächst mit Sitz in A und ab XX.XX. 2016 in B, war im Streitjahr 2015 unter der Firma AA GmbH auf dem Gebiet der [...] unternehmerisch tätig. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Antragstellerin war im Streitjahr CC. Im Jahr 2017 erwarb die Ehefrau des Geschäftsführers Frau BC im Rahmen einer Kapitalerhöhung einen Anteil in Höhe von 18,75 v.H. Zudem wurde die Antragstellerin in DD GmbH umbenannt. Geschäftsführer der Antragstellerin ist Herr CC. Frau BC ist bei der Antragstellerin geringfügig beschäftigt.

    Frau BC ist Eigentümerin des mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstücks ...str. X in B. Im Streitjahr 2015 vermietete sie an die Antragstellerin folgende Teile der Wohnung:

    "das Arbeitszimmer im Norden des 1. Stocks,

    die beiden Garagenstellplätze."

    Laut Mietvertrag waren für die Antragstellerin "mit benutzbar":

    "die sanitären Einrichtungen,

    die Mülltonnen,

    die Küche im Erdgeschoss für Obst- und Getränkezubereitung für die Mitarbeiter der GmbH".

    Der Mietzins betrug XXX Euro. Umsatzsteuer wurde nicht berechnet. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 10. Januar 2013 Bezug genommen. Im Jahr 2015 wurden umfangreiche Sanierungsarbeiten an dem Gebäude vorgenommen. So wurde eine Lüftungsanlage, Rollläden und Dachfenster eingebaut. Zudem wurde das Gebäude mit umfangreicher Haustechnik ausgerüstet (Elektroinstallationen inklusive Photovoltaikanlage). Als Auftraggeber trat die Antragstellerin auf. Diese beglich auch die Rechnungen. Eine Abrechnung der Antragstellerin gegenüber der Eigentümerin oder dem Geschäftsführer erfolgte nach Aktenlage nicht. Gegenüber dem damals zuständigen Finanzamt A trug die Antragstellerin vor, es handele sich um ein Prototypenhaus, das von der Ehefrau des Geschäftsführers zwar privat genutzt werde, aber in erster Linie Demonstrationszwecken gegenüber potentiellen Kunden diene. Seit 2016 wird das Gebäude vom Geschäftsführer und dessen Ehefrau zu Wohnzwecken genutzt.

    Am 29. November 2016 reichte die Antragstellerin eine Umsatzsteuerjahreserklärung für 2015 ein und meldete - unter Berücksichtigung der bereits im Jahr 2009 gemäß § 20 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gestatteten Berechnung nach vereinnahmten Entgelten - Umsatzsteuer in Höhe von ./. X.XXX,XX Euro an. Dabei legte sie Umsätze in Höhe XXX.XXX Euro und Vorsteuerbeträge in Höhe von XX.XXX,XX Euro zugrunde. Am 26. April 2017 ging beim Antragsgegner eine weitere Umsatzsteuerjahreserklärung für 2015 ein. Unter Berücksichtigung von regelbesteuerten Umsätzen in Höhe von XXX.XXX Euro und Vorsteuerbeträgen in Höhe von XX.XXX,XX Euro meldete die Antragstellerin nunmehr Umsatzsteuer in Höhe von ./. X.XXX,XX Euro an. Dem stimmte der Antragsgegner zunächst zu.

    Im Jahr 2018 fand bei der Antragstellerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung u.a. für das Streitjahr statt. Dabei gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die geltend gemachten Vorsteuerbeträge in Höhe von XX.XXX,XX Euro zu streichen seien. Hierbei handelte es sich um Vorsteuern aus Rechnungen für Einbauten im Gebäude der Ehefrau des Geschäftsführers der Antragstellerin (Lüftung, Rollläden, Elektroinstallation, Einbau Netzwerk, Einbau Module). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 26. Juni 2018 Bezug genommen.

    Noch während der Prüfung reichte die Antragstellerin am 18. März 2018 eine weitere Umsatzsteuererklärung für 2015 ein, in der sie Umsatzsteuer in Höhe von ./. X.XXX,XX Euro anmeldete. Dabei berücksichtigte sie regelbesteuerte Umsätze in Höhe von XX.XXX Euro, unentgeltliche Wertabgaben in Höhe von X.XXX Euro für die private Kfz-Nutzung und Vorsteuerbeträge in Höhe von XX.XXX,XX Euro. Dem stimmte der Antragsgegner nicht zu sondern erließ am 23. Juli 2018 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2015. Darin setzte der Antragsgegner unter Berücksichtigung der erklärten Umsätze in Höhe von XX.XXX Euro, unentgeltlichen Wertabgaben in Höhe von X.XXX Euro und Vorsteuerbeträgen in Höhe von XX.XXX,XX Euro Umsatzsteuer für 2015 in Höhe von X.XXX,XX Euro fest.

    Hiergegen wandte sich die Antragstellerin vertreten durch ihren Geschäftsführer mit Einspruch vom 27. Juli 2018.

    Am 9. Juli 2020 erhob die Antragstellerin Klage und begehrte die vollständige Aufhebung des Bescheids vom 23. Juli 2018. Über die Klage ist bisher noch nicht entschieden worden.

    Mit Einspruchsentscheidung vom 14. August 2020 setzte der Antragsgegner die Umsatzsteuer für 2015 auf X.XXX,XX Euro herauf. Im Rahmen der Gesamtfallbearbeitung stellte er fest, dass folgende Vorsteuerbeträge geltend gemacht worden sind:

    Elektroinstallation, Pläne und Material    X.XXX,XX Euro,
    Lüftungsanlage und Zubehör    X.XXX,XX Euro
    Steuerungselemente    X.XXX,XX Euro
    Dachfenster    XXX,XX Euro
    sonstige Arbeiten Fa.    S X.XXX,XX Euro,
    Rollläden    X.XXX,XX Euro,
    Netzwerk    XXX,XX Euro,
    Baumaterial    XX,XX Euro,
    Türsprechanlage    XX,XX Euro,
    Zählertausch    XX,XX Euro,
    Massagen    XX,XX Euro,
    Stützstrümpfe    XX,XX Euro,
    Geschenkgutschein    XX,XX Euro,
    Operettenkarten    XX,XX Euro,
    Dampfreiniger    XX,XX Euro,
    Bewerbungsfotos    XX,XX Euro,
    EyeTVNetstram    XX,XX Euro,
    Ölstandmessgerät    XX,XX Euro,
    LED-Netzteile    XXX,XX Euro,
    Vorwerk Reinigungsgerät    XXX,XX Euro,
    Getränke 19%    XXX,XX Euro,
    Getränke 7%    XX,XX Euro,
    Obst / Gebäck / Süßigkeiten    XX,XX Euro,
    Strom    XXX,XX Euro sowie
    Handy/ Router / Computer / Software    XXX,XX Euro.

    Der Antragsgegner erhöhte nach entsprechender Anhörung die Bemessungsgrundlage der unentgeltlichen Wertabgabe auf X.XXX Euro und lies nunmehr Vorsteuerbeträge in Höhe von XX.XXX,XX Euro nicht zum Abzug zu. Hierbei schätzte der Antragsgegner unentgeltliche Wertabgaben für die private Nutzung der unternehmerischen Telekommunikationsgeräte und Computer wie Software in Höhe von XXX Euro und für das dem Unternehmen zugeordnete Vorwerkreinigungsgerät in Höhe von XX Euro. Bezogen auf die Aufwendungen für Sanierung des Gebäudes berücksichtigte er im Schätzungswege einen Anteil der Vorsteuer aus dem Erwerb der Photovoltaikanlage in Höhe von XXX Euro und der Errichtung des Netzwerks in Höhe von XXX Euro, aus der Elektroinstallation in Höhe von XXX Euro sowie hinsichtlich der Steuerungselemente in Höhe von XXX,XX Euro. Darüber hinaus erkannte der Antragsgegner einen Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Firma S bezüglich Aufwendungen in Höhe von X.XXX Euro an. Auch im Hinblick auf die elektrisch betriebenen Rollläden erkannte er einen anteiligen Vorsteuerabzug in Höhe von XXX Euro an. Hinsichtlich des Erwerbs von Stützstrümpfen, nicht therapeutische Massagen, LED-Netzteilen, Operettenkarten, einem Dampfreiniger, einem Ölstandmessgerät, Bewerbungsfotos und EyeTVNetstream ließ er den Vorsteuerabzug nicht zu, da eine Nutzung für das Unternehmen nicht ersichtlich sei. Darüber hinaus schätze er Telefondienstleistungen, die dem nichtunternehmerischen Bereich zuzuordnen sind, in Höhe von netto XXX Euro und kürzte den Vorsteuerabzug insoweit um XX,XX Euro. Ebenfalls im Schätzungswege berücksichtigte er die private Nutzung an den Geschäftsführer und dessen Ehefrau gelieferten Stroms in Höhe von XXX Euro und kürzte die Vorsteuern um weitere XX Euro. Die Vorsteuern, die den Erwerb von Getränken, Obst und Lebensmittel betreffen, teilte der Antragsgegner im Schätzungswege auf und erkannte lediglich einen Vorsteuerbetrag in Höhe von XX Euro an. Den Vorsteuerabzug für den Erwerb des Geschenkgutscheins über XXX Euro lehnte der Antragsgegner mit Verweis auf § 4 Abs. 5 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 15 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ab. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

    Am 23. August 2020 wandte sich die Antragstellerin an das Gericht und teilte mit, dass sie eine Änderung der Klage begehre. Gegenstand der Klage sei nunmehr allein die Rechtswidrigkeit des Finanzamtsverfahrens, dessen letztes Produkt der Einspruchs- und Umsatzsteuerbescheid vom 14. August 2020 sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.

    Am 20. August 2020 stellte die Antragstellerin beim Antragsgegner einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2015. Mit Schriftsatz vom 7. September 2020 wandte sich die Antragstellerin sodann an das Gericht und begehrte ebenfalls die Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2015. Diesen Antrag nahm die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22. September 2020 zurück.

    Nachdem der Antragsgegner den behördlichen Aussetzungsantrag mit Bescheid vom 16. September 2020 abgelehnt hat, wandte sich die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22. September 2020 erneut an das Gericht und begehrt die Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2015.

    Wegen einer ungenügenden Würdigung der Beweismittel durch den Antragsgegner, die die Antragstellerin im Einspruchsverfahren eingereicht habe, ergäben sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts. Der Antragsgegner kenne weder die Einspruchsinhalte noch den Großteil der im Einspruchsverfahren vorgelegten Beweismittel. Der Antragsgegner habe objektiv nicht nach Aktenlage entschieden. Der Antragsgegner lasse "keine Gelegenheit aus, Verwirrung zu stiften, statt Aufklärung zu leisten". Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 31. Oktober 2020 Bezug genommen.

    Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

    die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheides für 2015 vom 23. Juli 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2020 auszusetzen.

    Der Antragsgegner beantragt,

    den Antrag abzuweisen.

    Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Umsatzsteuerbescheides bestünden nicht.

    II.

    Der Antrag hat keinen Erfolg.

    1. Eine Aussetzung der Vollziehung gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll gewährt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides anhand des heranziehbaren aktenkundigen Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Aussetzungsverfahren neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. März 2012 I B 111/11, Deutsches Steuerrecht - DStR - 2012, 955, und vom 19. März 2014 V B 14/14, DStR 2014, 793).

    Bei der summarischen Prüfung wird nur aufgrund des vorliegenden, glaubhaft gemachten Prozessstoffes entschieden. Zwar gilt auch im Aussetzungsverfahren der Grundsatz, dass der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen ist (§ 76 Abs.1 FGO). Der Grundsatz gilt jedoch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um ein summarisches Verfahren handelt und die Beweisaufnahme sich auf präsente Beweismittel beschränkt (BFH-Urteil vom 4. Mai 1977 I R 162-163/76, Bundessteuerblatt - BStBl. - II 1977, 765). Zu weiteren Sachverhaltsermittlungen ist das Finanzgericht nicht verpflichtet (BFH-Beschluss vom 6. Oktober 1993 VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311). Nicht präsente Beweismittel sind nach § 155 FGO i.V.m. § 294 Zivilprozessordnung (ZPO) ausgeschlossen (BFH-Beschluss vom 23. Juli 1968 II B 17/68, BStBl. II 1968, 589).

    2. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze hat die Antragstellerin nicht dargetan, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheides für 2015 bestehen.

    a) Soweit die Antragstellerin vorträgt, Gegenstand der Klage und damit der Überprüfung des Umsatzsteuerbescheides für 2015 sei nunmehr allein die Rechtswidrigkeit des Finanzamtsverfahrens, begründet dies keine die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigende Zweifel. Die Antragstellerin rügt damit allein die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Gemäß § 127 der Abgabenordnung (AO) kann jedoch die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nichtig ist, nicht allein wegen Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, verlangt werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.

    In § 127 AO kommt der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, Verfahrensmängeln im Verwaltungsverfahren ein geringeres Gewicht als sachlich-rechtlichen Mängeln beizulegen und rechtlich gebundene Verwaltungsakte - wie im Streitfall der Umsatzsteuerbescheid -, für die weder ein Ermessens- noch ein Beurteilungsspielraum besteht, bestehen zu lassen, wenn sie sich als materiell-rechtlich zutreffend erweisen (BFH-Urteil vom 8. September 2011 II R 47/09, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 2012, 67, unter II.3.b).

    Es kann daher dahinstehen, ob - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - Verfahrensfehler vorliegen.

    b) Auch in der Sache hat die Antragstellerin keine Gründe vorgetragen, die bei der gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung Zweifel an der materiellen Rechtmäßigkeit des Umsatzsteuerbescheides für 2015 begründen können.

    (1) Der Antragsgegner hat im Rahmen der Umsatzbesteuerung die von der Antragstellerin zuletzt erklärten Umsätze in Höhe von XX.XXX Euro zugrunde gelegt. Anhaltspunkte, dass die Antragstellerin niedrigere Umsätze erzielt hat, fehlen.

    (2) Einwendungen gegen die mit Einspruchsentscheidung gegenüber der in der letzten Umsatzsteuererklärung in Höhe von X.XXX Euro berücksichtigten weiteren unentgeltlichen Wertabgaben in Höhe von XXX Euro hat die Antragstellerin nicht erhoben. Der Antragsgegner führt in der Einspruchsentscheidung hierzu aus, dass es sich hierbei um die geschätzte private Nutzung der Telekommunikationsgeräte und Computer wie Software sowie eines Vorwerkreinigungsgerätes der Antragstellerin durch den Gesellschafter-Geschäftsführer bzw. dessen Ehefrau handelt. Dies ist bei summarischer Prüfung mangels gegenteiliger Angaben der Antragstellerin nicht zu beanstanden.

    (3) Auch die Kürzung des Vorsteuerabzugs in Höhe von XX.XXX,XX Euro ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden.

    (a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Unternehmer gemäß § 15 Abs. 1 und 2 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BStBl. II 2012, 844, unter II.1.). Besteht der direkte und unmittelbare Zusammenhang zu einem einzelnen Ausgangsumsatz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit, der steuerpflichtig ist, kann der Unternehmer den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen. Die für den Leistungsbezug getätigten Aufwendungen gehören dann zu den Kostenelementen dieses Ausgangsumsatzes. Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zu einem Ausgangsumsatz, der mangels wirtschaftlicher Tätigkeit nicht dem Anwendungsbereich der Steuer unterliegt, besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer eine Leistung bezieht, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, da der von ihm verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 2013 V R 29/10, BStBl. II 2013, 840).

    (b) Gemessen hieran war der Vorsteuerabzug für die an dem Gebäude der Ehefrau des Geschäftsführers der Antragstellerin erbrachten Leistungen (Elektroinstallation, Einbau von Steuerungselementen, Dachfenstern, Lüftungsanlage, Türsprechanlage, Versorgungsschacht und Rollläden) sowie für die Lieferung von Stützstrümpfen, die Verabreichung von Massagen, Telefondienstleistungen für Privatgebrauch, die Stromlieferung für den privaten Bereich, die Lieferung von Getränken und Lebensmittel und für den Erwerb eines Geschenkgutscheins und Operettenkarten zu versagen. Nach summarischer Prüfung dienen diese Leistungen unmittelbar ihrem objektiven Inhalt nach (vgl. hierzu Urteil des Europäischen Gerichtshofs -EuGH- vom 19. Dezember 2012 C-549/11, Becker, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 2013, 220) den privaten Interessen des Geschäftsführers der Antragstellerin und dessen Ehefrau (Wohnen, Ernährung, Gesundheit, Freizeitgestaltung u.s.w.).

    (c) Dass die Antragstellerin wie - im Verwaltungsverfahren vorgetragen - gegebenenfalls mittelbar die Stärkung der Gesamttätigkeit des Unternehmens durch Nutzung des Gebäudes als Anschauungs- und Werbeobjekt bzw. der gesundheitsbezogenen Leistungen wie Massagen, Erwerb von Stützstrümpfen, Getränken, Lebensmitteln u.s.w. der Stärkung der Einsatzfähigkeit und Motivation des Geschäftsführers und der Beschäftigten bezweckt haben mag, ist hierbei unerheblich (vgl. BFH-Urteil vom 11. April 2013 V R 29/10, BStBl. II 2013, 840).

    Dem steht auch nicht das Urteil des BFH vom 16. Dezember 2020 - XI R 26/20 (Sammlung der amtlich veröffentlichten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 272, 240) entgegen. Bezieht danach ein Unternehmer eine Leistung, um diese an einen Dritten unentgeltlich weiter zu liefern und zugleich die eigene unternehmerische Tätigkeit zu ermöglichen, steht ihm der Vorsteuerabzug zu, wenn die bezogene Eingangsleistung nicht über das hinausgeht, was erforderlich/unerlässlich war, um diesen Zweck zu erfüllen, und die Kosten der Eingangsleistung (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind und der Vorteil des Dritten allenfalls nebensächlich ist. Insoweit reicht eine "mittelbare" Veranlassung für den Vorsteuerabzug aus.

    Im Streitfall fehlt es bereits daran, dass der Vorteil des Dritten (hier: des Gesellschafter-Geschäftsführers und dessen Ehefrau) lediglich als nebensächlich zu werten ist, da diesen erhebliche wirtschaftliche Werte zugewandt worden sind. Auch hat die Antragstellerin nicht dargetan, dass die bezogenen Leistungen nicht über das hinausgehen, was erforderlich/unerlässlich war, um die unternehmerische Tätigkeit der Antragstellerin auf das Gebiet des "smart home" auszudehnen. Zudem fehlt jedweder Nachweis, dass die Kosten der Eingangsleistungen (kalkulatorisch) im Preis der getätigten Ausgangsumsätze enthalten sind.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

    4. Die Beschwerde wird nicht zugelassen, da keine Beschwerdegründe i.S. von § 128 Abs. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 FGO vorliegen.

    RechtsgebietFGOVorschriften§ 69 Abs. 3 S. 1 FGO, § 76 Abs.1 FGO