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  • 02.12.2020 · IWW-Abrufnummer 219273

    Finanzgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 18.12.2019 – 2 K 2059/18

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht Rheinland-Pfalz

    Urteil vom 18.12.2019


    In dem Finanzrechtsstreit
    des Herrn
    - Kläger -
    prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte
    gegen
    die Familienkasse
    - Beklagte -
    prozessbevollmächtigt: Familienkasse

    wegen Kindergeld, Kindergeld für das Kind M

    hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz - 2. Senat - aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. Dezember 2019 durch den Richter am Finanzgericht xxx als Einzelrichter für Recht erkannt:

    Tenor:

    I.
    Der Bescheid vom 22. Februar 2018 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 28. September 2018 wird dahin geändert, dass für den Sohn M Kindergeld für den Zeitraum Februar 2014 bis Februar 2015 Kindergeld festgesetzt und geleistet wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    II.
    Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu 45 % und die Beklagte zu 55 % zu tragen.

    III.
    Das Urteil ist hinsichtlich der von der Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

    Tatbestand

    Streitig ist, ob der am 19. Februar 1990 geborene Sohn M des Klägers für den Zeitraum April 2013 bis Februar 2015 vorrangig eine Ausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nummer 2a EStG absolviert hat.

    Der Kläger hielt in der Vergangenheit Kindergeld für seinen Sohn M. Dieser beendete am 11. Juni 2013 seine Ausbildung zum Bankkaufmann. Am 12. Juni 2013 trat er eine Vollerwerbsstelle in seinem ursprünglichen Ausbildungsbetrieb an. Mit Bescheid vom 22. September 2014 wurde die Festsetzung von Kindergeld für Juli 2013 bis einschließlich Januar 2014 aufgehoben und in Höhe von 1288 € gemäß § 37 Abs. 2 AO zurückgefordert, da M seine Berufsausbildung beendet habe. Hiergegen wurde kein Einspruch eingelegt.

    Im Februar 2015 begann M einen berufsbegleitenden Studiengang zum Bankfachwirt/Bankkolleg nach seiner Zulassung im Dezember 2013. Dieser Studiengang dauerte an bis zum 11. Juni 2016. Mit Schreiben vom 2. Juni 2016 wurde M die Anmeldung zum Studiengang Bank Betriebswirt/Bankcolleg bestätigt. Diese Ausbildung dauerte vom 11. Februar 2017 bis 14. Oktober 2017.

    Mit einem Antrag auf Kindergeld vom 25. Dezember 2017 teilte der Kläger mit, dass M mit der erfolgreichen Prüfung zum Bankkaufmann am 13. Juni 2013 sein angestrebtes Berufsziel noch nicht erreicht habe. Vielmehr sei die Ausbildung zum Bankkaufmann und die folgenden Studiengänge zum Bankfachwirt/BankColleg und Bankbetriebswirt/BankColleg zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmt gewesen, sodass eine einheitliche Erstausbildung vorgelegen habe. Es habe sich um eine mehraktige Ausbildung gehandelt, da das angestrebte Berufsziel nur über den weiterführenden Abschluss habe erreicht werden können. Es werde um die rückwirkende Gewährung der Kindergeldansprüche für die Zeiträume ab Beendigung der Ausbildung zum Bankkaufmann bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres am 19. Februar 2015 gebeten. Der enge zeitliche Zusammenhang sei trotz Studienbeginns im Februar 2014 gegeben, da der Studiengang nur einmal pro Jahr angeboten werde und eine frühere Teilnahme somit nicht möglich gewesen sei. Die Teilnahme am Studiengang Bankfachwirt/BankColleg sei von Anfang an vorgesehen gewesen und wäre im Anschluss an die regelmäßige Beendigung der Ausbildung im Januar 2014 begonnen worden. Wegen guter Leistungen und betrieblicher Notwendigkeiten sei die Ausbildung des Sohnes auf 2 Jahre gekürzt worden.

    Der Kläger legte Unterlagen zu Anmeldebestätigung des Sohnes zum Bankfachwirt/BankColleg vom 2. Dezember 2013 und Unterlagen zur seiner Abschlussprüfung im Juni 2013 vor, ebenso das Zertifikat Bankfachwirt/BankColleg vom 4. November 2016 und die Anmeldung zum Studiengang Bankbetriebswirt/BankColleg vom 2. Juni 2016 mit dem entsprechenden Zertifikat vom 14. Oktober 2017. Weiterhin legte er einen Stundenplan für den Zeitraum 11. Februar 2017 bis 14. Oktober 2017 vor (ganztägiger Unterricht an Samstagen). Auf die Unterlagen hierzu wird verwiesen (Blatt 255-273 und 274-282 der Kindergeldakten).

    Mit Bescheid vom 11. Juni 2018 wurde die Festsetzung von Kindergeld ab dem Monat März 2015 abgelehnt.

    Mit seinem Einspruch hiergegen trug der Kläger vor, dass der Antrag für den Zeitraum Juni 2013 bis Februar 2015 gestellt worden sei und sein Sohn die Anspruchsvoraussetzungen hierfür erfülle. Mit Bescheid vom 22. Februar 2018 wurde Kindergeld für den Zeitraum April 2013 bis einschließlich Februar 2014 in Höhe von 184 € monatlich festgesetzt, jedoch mit Hinweis auf § 66 Abs. 3 EStG in der ab 1. Januar 2018 geltenden Fassung abgelehnt.

    Mit seinem Einspruch hiergegen hat der Kläger vorgetragen, dass der Antrag auf Kindergeld der Beklagten vor Ablauf des Jahres 2017 zugegangen sei.

    Die Beklagte erwiderte, dass zwar nunmehr von einem Zugang Ende 2017 ausgegangen werde, der Einspruch jedoch keine Aussicht auf Erfolg habe, da der Festsetzung von Kindergeld § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entgegenstehe. Die Ausbildung zum Bankkaufmann und das Studium am BankColleg seien nicht Teile eine einheitlich zu betrachtenden mehraktigen Ausbildung. Als Teil einer einheitlich zu betrachtenden mehraktigen Ausbildung kämen nur Ausbildungsabschnitt infrage, die für sich gesehen mit einem staatlich anerkannten Abschluss endeten. Dies treffe für das Studium am BankColleg nicht zu. Dieses sei zwar mit der Zuerkennung des Titels Bankbetriebswirt beendet worden, nicht aber mit der theoretisch möglichen Zuerkennung des insoweit staatlich anerkannten Titels geprüfter Bankfachwirt (IHK).

    Mit Einspruchsentscheidung vom 28. September 2018 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte trug hierzu vor, setze die weiterführende Ausbildung eine Berufstätigkeit voraus oder nehme das Kind vor Beginn der weiterführenden Ausbildung eine Berufstätigkeit auf, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum Beginn der nächsten Ausbildung diene, liege regelmäßig mangels notwendigen engen Zusammenhangs keine einheitliche Erstausbildung vor. Ab Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung ab Juni 2013 bestehe kein Anspruch mehr auf Kindergeld. Die Ausbildung zum Bankkaufmann und das Studium am Bankkolleg bildeten nicht Teile einer einheitlichen, mehraktigen Ausbildung da. Eine solche mehraktige Ausbildung komme nur für Ausbildungsabschnitte in Frage, die für sich gesehen mit einem staatlich anerkannten Abschluss endeten. Dies sei bei einem Studium am BankColleg nicht gegeben.

    Mit seiner Klage hiergegen hat der Kläger zunächst eine Aussetzung des Verfahrens im Hinblick auf beim BFH anhängige Verfahren (III R 8/18, III R 47/14) beantragt. Dem wurde mit Beschluss vom 24. Januar 2019 entsprochen.

    Nach Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt der Kläger,

    unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 22. Februar 2018 in Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 28. September 2018 die Beklagte zu verpflichten, zugunsten des Klägers für seinen Sohn M für den Zeitraum April 2013 bis Februar 2015 Kindergeld festzusetzen und zu leisten.

    Die Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie trägt hierzu vor, nach den Grundsätzen der neueren BFH-Rechtsprechung (III R 12/18, III R 26/18 und III R 40/18) sei anhand der Gesamtumstände zu würdigen, ob eine Berufstätigkeit die Hauptsache und die weitere Ausbildungsmaßnahme eine Weiterbildung in dem bereits eröffneten Berufsfeld eine Nebensache darstelle oder diese im Vordergrund stehe. Laut dem Sachverhalt habe die Fortbildung im BankColleg nur samstags stattgefunden. Sie habe als weitere Ausbildungsmaßnahme neben der Berufstätigkeit nicht im Vordergrund gestanden. Durch die erste Ausbildung habe das Kind bereits eine Qualifikation erlangt, die eine Berufstätigkeit eröffnet habe. In einem solchen Falle dienten weitere Ausübungsmaßnahmen nur der beruflichen Weiterbildung oder Höherqualifizierung in einem bereits aufgenommenen und ausgeübten Beruf. M habe die Qualifikation zum Bankkaufmann genutzt, um eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Es liege damit eine anspruchsschädliche Tätigkeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG vor.

    Entscheidungsgründe

    Die Klage ist teilweise begründet.

    Sie hat keinen Erfolg, soweit der Zeitraum Juli 2013 bis Januar 2014 betroffen ist.

    Mit einem Bescheid vom 22. September 2014 hatte die Beklagte wegen der Beendigung der Ausbildung zum Bankkaufmann im Juni 2013 die Festsetzung des Kindergeldes für den genannten Zeitraum aufgehoben und in Höhe von 1.288 € zurückgefordert. Hiergegen wurde kein Rechtsbehelf eingelegt. Es ist daher für den genannten Zeitraum bestandskräftig festgestellt worden, dass ein Anspruch auf Kindergeld nicht bestanden hat.

    Es ist auch keine Änderungsvorschrift für eine neuerliche anderweitige Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für diesen Zeitraum gegeben.

    Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nummer 2 AO nicht gegeben. Nach der Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt geworden sind.

    Im Streitfall war für M nach dem klägerischen Vortrag bereits bei Abschluss seiner Ausbildung zum Bankkaufmann die Entscheidung gefallen, im Anschluss einen weiteren Ausbildungsabschnitt zum nächstmöglichen Zeitpunkt anzutreten. Soweit der Kläger dies erst mit seinem abgelehnten Antrag vom 25. Dezember 2017 gegenüber der Beklagten zur Kenntnis gegeben hatte, trifft ihn ein grobes Verschulden daran, nicht bereits in einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den Bescheid vom 22. September 2014 die Beklagte darüber in Kenntnis gesetzt zu haben.

    Die Klage ist begründet, soweit der Zeitraum Februar 2014 bis Februar 2015 betroffen ist.

    Das Gericht folgt dabei der BFH-Rechtsprechung, wonach Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes (EStG) besteht Anspruch auf Kindergeld für ein Kind, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn dieses für einen Beruf ausgebildet wird. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wird nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ein Kind nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums nur berücksichtigt, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis i.S. der §§ 8und 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind unschädlich (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG).

    Hinsichtlich der Auslegung der in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmale erstmalige Berufsausbildung und Erststudium hat der BFH entschieden, dass das Erststudium nur einen Unterfall des Oberbegriffes erstmalige Berufsausbildung darstellt (BFH-Urteil vom 3. Juli 2014 III R 52/13, BStBl II 2015, 152, Rz 19 ff.) Die den Erstausbildungsbegriff des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG begrenzenden Kriterien hat der Senat dabei vor allem in folgenden Punkten gesehen:

    Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Dieser muss auf einen Abschluss ausgerichtet sein, der in Form einer Prüfung erfolgt (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Durch die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss das Kind die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse erwerben, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, wodurch insbesondere eine Abgrenzung gegenüber dem Besuch einer allgemein bildenden Schule erfolgen soll (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 24). Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese dann eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 27). In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss beendet hat (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30). Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z.B. dieselbe Berufssparte, derselbe fachliche Bereich) zueinander stehen und in engem zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden (Senatsurteil in BFHE 246, 427, BStBl II 2015, 152, Rz 30). An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren Ausbildungsabschnittes dient (Senatsurteil vom 4. Februar 2016 - III R 14/15, BFHE 253, 145, BStBl II 2016, 615, Rz 15).

    Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht im Streitfall ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Ausbildung des M zum Bankkaufmann bis zum Juni 2013 und der Fortsetzung seiner Ausbildung zum Bankfachwirt/BankColleg bzw. Bankbetriebswirt/BankColleg. Letztendliches Ziel des M war der Erwerb des Abschlusses Bankbetriebswirt/BankColleg. Dies ist ein nachvollziehbares, durch das Studienangebot der Bankenverbände strukturiertes Berufsziel, welches M auch mit seinem Schreiben vom 25. Dezember 2017 als Anlage zum Antrag auf Kindergeldfestsetzung formuliert hat. So hatte er von Anfang an geplant, nach Abschluss seiner Ausbildung zum Bankkaufmann im Januar 2014 seine Ausbildung fortzusetzen. Wegen seiner auf 2 Jahre gekürzten Ausbildung zum Bankkaufmann kam es erst zu einer Lücke zwischen Juli 2013 und Januar 2014. Demzufolge ist auch von einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen allen Ausbildungsabschnitten, und dies gilt auch hinsichtlich des sich zeitnah zum frühestmöglichen Zeitpunkt an die Ausbildung zum Bankfachwirt anschließenden Ausbildungsabschnittes Bankbetriebswirt, auszugehen. So schloss sich der Abschnitt Bankbetriebswirt an die Abschlussprüfung zum Bankfachwirt an.

    Mit ihrem antragsgemäßen Feststellungsbescheid vom 22. Februar 2018 hat die Beklagte in Ansehung der streitigen Rechtsfragen wohl ausgehend von den gleichen Erwägungen Kindergeld für April 2013 bis Februar 2015 festgesetzt. Diese ursprüngliche Festsetzung sollte nicht von dem Gedanken geleitet worden sein, dass ein Zahlungsanspruch wegen der auf 6 Monate beschränken rückwirkenden Zahlung gemäß § 66 Abs. 3 EStG wegen eines vermeintlich nach dem 31. Dezember 2017 eingegangenen Kindergeldantrags nach der Rechtsauffassung der Beklagten ohnehin verjährt gewesen wäre.

    Das Gericht erkennt dabei die vom Bundesfinanzhof aufgestellten Grundsätze (beginnend unter anderem mit BFH-Urteil vom 11. Dezember 2018 - III R 26/18, BFH/NV 2019, 1166; für den Fall eines Abschlusses zum Bankbetriebswirt: BFH-Urteil vom 10. April 2019 III R 36/18, BFH/NV 2019, 1100 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung), wonach in einem weiteren Schritt eine Abwägung hinsichtlich der Bedeutung der Berufsausübung im erlernten Beruf im Verhältnis zu der fortgesetzten Ausbildung zu erfolgen hat.

    Dabei hat die genannte Rechtsprechung klargestellt, dass eine grundsätzliche Voraussetzung nicht dergestalt besteht, dass der weitere Ausbildungsgang durch einen öffentlich-rechtlich anerkannten Ausbildungsabschnitt beendet werden müsse (so unter anderem BFH-Urteil vom 10. April 2019 III R 36/18, BFH/NV 2019, 1100, Rz.22). Nach dieser Entscheidung ist ebenso wenig von einer Bewertung von zwei Ausbildungsabschnitten als einheitliche Erstausbildung nicht bereits dann abzusehen, wenn nicht eine Absichtserklärung zur Fortführung nicht spätestens im Folgemonat nach Abschluss des vorangegangenen Ausbildungsabschnitts vorgelegt wird. Entgegen der Verwaltungserfassung wird der Zeitpunkt, zu dem der Familienkasse ein Sachverhalt unterbreitet worden ist, nicht als gewichtiges Indiz für oder gegen die Glaubhaftigkeit des Vortrags gesehen. Im Streitfall ist von einem in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt auszugehen, so das gemäß dem Untersuchungsgrundsatz auch nach Ablauf des Anspruchszeitraums entstandene oder bekannt gewordene Beweisanzeichen zu berücksichtigen sind. Diese Anzeichen erkennt das Gericht in dem glaubhaft dargestellten, von einem Gesamtplan getragenen Vorstellungen des M zu seiner Ausbildung.

    Diese Darstellung überlagert auch die Frage, inwieweit im Streitfall eine quantitative Komponente -M war Vollzeiterwerbstätig und hat die Weiterbildung, soweit sie auf Präsenzveranstaltungen beruhte, an Wochenenden besucht- entscheidungserheblich sein kann. Losgelöst von einem Vergleich der zeitlichen Beanspruchung führt der BFH in sämtlichen neueren der zitierten Entscheidungen aus, dass die Aufnahme einer parallelen Berufstätigkeit, die dem Kind auch ohne den erlangten Abschluss eröffnet wäre, auch für eine im Vordergrund stehende Berufsausbildung sprechen könne. Im Ergebnis handelt es sich dabei allerdings um den Umstand, dass die weitere Ausbildung durch eine berufliche Tätigkeit finanziert wird. Mit dieser "berufsfremden" Tätigkeit soll die weitere Studienmöglichkeit eröffnet werden.

    Im Streitfall von der Art der im erlernten Beruf ausgeübten Tätigkeit auf deren größere Bedeutung für den M gegenüber der parallelen Ausbildung zu schließen, würde zu einer Überbetonung dieses Abgrenzungsmerkmals zu führen. Bereits aus dem Angebot des BankCollegs als Gemeinschaftsprojekt der Akademien der regionalen Genossenschaftsverbände ergibt sich aus der Abfolge der Ausbildung zum Bankkaufmann, Bankfachwirt, Bankbetriebswirt und sodann Bachelor of Arts ein strukturierter zusammenhängender Ausbildungsgang, der einen Abschluss im von Anfang an ins Auge gefassten Berufsziel ermöglicht. Es besteht kein Unterschied zu einem unstreitigen Erststudium mit paralleler Vollzeiterwerbstätigkeit. Dieses Verständnis von dem angebotenen Ausbildungsgang ergibt sich aus dem Inhalt des Internetauftritts des BankCollegs (BankColleg-Ihre Karriere im Blick).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 FGO.

    Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht §§ 151, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nummer 10, 713 ZPO.

    RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 32 Abs. 4 S. 2

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