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  • · Fachbeitrag · § 15 UStG

    Kein Vorsteuerabzug aus zweifelhaften Goldlieferungen

    | Auch wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Entstehung und Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt sind, darf dieses Recht zur Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen versagt werden. Im Urteilsfall hätten die sehr hohen Umsatzsteigerungen Zweifel am Lieferanten aufkommen lassen müssen. |

     

    Sachverhalt

    Der ursprünglich in der Schmuckbranche als Industriekaufmann ausgebildete Kläger (K) war im Streitjahr selbstständig als An- und Verkäufer von Altgold tätig. Über die Ankäufe rechnete K mit seinen Lieferanten durch Gutschrift ab und machte hieraus den Vorsteuerabzug geltend.

     

    Das angekaufte Altgold von wöchentlich 30 bis 40 Kilogramm verkaufte der Kläger zunächst an eine Bank, die an einer Scheideanstalt beteiligt war. Die Bank stellte wegen explosionsartiger Umsatzsteigerungen aus den Edelmetallverkäufen des Klägers eine Geldwäscheverdachtsanzeige beim Landeskriminalamt.

     

    Nach Einstellung der Geschäftsbeziehung mit der Bank lieferte der Kläger das angekaufte Altgold an ein anderes Unternehmen. Nach Durchführung einer Steuerfahndungsprüfung versagte das beklagte FA den Vorsteuerabzug aus den Gutschriften. Der Kläger hätte wissen müssen, dass die Umsätze seiner Lieferanten in einen Umsatzsteuerbetrag einbezogen waren.

     

    Entscheidung

    Das FG bestätigte die Rechtsauffassung des FA und stützte sein klageabweisendes Urteil darauf, dass der Kläger mit seinen Geschäften die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns verletzt habe.

     

    Auch wenn die formellen und materiellen Voraussetzungen für die Entstehung und Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts erfüllt seien, dürfe dieses Recht zur Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen versagt werden. Die Versagung des Vorsteuerabzugsrechts sei zulässig, wenn der Unternehmer wusste oder wissen konnte, dass der betreffende Umsatz in eine vom Lieferer begangene Steuerhinterziehung einbezogen war oder, dass in der Lieferkette bei einem vorausgehenden oder nachfolgendem Umsatz Steuer hinterzogen werde.

     

    Dies sei nicht nur der Fall, wenn der Steuerpflichtige selbst eine Steuerhinterziehung begehe, sondern auch, wenn ein Steuerpflichtiger wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit seinem Erwerb an einem Umsatz teilnahm, der in eine Mehrwertsteuerhinterziehung einbezogen war. Unter solchen Umständen sei der betreffende Steuerpflichtige umsatzsteuerlich als an dieser Hinterziehung Beteiligter anzusehen, und zwar unabhängig davon, ob er im Rahmen seiner besteuerten Ausgangsumsätze aus dem Weiterverkauf der Gegenstände oder der Verwendung der Dienstleistungen einen Gewinn erziele.

     

    Bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätten dem dem Kläger angesichts der sehr hohen Umsatzsteigerungen Zweifel an seinen Lieferanten aufkommen müssen. Seine Umsätze seien vom 1. Vierteljahr auf das 2. Vierteljahr um das 7-Fache und vom 2. Vierteljahr auf das 3. Vierteljahr um das 57-Fache gestiegen. Einem Unternehmer, der mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelt, wäre im Streitfall weiter aufgefallen, dass die Betriebsstätten seiner Lieferanten weit entfernt von seiner Geschäftsadresse gelegen hätten. Der Kläger hätte sich fragen müssen, weshalb die Lieferanten nun in einer solcher exponentiellen Art und Weise auf ihn zukamen, ihn förmlich mit Altgoldlieferungen über-rannten und dabei auch weite Anfahrten in Kauf nahmen, statt Scheideanstalten in räumlicher Nähe aufzusuchen.

     

    Ein ordentlicher Kaufmann hätte vor diesem Hintergrund „den Kopf nicht in den Sand gesteckth“. Vielmehr hätte ihn seine ‒ schon aufgrund allgemein bekannter Erfahrungen t‒ durchaus begründete Sorge, in mit einem Mehrwertsteuerbetrug verbundene Geldwäschegeschäfte verwickelt zu werden oder Hehlerei zu begehen, im Ergebnis von vornherein davon abgehalten, sich in solche Geschäfte einbinden zu lassen.

     

    Des Weiteren hätte der Kläger über seine Lieferanten allein schon deshalb Erkundigungen einholen müssen, weil diese ihm erhebliche Goldmengen ohne jegliche Sicherheiten anlieferten. Nach seiner Darstellung oblag es ihm allein, nach der Anlieferung jeweils die Scheideanstalt aufzusuchen und die Abrechnung sowie Zahlung zu veranlassen. Dass seine Lieferanten ihm als einen im Wesentlichen mittellosen Unternehmer einen derartigen Vertrauensvorschuss gewährten, sei unüblich und weiche von den Usancen eines ordentlichen Geschäftsverkehrs deutlich ab.

     

    PRAXISTIPP | Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Das Aktenzeichen des BFH lautet XI B 17/19.

     

    Fundstelle

    Quelle: ID 46015954