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  • 15.06.2011

    Finanzgericht Niedersachsen: Urteil vom 10.12.2010 – 16 K 329/09

    - Hat ein forstwirtschaftlicher Zusammenschluss die Rechtsform eines rechtsfähigen Vereins mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb gewählt, kann ihm durch die für die Anerkennung zuständige Behörde gleichzeitig mit der Anerkennung die Rechtsfähigkeit nach § 22 BGB verliehen werden.


    - Eine Forstgemeinschaft kann mit Waldkalkungen auf Forstflächen seiner Mitglieder diesen gegenüber steuerbare und steuerpflichtige Leistungen erbringen.


    - Zu der Frage, wann Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, zum Entgelt für diese Umsätze zählen.


    Tatbestand

    Der Kläger ist eine Forstgemeinschaft in der Rechtsform eines wirtschaftlichen Vereins. Mitglieder sind mehrere Waldbesitzer. Unternehmenszweck ist nach § 2 der Satzung, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern und die Wirkungen des Waldes für Landeskultur und Volkserholung zu erhöhen. Nach der Satzung oblagen dem Kläger als Einzelaufgaben u.a. die Beratung der Mitglieder in allen forstwirtschaftlichen Angelegenheiten, die Vermittlung von Forschungs- und Erfahrungsergebnissen aus Wissenschaft und Praxis für die Forstwirtschaft und für den Holzanbau außerhalb des Waldes, Dienstleistungen für die Mitglieder bei der Waldbewirtschaftung, die Durchführung von Maßnahmen des Forstschutzes, die Beschaffung und der Einsatz von Maschinen, Geräten und Arbeitskräften für die Anlage und Pflege von Forstkulturen, für den Forstschutz, den Holzeinschlag, die Holzaufarbeitung und die Holzbringung, Wegebau und Maßnahmen für die Landeskultur und der Absatz von Holz, Holzerzeugnissen und Nebennutzungen des Waldes, wobei der Kläger insofern nur als Vermittler, nicht aber als Eigenhändler oder Kommissionär auftreten durfte.

    Im Streitjahr bot der Kläger seinen Mitgliedern wie bereits in den Vorjahren Waldkalkungen an, indem er sie anschrieb und nachfragte, ob sie eine Kalkung ihrer Flächen wünschten. Zur Vorbereitung dieser Maßnahme wurden die förderfähigen Flächen nach forstfachlichen Kriterien wie z.B. der Standortgüte, der räumlichen Lage, vorausgegangenen Durchforstungen und in Vorjahren bereits vorgenommener Kalkungen ermittelt. Soweit Mitglieder ihr Einverständnis erklärten, stellte der Kläger für diese Flächen mit Datum vom 27. August 2001 (VIT Nr. 355 005 9949) einen Antrag bei der Landwirtschaftskammer Hannover als Bewilligungsbehörde auf Gewährung von Zuwendungen nach den Richtlinien waldbaulicher Maßnahmen (RdErl. vom 05.05.1999 - 404 - 64030/1 - 1.4) für die Maßnahme 2412 in Höhe von 169.890 DM. Nach Feststellung der Prüfungsbehörde, dass der Kläger als förderungsberechtigt und die Maßnahmen als förderungswürdig anerkannt wurden, erteilte die Landwirtschaftskammer Hannover mit Datum vom 4. September 2001 einen Zuwendungsbescheid bis zu 171.560 DM mit der Auflage, dass die Maßnahmen bis zum 10. Oktober 2001 fertig gestellt sein müssten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Antrag und den Zuwendungsbescheid verwiesen. Anschließend erfolgte die Ausschreibung zur Durchführung der Maßnahme, mit der auch die Kosten der Realisierung bekannt und gegenüber den ausführenden Unternehmen festgestellt wurden. Den Waldbesitzern der in die beabsichtigte Maßnahme einbezogenen Flächen wurden nach Kenntnis dieser Daten die von ihnen zu tragenden Kosten bekannt gegeben und um Bestätigung des Angebots gebeten. Anschließend führte der Kläger auf den Flächen dieser Mitglieder Waldkalkungen durch. Grundsätzlich wurden ca. 90 % der Kosten für die Waldkalkungen durch Zuschüsse gedeckt und die Differenz vom Kläger als individuelles Entgelt von den Waldbesitzern erhoben oder durch eigene finanzielle Mittel gedeckt. Im Streitjahr wurden für die durchgeführten Waldkalkungen jedoch keine Entgelte von den Mitgliedern erhoben, weil der Zuschuss nach Angaben des Klägers die Kosten deckte. Nachdem der Bewilligungsbehörde der Verwendungsnachweis über die Durchführung der Maßnahmen vorgelegt worden war, wies sie am 23. Oktober 2001 die Zuwendung in Höhe von 161.440 DM zur Auszahlung an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Zuwendungsbescheid verwiesen.

    Nach der Gewinn- und Verlustrechnung erzielte der Kläger im Streitjahr folgende Einnahmen:

      DM
    Überschuss Forstpflanzen 35.688,55 18.247,27
    Verkauf Draht/Pfähle/Sonstiges 440,00 224,97
    Verkauf Pflanzenschutzmittel 181,02 92,55
    Überschuss aus Holzverkauf (Aufm. + VermGeb) 50.048,39 25.589,34
    Einnahmen Ausdruck Waldinventur 240,00 122,71
    Mitgliederbeiträge 9.816,90 5.019,30
    Zuschuss der Landwirtschaftskasse 45.420,00 23.222,88
    Vorarbeiten Waldkalkung 6.903,23 3.529,57
    Mieteinnahmen 45.000,00 23.008,13
    Erstattung Nebenkosten 8.153,87 4.169,01
    Pacht Forstgarten 3.000,00 1.533,88
    Sonstige Erträge 2.694,89 1.377,88
    brutto 207.586,85 106.137,49
    Der Kläger gab für das Streitjahr eine Umsatzsteuererklärung ab. In dem unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 14. März folgte der Beklagte der Erklärung und korrigierte lediglich einen Rechenfehler. Mit Bescheid vom 28. August 2003 hob der Beklagte den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Im September 2003 reichte der Kläger eine berichtigte Umsatzsteuererklärung für 2001 ein. Hinsichtlich der Zuschüsse für die Waldkalkungen sowie der Mitgliedsbeiträge ging er wie bereits in der zuvor eingereichten Erklärung davon aus, dass diese nicht steuerbar seien. In den erklärten Vorsteuerbeträgen waren die Vorsteuern in Höhe von 28.395,97 DM aus den Eingangsleistungen im Zusammenhang mit den Kalkungen enthalten. Die Vorsteuern waren in der Umsatzsteuererklärung nicht aufgeschlüsselt; ertragsteuerliche Gewinnermittlungen, aus denen sich für den Beklagten Hinweise auf die Vornahme der Waldkalkungen ergeben könnten, hatte der Kläger nicht eingereicht. Der Beklagte folgte der berichtigten Umsatzsteuererklärung und erließ unter dem Datum vom 10. Oktober 2003 einen geänderten Bescheid.

    In der Zeit vom 8. Mai bis zum 25. Juli 2006 fand beim Kläger eine Umsatzsteuersonderprüfung statt. Im Anschluss daran ging der Beklagte davon aus, dass die im Zusammenhang mit den Waldkalkungen entstandenen Vorsteuern aus Eingangsrechnungen in Höhe von 28.395,97 DM nicht abzugsfähig seien, weil sie dem Zweck dienten, die Leistungsfähigkeit des Waldes für den Naturhaushalt und der Allgemeinheit im Sinne der Daseinsfürsorge zu sichern und damit den nichtunternehmerischen ideellen Bereich des Klägers beträfen. Am 10. August 2006 erließ der Beklagte einen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Umsatzsteuerbescheid, mit dem er die Vorsteuern entsprechend kürzte. Der Einspruch gegen diesen Bescheid war erfolglos.

    Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab der dagegen erhobenen Klage des Klägers mit Urteil vom 27. August 2007 (Az.: 16 K 494/06) statt und ließ den geltend gemachten Vorsteuerabzug zu. Die dagegen erhobene Revision führte zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (BFH, Urteil vom 18.06.2009 V R 77/07, BFHE 226, 187, BFH/NV 2009, 1912). In den Urteilsgründen führte der BFH aus, dass aus der gesetzlich normierten Zweckbestimmung einer Forstbetriebsgemeinschaft, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern (vgl. § 16, § 18 Abs. 1 Nr. 2 BWaldG) und aus den Aufgaben einer Forstbetriebsgemeinschaft (§ 17 BWaldG) folge, dass der Kläger im konkreten wirtschaftlichen Interesse seiner Mitglieder insgesamt unternehmerisch tätig geworden sei, dem Kläger der Vorsteuerabzug zustehe, insofern aber auch die Beiträge der Mitglieder, die diese – neben den Sonderentgelten – zu entrichten hatten, Gegenleistung für die Leistungen des Klägers an die Mitglieder seien, da insoweit ein steuerbarer Leistungsaustausch vorliege.

    Der Kläger ist der Auffassung, bei den Waldkalkungen handele es sich nicht um eine Leistung an die einzelnen Mitglieder, sondern um eine Leistung gegenüber dem Zuschussgeber, weil dieser die Waldschäden im öffentlichen Interesse behoben haben wollte; damit handele es sich bei dem Zuschuss um Schadenersatz. Unabhängig davon seien die Waldkalkungen dem unternehmerischen Bereich des Vereins zugehörig und der Vorsteuerabzug zu gewähren. Der Vereinsbereich wäre nur dann betroffen, wenn die Betätigung die Gesamtbelange der Mitglieder betreffe. Dies sei bei den Waldkalkungen aber nicht der Fall gewesen. Der Anspruch auf eine Waldkalkung habe sich nicht aus der Mitgliedschaft, sondern aufgrund eines mit den Mitgliedern jeweils individuell geschlossenen Vertrages ergeben. Die Durchführung der Waldkalkung sei den Mitgliedern eines bestimmten Areals angeboten und erst nach deren ausdrücklicher Zustimmung durchgeführt worden. Die Kalkung würde im Waldgebiet des jeweiligen Mitglieds eine positive Wirkung entfalten, so dass eine höhere Holznutzung möglich sei. Damit sei eine Zuordnung zum unternehmerischen Bereich hergestellt. Auf die Vereinbarung eines Entgelts komme es nicht an. Insbesondere stellten die Mitgliedsbeiträge kein Entgelt für die Waldkalkungen dar. Diese seien vielmehr nicht steuerbar, da sie den Allgemeinbelangen des Vereins dienten und keine Gegenleistung für individuell erbrachte Leistungen seien. Würde man davon ausgehen, dass es sich nicht um echte Mitgliedsbeiträge handelt, müsse geprüft werden, ob eine Beeinträchtigung der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit und damit ein Verstoß gegen Art. 9 Grundgesetz gegeben sei. Insofern sei es von grundlegender und essentieller Bedeutung zu erfahren, ob es nicht auch nach der geänderten Rechtsprechung des EuGH und des BFH einen nichtunternehmerischen Bereich gebe, der die Gesamtbelange der Mitglieder wahrnehme. Die Zuschüsse für die Waldkalkungen seien ebenfalls nicht steuerbar, da sie allgemeinpolitischen Belangen dienten. Erst durch die Zuschüsse werde es ihm ermöglicht, seine satzungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen. Systematisch unzutreffend sei es, aus der Nichtsteuerbarkeit der Zuschüsse Folgerungen für die Vorsteuerabzugsberechtigung zu ziehen. Der Vorsteuerabzug sei vielmehr nur für solche Aufwendungen ausgeschlossen, die die Gesamtbelange aller Mitglieder beträfe. Die Besteuerung nach der Mindestbemessungsgrundlage komme ebenfalls nicht zur Anwendung. Vielmehr sei auf die Verkehrswerte für die Maßnahmen abzustellen.

    Der Kläger beantragt,

    den Umsatzsteuerbescheid 2001 vom 10. August 2006 und den Einspruchsbescheid vom 27. November 2006 aufzuheben.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Waldkalkungen nicht dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet werden könnten, weil eine Umsatzsteigerung nicht anhand konkreter Kostenzurechnungsgesichtspunkte ermittelt werden könne. Soweit die Waldkalkungen doch im Rahmen eines Leistungsaustausches erbracht worden seien, seien die Mitgliedsbeiträge als Entgelt zu erfassen, nicht aber der Zuschuss, da dieser darauf abziele, dem Verfall des Waldes aufgrund sauren Regens im Interesse der Allgemeinheit entgegenzuwirken. Der Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Bereich sei so unbestimmt, dass er nicht geeignet sei, die ideelle Tätigkeit des Vereins zu überlagern. Eine Steigerung des Holzpreises sei nicht vorrangiges Ziel bei der Festlegung, welche Flächen gekalkt werden. Es sei jedoch die Mindestbemessungsgrundlage zu berücksichtigen.

    Gründe

    Die Klage ist unbegründet.

    Dem Kläger steht der Vorsteuerabzug aus den Eingangsrechnungen, die im Zusammenhang mit den Waldkalkungen stehen, zu. Gleichzeitig unterliegen die Mitgliedsbeiträge und die öffentlichen Zuschüsse sowie weitere Einnahmen des Klägers der Umsatzsteuer. Soweit die Einnahmen aus der Waldkalkung nicht die Kosten decken, unterliegen die vom Kläger seinen Mitgliedern gegenüber erbrachten Leistungen der Waldkalkung nach § 10 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 UStG der Mindestbesteuerung.

    1. Der Kläger ist gemäß § 2 Abs. 1 UStG Unternehmer. Hat der forstwirtschaftliche Zusammenschluss wie im Fall des Klägers die Rechtform eines rechtsfähigen Vereins mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb gewählt, so kann ihm gemäß § 19 BWaldG durch die für die Anerkennung zuständige Behörde gleichzeitig mit der Anerkennung die Rechtsfähigkeit nach § 22 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verliehen werden. Aus dieser gesetzlich normierten Zweckbestimmung einer Forstbetriebsgemeinschaft, die Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmten Grundstücke zu verbessern (vgl. § 16, § 18 Abs. 1 Nr. 2 BWaldG) und aus den Aufgaben einer Forstbetriebsgemeinschaft (§ 17 BWaldG), mit der die satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers korrespondieren, folgt, dass er im konkreten wirtschaftlichen Interesse seiner Mitglieder insgesamt unternehmerisch tätig wurde. Dafür spricht auch, dass der Kläger kein nichtwirtschaftlicher Verein („Idealverein”) i.S. des § 21 BGB, sondern ein wirtschaftlicher Verein i.S. des § 22 BGB ist.

    Nach diesen Feststellungen des als Urteil wirkenden Gerichtsbescheides des BFH vom 18. Juni 2009 (V R 77/07) umfasste das Unternehmen des Klägers gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) nicht nur den Bereich Holzverkauf, sondern der Kläger war insgesamt unternehmerisch tätig. An diese rechtliche Feststellung ist das Gericht gemäß § 126 Abs. 5 Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden. Danach unterliegen alle Einnahmen des Klägers aus Lieferungen und sonstigen Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG) der Besteuerung nach dem Umsatzsteuergesetz. Hierzu gehören auch die Mitgliedsbeiträge und Zuschüsse, soweit sie Entgelt für Leistungen sind.

    2. Der Kläger erbrachte mit den Waldkalkungen auf Forstflächen seiner Mitglieder diesen gegenüber steuerbare und steuerpflichtige Leistungen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG. Dies steht im Einklang mit der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH –, der sich das Gericht anschließt. Der BFH hat insofern im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 21. März 2002 Rs. C-174/00, – Kennemer Golf & Country Club – (Slg. 2002, I-3293, BFH/NV Beilage 3, 2002, 95, UR 2002, 320) seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach ein Leistungsaustausch nicht gegeben sei, soweit der Verein in Verwirklichung des Satzungszwecks unter Einsatz des Beitragsaufkommens tätig werde (vgl. BFH, Urteile vom 20. Dezember 1984 V R 25/76, BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176 und vom 20. August 1992 V R 2/88, BFH/NV 1993, 204). Dafür, dass der Kläger (teilweise) lediglich allgemeine Interessen seiner Mitglieder wahrgenommen hat, wie z.B. eine Vereinigung zur allgemeinen Förderung der Interessen des Agrarsektors (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – EuGH – vom 12. Februar 2009 Rs. C-515/07, VNLTO, Deutsches Steuerrecht 2009, 369 Rdnrn. 32 ff.), ergibt sich kein konkreter Anhaltspunkt. Insoweit reicht nicht aus, dass durch den Zweck des Vereins nach § 2 der Satzung – Verbesserung der Bewirtschaftung der angeschlossenen Waldflächen und der zur Aufforstung bestimmter Grundstücke – „somit auch” die Wirkungen des Waldes für Landeskultur und Volkserholung erhöht werden sollen und dass nach den satzungsgemäßen Einzelaufgaben auch nicht näher bezeichnete „Maßnahmen für die Landeskultur” aufgeführt sind. Denn dabei handelt es sich um nur mittelbare Folgen der in erster Linie von der Klägerin bezweckten Förderung der konkreten wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder. Bei den vom Kläger erbrachten Waldkalkungen handelt es sich um Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, da sie den an der Maßnahme teilnehmenden Mitgliedern des Klägers konkrete Vorteile brachten, indem die Auswirkungen des sauren Regens neutralisiert, der Wald- und Holzbestand qualitativ verbessert und dadurch die Vermarktungs- und Gewinnchancen wesentlich erhöht wurden.

    3. a) Die von diesen Mitgliedern gezahlten Mitgliedsbeiträge stehen mit den Leistungen der Waldkalkung im Sinne eines Leistungsaustauschverhältnisses in einem wechselseitigen Zusammenhang (vgl. EuGH, Urteile vom 5. Februar 1981 Rs. C-154/80 – „Coöperatieve Aadappelenbewaarplaats” – Slg. 1981, 445; vom 8. März 1988 Rs. C-102/86 – „Apple an Pear Development Council” – Slg. 1988, 1443; BFH, Urteil vom 30. Januar 1997 V R 133/93, BStBl. II 1997, 335). Sie stellen (zumindest anteilig) ein Entgelt für die vom Kläger durchgeführten Maßnahmen ihnen gegenüber dar, weil nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) Beiträge der Mitglieder eines Vereins (Mitgliedsbeiträge) i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG dann Entgelt für die Leistungen des Vereins an seine Mitglieder sind, wenn diese wie im Fall der Mitglieder des Klägers einen konkreten Vorteil erhalten (vgl. BFH-Urteile vom 9. August 2007 V R 27/04, BFHE 217, 314, BFH/NV 2007, 2213, unter II. 4.; vom 11. Oktober 2007 V R 69/06, BFHE 219, 287, BFH/NV 2008, 322, unter II. 2. b; vom 29. Oktober 2008 XI R 59/07, BFHE 223, 493, BFH/NV 2009, 324; a.A. Abschn. 4 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und Abschn. 22 Abs. 1 Satz 1 UStR; Oberfinanzdirektion Hannover, Vfg. vom 23. Juli 2003 - S 7100-491-StO 351 - S 7100-1004-StH 446, UR 2004, 96). Dass der Kläger selbst zumindest anteilig von einem Entgelt der Mitgliedsbeiträge für Waldkalkungen ausging ohne dies jedoch ausdrücklich in dieser Form anzuerkennen, folgt daraus, dass er nach seinen eigenen Angaben Defizite vorangegangener Waldkalkungen teilweise aus eigenen Mitteln und damit auch durch Mitgliedsbeiträge deckte und decken musste, da er nach Ziffer 3 des Antrags die Erklärung abgegeben hatte, dass alle förderungsfähigen Kosten und Eigenleistungen von ihm ohne Beteiligung Dritter getragen und erbracht werden.

    b) Ferner ist der gesamte Zuschuss der Landwirtschaftskammer Hannover als Entgelt für die Waldkalkungen zu berücksichtigen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG gehört zum Entgelt auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt. Art. 11 A Abs. 1 a) 6. EG-Richtlinie bestimmt insoweit, dass Besteuerungsgrundlage bei Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen alles ist, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen. Bei dem Zuschuss der Landwirtschaftskasse Hannover zur Waldkalkung handelt es sich nicht um einen echten (nichtsteuerbaren) Zuschuss, sondern um Entgelt von dritter Seite.

    aa) Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Lieferungen oder sonstige Leistungen an Dritte erbringt, gehören nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 22. November 2001 Rs. C-184/00 „Office des produits wallons”, UVR 2002, 47 und des BFH (Urteil vom 9. Oktober 2003 V R 51/02, BStBl II 2004, 322; Beschluss vom 16. November 2004 V B 104/04, BFH/NV 2005, 391; Urteile vom 18. Juni 2009 V R 76/07, BFH/NV 2009, 2007 und V R 77/07, BFH/NV 2009, 1912) dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG zum Entgelt für diese Umsätze, wenn

    - der Zuschuss dem Abnehmer des Gegenstands oder dem Dienstleistungsempfänger zugute kommt,

    - der Zuschuss gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten sonstigen Leistung gezahlt wird, und

    - mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.

    bb) Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Zuschuss wurde vom Kläger nur für die förderfähigen Flächen derjenigen Mitglieder beantragt und bewilligt, die in individueller Abstimmung des Klägers mit ihnen nach forstfachlichen Kriterien ermittelt und zusammengestellt worden waren und die dieser Maßnahme ausdrücklich zugestimmt hatten. Die Maßnahme wurde auch erst dann bei ihnen durchgeführt, wenn sie nach Bekanntgabe der von ihnen zu tragenden Kosten das Angebot zur Durchführung der Maßnahme bestätigt hatten.

    Die Zuschüsse der Landwirtschaftskammer kamen auch konkret den Mitgliedern des Klägers zugute, die ihr Einverständnis zu den Waldkalkungen erklärt hatten. Diese hatten ihr Einverständnis zumindest auch deshalb erteilt, weil die mit den Zuschüssen finanzierten Waldkalkungen ihnen Vorteile für ihre Waldflächen und den darauf stehenden Baumbestand brachten, die Holzernte wirtschaftlicher gestaltete und dieser Vorteil aufgrund der Bezuschussung der Kosten ihnen für einen Preis zugewandt werden konnte, der nicht kostendeckend, sondern subventioniert war, konkret im Streitjahr zu 100 %. Die Zuschüsse wurden, wie sich aus den an die Bewilligungsbehörde gerichteten Anträgen sowie den Zuwendungsbescheiden ergibt, zweckgebunden für die in den Anträgen im Einzelnen aufgeführten Leistungen bewilligt, die in das den Mitgliedern zugute kommende Gesamtprojekt Waldkalkung eingingen. Damit wurde eine unmittelbare Beziehung zwischen der Subvention und der vom Kläger an das Mitglied erbrachten Leist¬ung hergestellt. Durch den zeitlich vor Abschluss des Projekts Waldkalkung erteilten Bewilligungsbescheid wurde auch eine Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung an der Kläger begründet, die es dem Kläger ermöglichte, seine Kalkulation für die nach Abschluss der Maßnahme von den Mitgliedern zu erhebenden Entgelte zu konkretisieren, was im Streitjahr dazu führte, dass wegen vollständiger Kostendeckung durch die Zuschüsse von den Mitgliedern kein Eigenanteil und damit kein Entgelt erhoben werden musste.

    4. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Zuschuss – wie vom Kläger behauptet – nicht im Streitjahr, sondern erst im Folgejahr ausgezahlt wurde, oder, was nach der Anweisung der Landwirtschaftskammer Hannover vom 23. Oktober 2001 näher liegt, dieser doch schon im Streitjahr ausgezahlt wurde. Denn soweit das ermittelte Gesamtentgelt der zu berücksichtigenden Mitgliedsbeiträge und des Zuschusses für die Waldkalkung niedriger ist als die bei der Ausführung der Umsätze entstandenen Ausgaben, ist nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die Mindestbemessungsgrundlage zu berücksichtigen, die sich an den entstandenen Aufwendungen für die Waldkalkung bemisst. Nach der Rechtsnorm des § 10 Abs. 5 Nr. 1 UStG kommt es für den Zeitpunkt des Ansatzes der Mindestbemessungsgrundlage auf die „Ausführung” des Umsatzes an die Mitglieder an. Ausgeführt hat der Kläger Leistungen an seine Mitglieder im Streitjahr, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist.

    a) Gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 UStG (vgl. BFH, Urteile vom 11. Oktober 2007 V R 77/05, BFHE 219, 277, BStBl II 2008, 443, m.w.N. und vom 24. Januar 2008 V R 39/06, BFHE 221, 388, m.w.N.) bemisst sich der Umsatz bei sonstigen Leistungen, die Körperschaften und Personenvereinigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1-5 KStG im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Mitglieder ausführen, nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Kosten, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Im Streitfall hat der Kläger als Körperschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG mit den Waldkalkungen an seine Mitglieder Leistungen erbracht, für die sie nur anteilig mit ihren Mitgliedsbeiträgen in einer zu schätzenden Höhe ein Entgelt entrichtet haben. Selbst wenn man alle Mitgliedsbeiträge zugrunde legen würde, was schon deshalb nicht möglich wäre, weil nicht alle Mitglieder an den Waldkalkungen teilgenommen haben, ergäbe sich kein kostendeckendes Entgelt, so dass die Voraussetzungen für die Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage vorliegen.

    b) Es kann letztlich dahingestellt bleiben, wie hoch der Anteil und die Höhe der Mitgliedsbeiträge derjenigen Mitglieder ist, bei denen eine Waldkalkung stattgefunden hat und für die diese als Entgelt für die Waldkalkung zu berücksichtigen wären, da selbst die gesamten erklärten Mitgliedsbeiträge in Höhe von 9.816,90 DM (5.019,30 €) und der Zuschuss der Landwirtschaftskammer Hannover in Höhe von 161.440 DM (82.542,96 €), insgesamt 171.256,90 DM, geringer ist als die rechnerisch aus den geltend gemachten Vorsteuern für die Waldkalkung errechneten Kosten in Höhe von brutto 205.870,78 DM (177.474,81 DM zuzüglich 28.395,78 DM Umsatzsteuer von 16 %). Diese entsprechen zumindest den Kosten, für die der Kläger den Vorsteuerabzug geltend macht, sodass die aufgrund der Mindestbemessungsgrundlage festzusetzende Umsatzsteuer zumindest der vom Kläger mit der Klage geltend gemachten Vorsteuer entspricht, mit der Folge, dass die angefochtene Umsatzsteuerfestsetzung zu keiner niedrigeren Steuerfestsetzung führen kann. Dies gilt erst recht, wenn man die Aussage des Klägers berücksichtigt, dass die Zuschüsse insgesamt die Kosten deckten, da in diesem Fall unter Berücksichtigung der anteiligen Mitgliedsbeiträge der begünstigten Mitglieder ein höheres Entgelt erzielt worden wäre als nach der Mindestbemessungsgrundlage zu berücksichtigen ist und die darauf entfallende Umsatzsteuer höher als die geltend gemachten Vorsteuerbeträge für die Waldkalkungen wäre. Insofern wäre das Gericht jedoch gem. § 96 FGO an einer Verböserung (vgl. Gräber/Stapperfend, FGO, 7. Aufl., § 96 Rdn. 7 m.w.N. aus der Rechtsprechung) gehindert.

    5. Gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinne des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuern abziehen. Verfügt der Unternehmer neben seinem unternehmerischen Bereich noch über einen ideellen, nichtunternehmerischen Bereich, so steht ihm kein Vorsteuerabzug zu, wenn die Eingangsleistung für den ideellen Bereich bezogen wurde, weil dann die Leistung nicht „für sein Unternehmen ausgeführt worden” ist. An einer Leistung fehlt es, wenn eine Vereinigung Gemeinschaftszwecke verfolgt, die dem Einzelnen nicht oder nur reflexartig zugute kommen, sondern der Allgemeinheit oder einem unbestimmten Kreis von Nutznießern (BFH Urteil vom 20. August 1992 V R 2/88, BFH/NV 1993, 204; Abschnitt 22 Abs. 1 Umsatzsteuerrichtlinien). Der Bezug von Eingangsleistungen zur Erfüllung dieser Gemeinschaftszwecke berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug. Im Streitfall betreffen die Waldkalkungen – wie dargelegt – nicht den ideellen Bereich des Klägers, sondern die Sonderinteressen der einzelnen Mitglieder, weil die Vornahme der Waldkalkung den Wert der Waldflächen steigerte und damit einen individuellen Vorteil der begünstigten Mitglieder begründete.

    6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung – FGO –.

    VorschriftenUStG § 2 Abs. 1, UStG § 10, UStG § 15, BGB § 21, BGB § 22

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