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  • 04.03.2010 | Aktuelle Rechtsprechung

    ArbG Düsseldorf: Arzt konnte Schadenersatz nicht vom Arbeitgeber zurückfordern

    Ein Assistenzarzt nahm an der Operation eines Patienten teil, die sein Oberarzt verantwortlich leitete. Dabei wurde dem Patienten ein Bauchtuch im Bauchraum eingelegt, das anschließend versehentlich nicht wieder entfernt wurde. Auf Anweisung des Oberarztes wurde eine Suche danach unterlassen. Der Patient verstarb später. Die Staatsanwaltschaft bot dem Assistenzarzt mit Zustimmung des Amtsgerichts an, gegen Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 1.000 Euro auf die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen zu verzichten. Der Arzt stimmte zu und zahlte das Geld, forderte es aber anschließend im Klageverfahren von seinem Arbeitgeber zurück.  

    Das Urteil

    Das Arbeitsgericht Düsseldorf entschied am 22. Dezember 2009 (Az: 7 Ca 8603/09; Abruf- Nr. 100463 unter www.iww.de), dass der Assistenzarzt das Geld nicht vom Arbeitgeber zurückverlangen kann. Dazu die Begründung des Gerichts: „Ein vorgesetzter Oberarzt, der einen ihm untergebenen Assistenzarzt anweist, lebensrettende Maßnahmen zu unterlassen, handelt offensichtlich nicht im Interesse und schon gar nicht in Vollmacht der Arbeitgeberin.“  

     

    An anderer Stelle heißt es im Urteil: „Es ist schon sehr verwunderlich, dass ein akademisch gebildeter Mensch wie der Kläger ernsthaft die Auffassung vertreten kann, er müsse sich an eine Anweisung seines vorgesetzten Arztes halten, die die konkrete Gefährdung eines Menschenlebens birgt. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hatte dieser offensichtlich noch nicht einmal versucht, seinen Vorgesetzten zu einer anderen Vorgehensweise zu bewegen.“ Das Gericht meinte, gegebenenfalls hätte sich der Arzt unverzüglich an den Chefarzt bzw. an die Krankenhausleitung wenden müssen, die dann wiederum den Oberarzt hätte anweisen können, lebensrettende Maßnahmen einzuleiten.  

    Anmerkungen

    Diese Entscheidung wirft außerdem ein Schlaglicht auf das Betriebsklima: Offenbar herrschte in der betreffenden Abteilung ein streng hierarchisches Regime, das keine Kritik zulässt. Wie sonst ist es zu erklären, dass ein verantwortlicher Operateur trotz Aufforderung durch seinen Assistenten die Suche nach einem OP-Tuch unterlässt und dass ein Assistent dies hinnimmt, ohne zumindest postoperativ etwas zur Rettung des Patienten zu unternehmen? Vertrauen und eine adäquate Fehlerkultur hätten den Patienten wohl retten können.  

    Quelle: Ausgabe 03 / 2010 | Seite 9 | ID 134016