Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Strafrecht

    Chefärzte können für Nachlässigkeiten nachgeordneter Ärzte strafrechtlich verurteilt werden

    von RA Dr. Matthias Losert, LL.M., Berlin, matthias-losert.de

    | Dass Chefärzte zivilrechtlich im Sinne eines Organisationsverschuldens haften können, ist gemeinhin bekannt ( CB 10/2021, Seite 13 ). Doch auch strafrechtlich können sie belangt werden, wenn sie gegen Fehler nachgeordneter Ärzte nicht einschreiten. Das musste ein niedergelassener HNO-Arzt erfahren, der mit einem Kollegen eine Gemeinschaftspraxis betrieb: Das Gericht verurteilte nicht nur den behandelnden Arzt wegen Körperverletzung mit Todesfolge, sondern auch den Mitinhaber der Praxis wegen Beihilfe durch Unterlassen (Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 18.06.2024, Az. 5 StR 67/24). Das Urteil ist auf Chefärzte im Krankenhaus übertragbar. |

    HNO-Arzt missachtet ärztlichen Standard, Patient verstirbt

    Ein HNO-Arzt führte im Jahr 2007 in seiner Praxis eine ambulante Operation an einem Kind durch. Nach dem Eingriff wurde das Kind in einen Aufwachraum verbracht. Wie bei solchen Operationen in einigen Fällen üblich, gab es eine Nachblutung, sodass der Patient nicht mehr atmen konnte. Er wurde durch einen herbeigeholten Notarzt versorgt und verstarb später. Der HNO-Arzt hatte darauf verzichtet, den Patienten nach dem Aufwachen im Aufwachraum zu überwachen. Das widersprach ärztlichen Standards. Denn der Arzt hätte den Patienten an ein Gerät zur Messung der Sauerstoffsättigung im Blut anschließen müssen. Das ergibt sich durch eine im Jahr 1997 veröffentlichten Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Durch den Einsatz eines solchen Pulsoxymeters hätte man die Atemprobleme des Patienten früher erkennen und behandeln können.

    Justizmarathon endet mit Verurteilung beider Praxisinhaber

    Die Staatsanwaltschaft ermittelte zunächst gegen beide Praxisinhaber, stellte aber im Jahr 2011 die Ermittlungsverfahren ein. Daraufhin erstattete der Rechtsanwalt der Eltern des Opfers, die im Verfahren als Nebenkläger auftraten, Strafanzeige. Im Jahre 2013 wurden die Ermittlungsverfahren gegen Zahlung einer Geldauflage seitens des Operateurs erneut eingestellt. Dagegen wandte sich wiederum der Anwalt der Eltern des Geschädigten mit einem gerichtlichen Klageerzwingungsantrag. Diesen verwarf das Hanseatische Oberlandesgericht 2015 als unzulässig. Eine hiergegen eingereichte Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg, sodass im Jahre 2021 die Anklage erhoben wurde, die dann zur Verurteilung durch das Landgericht (LG) Hamburg führte. Die dagegen gerichtete Revision scheiterte vor dem BGH.