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  • 09.05.2017 · IWW-Abrufnummer 193745

    Finanzgericht München: Urteil vom 30.05.2016 – 7 K 2516/15

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    FG München

    30.05.2016

    7 K 2516/15

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.

    Gründe

    I.

    Streitig ist der Abzug von Sonderbetriebsausgaben eines Gesellschafters der Klägerin.

    Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die am 30. Juli 1981 gegründet worden ist. Sie ist Besitzunternehmen für die K GmbH (GmbH) im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft und erzielt aus der Verpachtung des Betriebsgrundstücks an die GmbH Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Betriebsaufspaltung). An der Klägerin waren im Streitjahr S zu 50 %, O zu 12,5 %, M zu 12,5 %, I zu 8,33 %, G zu 8,33 % und R zu 8,34 % beteiligt. Mit Wirkung zum 1. Januar 2011 übertrug die Gesellschafterin O ihren Gesellschaftsanteil an der Klägerin sowie an der GmbH im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf ihren Sohn M. Dieser machte im Streitjahr Sonderbetriebsausgaben unter anderem für Rechtsberatung und Notargebühren im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung geltend.

    Diese Sonderbetriebsausgaben erkannte das Finanzamt jedoch im Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2011 vom 15. Januar 2013 sowie im Gewerbesteuermessbescheid vom 15. Januar 2013 nicht an. Die dagegen gerichteten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 21. September 2015 als unbegründet zurückgewiesen.

    Mit der dagegen gerichteten Klage wendet die Klägerin im Wesentlichen ein, dass sich das Finanzamt zu Unrecht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. April 2015 IV R 44/12 (BFH/NV 2015, 1085 [BFH 16.04.2015 - IV R 44/12]) berufe. Im Gegensatz zum Streitfall seien die strittigen Kosten von der Gesellschaft selbst und nicht vom Gesellschafter getragen worden. Das Urteil habe damit nicht zur Klärung der vorliegend strittigen Frage der Abzugsfähigkeit von Beratungs- und Notarkosten eines Beteiligten als Sonderbetriebsausgaben beigetragen.

    Aufgrund der Übertragung der Anteile habe sich der Gesellschaftsanteil des M von 12,5 % auf 25 % aufgestockt. Er erziele damit einen doppelt so hohen Gewinnanteil, den er versteuern müsse. Ebenso verhalte es sich bei dem aufgestockten GmbH-Anteil, da immer wieder Gewinnausschüttungen vorgenommen würden, die entsprechend der Beteiligungsquote zugerechnet würden. Damit sei ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den getätigten Ausgaben und den steuerpflichtigen Einkünften gegeben. Die Abzugsfähigkeit der Kosten sei damit indiziert. Da zu den Sonderbetriebsausgaben eines Mitunternehmers gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auch die Gründungskosten gehörten, könne für die Kosten, die anlässlich der Aufstockung der Anteile anfielen, nichts anderes geltend.

    Auch soweit die Kosten auf den GmbH-Anteil entfielen, liege die betriebliche Veranlassung vor, da der GmbH-Anteil Sonderbetriebsvermögen bei der Besitzgesellschaft darstelle. Das Argument, dass eine Vermögensübertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge stets ein privater Vorgang sei, könne nicht überzeugen, da bei dieser Betrachtungsweise jede Anschaffung von Vermögen, das der Erzielung von Einkünften diene, zunächst der Privatsphäre zuzuordnen wäre. Die geltend gemachten Kosten seien daher als Sonderwerbungskosten des Gesellschafters M anzuerkennen.

    Die Klägerin beantragt,

    unter Änderung des Bescheids für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 15. Januar 2013 und des Gewerbesteuermessbescheids vom 14. Januar 2013 sowie der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 21. September 2015 weitere Sonderbetriebsausgaben in Höhe von 6.100,91 € bei dem Gesellschafter M zu berücksichtigen.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.

    Der Beigeladene wurde mit Beschluss vom 24. Mai 2016 zum Verfahren beigeladen.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst der vom Kläger vorgelegten Anlagen sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

    II.

    1. Die Klägerin war zur Erhebung der Klage gegen den Feststellungsbescheid befugt. Feststellungsbescheide, in denen der Gewinn der Gesellschafter aus ihrer Beteiligung als Grundlage für die Veranlagung zur Einkommensteuer festgestellt wird, richten sich zwar ihrem Inhalt und ihren beabsichtigten Wirkungen nach gegen die Gesellschafter; deren Klagebefugnis wird jedoch durch § 48 Abs. 1 FGO eingeschränkt.

    Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist diese Regelung dahingehend zu verstehen, dass die Personengesellschaft als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid erheben kann, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die einzelnen Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- 30. Dezember 2003 IV B 21/01, BFHE 204, 44, BStBl II 2004, 239, [BFH 30.12.2003 - IV B 21/01] m.w.N. und BFH-Urteil vom 19. April 2007 IV R 28/05, BStBl II 2007, 704).

    2. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 15. Januar 2013 sowie der Gewerbesteuermessbescheid vom 14. Januar 2013 für das Jahr für 2011 sind rechtmäßig. Die von M geltend gemachten Sonderbetriebsausgaben im Zusammenhang mit der Übertragung des Gesellschaftsanteils an der Klägerin sowie an der GmbH durch seine Mutter und Mitgesellschafterin O im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge können nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden.

    Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG die Gewinnanteile der Gesellschafter einer Offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft und einer anderen Gesellschaft, bei der der Gesellschafter als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebs anzusehen ist, und die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Unter Sonderbetriebsausgaben versteht man Aufwendungen des einzelnen Gesellschafters, die durch seine Beteiligung an der Personengesellschaft oder durch sein Sonderbetriebsvermögen oder durch Sondervergütungen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG veranlasst sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 16. Oktober 2014 IV R 15/11, DStR 2015, 220 zur Abziehbarkeit von Schuldzinsen).

    Der Klägerin ist zwar insoweit zuzustimmen, dass der BFH in seinem Urteil vom 16. April 2015 lediglich rechtliche Ausführungen zur Nichtabzugsfähigkeit von Beratungs- und Notarkosten gemacht hat, die von der Gesellschaft selbst und nicht - wie im Streitfall - vom Gesellschafter getragen worden sind, da die vom Gesellschafter selbst erhobene Klage unzulässig war (vgl. Punkt 3 der Entscheidungsgründe des Urteils vom 16. April 2015 IV R 44/12, BFH/NV 2015, 1085). Der Senat schließt sich insoweit jedoch vollumfänglich den Entscheidungsgründen des Finanzgerichts Nürnberg an, dessen Urteil vom 17. März 2011 (4 K 582/2009, EFG 2011, 1688) dem BFH-Urteil vom 16. April 2015 zugrunde liegt.

    Danach sind die geltend gemachten Kosten auch auf der Ebene des Gesellschafters M nicht betrieblich veranlasst. Wie das FG Nürnberg zutreffend ausgeführt hat, überlagert der dem privaten Bereich zuzuordnende Aspekt der Vorwegnahme der Erbschaft andere eventuell vorhandene betriebliche Veranlassungszusammenhänge vollständig.

    Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Erbfall stets dem privaten, d.h. dem außerbetrieblichen Bereich des Erben zuzuordnen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 17. Juni 1999 III R 37/98, BStBl II 1999, 600). Deswegen hat es der BFH auch abgelehnt, Prozesskosten im Zusammenhang mit der Feststellung des richtigen Erben steuerlich zu berücksichtigen. Solche Rechtsstreitigkeiten dienten in erster Linie dem Zweck, den Übergang des Vermögens des Erblassers auf den Kläger zu erreichen, nicht der Erzielung von Einkünften aus (einem in die Erbmasse fallenden) Gewerbebetrieb. In einem solchen Fall stehe nicht die Absicht der Einkunftserzielung, sondern die Beeinträchtigung der ertragsteuerlich nicht relevanten privaten Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen im Vordergrund.

    Da der Erbfall in einkommensteuerrechtlicher Sicht notwendig ein privater (außerbetrieblicher) Vorgang und damit der Erwerb durch Erbfall ein privater Erwerb ist, müssen notwendig auch die Nebenkosten des Erwerbes privater Natur sein (vgl. zur analogen Frage der Charakterisierung von Erbfallschulden BFH-Urteil vom 2. März 1993 VIII R 47/90, BStBl II 1994, 619; zur steuerlichen Irrelevanz der Unkosten eines Erbfalls schon BFH-Urteil vom 6. Oktober 1959 I 115/59 U, BStBl III 1960, 2).

    Der Zweck einer vorweggenommenen Erbfolgeregelung besteht darin, den durch den Erbfall erwarteten privaten Vermögensübergang vorwegzunehmen. In steuerlicher Hinsicht wird diese Vermögensübertragung als unentgeltlicher Erwerb gewertet, auch wenn der Übernehmer sich zur Zahlung von Versorgungsleistungen verpflichtet. Wegen § 6 Abs. 3 EStG führt auch die Übernahme betrieblicher Verbindlichkeiten im Zuge der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen (gegen Versorgungsleistungen) nicht zu einem entgeltlichen Erwerb (vgl. BFH-Urteil vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BStBl II 1990, 847). Die Leistungen des Übernehmers stehen deshalb in keinem Zusammenhang mit Einkünften aus einem übernommen Betrieb; der Übernehmer hat keine eigenen Anschaffungskosten, sondern führt die Buchwerte seines Rechtsvorgängers fort, § 6 Abs. 3 EStG.

    Aus der steuerlichen Wertung als unentgeltlicher Erwerb folgt die ertragsteuerliche Unbeachtlichkeit der Erwerbsnebenkosten.

    Erwerbsnebenkosten zählen gemäß § 255 Abs. 1 Satz 2 Handelsgesetzbuch zu den Anschaffungskosten und sind als solche zu aktivieren. Im Falle einer vorweggenommenen Erbfolge mangelt es bereits an einem die Bilanzierung ermöglichenden entgeltlichen Erwerbsvorgang. Zudem können die Erwerbsnebenaufwendungen des Übernehmers eines Gesellschaftsanteils schon deshalb in keinem ertragsteuerlich relevanten Zusammenhang zu den Einkünften aus dem übernommenen Anteil stehen, da dies mit der Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 3 EStG unvereinbar ist. Die steuerliche Wertung, die Versorgungsleistungen des Übernehmers nicht als Kosten eines Anschaffungsvorganges zu erfassen, erstreckt sich zwingend auch auf die Nebenkosten dieses Erwerbs.

    Ein Ansatz der Rechts- und Beratungskosten scheidet auch deshalb aus, weil ausschlaggebend für die steuerliche Berücksichtigung von Ausgaben allein der Veranlassungszusammenhang zu steuerbaren Einkünften ist. Im Fall der Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ist der Veranlassungszusammenhang identisch mit der Vermögensübernahme infolge eines Erbfalls; das diese Konstellationen unterscheidende zeitliche Moment ist kein Kriterium für die Zuordnung einer Aufwendung zum betrieblichen oder zum privaten Bereich. Auch die vorweggenommene Erbfolge dient nicht der Erzielung von Einkünften, sondern der Übergabe von privatem Vermögen. Auch wenn sich aufgrund der Übertragung der Anteile der Gesellschaftsanteil des M erhöht hat und er damit höheren Gewinnanteil erzielt, liegt vor der Erzielung von Einkünften zwingend der rein private Vorgang des Erbens. Die Absicht, das (vorweggenommene) Erbe zur Erzielung von Einkünften einzusetzen, auf die Vermögensübernahme durch die (vorweggenommene) Erbfolge zu erstrecken, ist auch deshalb nicht möglich, weil der Erbfall als solcher einen nicht zu veranlassender Vorgang darstellt. Die Aufwendungen, die der Erbe auf dem Weg zum und in Folge des Erbantritts tätigt, können deswegen nur privat sein; die Annahme eines quasi "erwerbsmäßigen" Erbens ist mit der Rechtsordnung unvereinbar. Das Gleiche muss für die mit gleicher Zielrichtung unternommene Vorwegnahme der Erbschaft durch Schenkung gelten.

    2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung. Den Beigeladenen treffen keine Kosten, er hat auch keinen Klageantrag gestellt (§ 135 Abs. 3 FGO). Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht nach § 139 Abs. 4 FGO erstattungsfähig, da der Beigeladene weder Sachanträge gestellt noch im finanzgerichtlichen Verfahren wesentlich mitgewirkt und Prozesserklärungen abgegeben hat (vgl. BFH-Beschluss vom 27. Dezember 2006 IX B 199/05, BFH/NV 2007, 1140).

    RechtsgebietEStGVorschriften§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG