01.06.2004 | Aktuelle Rechtsprechung
Wichtige Änderungen beim Ortszuschlag - auch für Chefärzte finanziell vorteilhaft
von Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht, Kanzlei Klostermann, Bochum
Bei den meisten Chefärzten in der Bundesrepublik besteht die Vergütung zum einen aus der Grundvergütung und zum anderen aus dem Ortszuschlag. Das Besondere bei dem Ortszuschlag ist, dass es hier je nach familiärer Situation - verheiratet, geschieden, unterhaltspflichtig - zu finanziellen Unterschieden bei der Höhe kommt. Nun sorgt ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 29. April 2004 (Az: 6 AZR 101/03 -Abruf-Nr. 041274 ) für Aufregung, denn eine neue Zielgruppe soll nun auch vom höheren Ortszuschlag profitieren: die Lebenspartnerschaften.
Der Ortszuschlag verfolgt den Zweck, die aus einem bestimmten Familienstand resultierenden finanziellen Belastungen adäquat auszugleichen und damit den individuellen Pflichten und Bedürfnissen des einzelnen Angestellten auf der Vergütungsseite Rechnung zu tragen.
Nach der Konstellation der Vergütungstarifverträge erhalten verheiratete sowie verwitwete und geschiedene Angestellte - soweit diese aus der früheren Ehe noch unterhaltsverpflichtet sind - einen höheren Ortszuschlag als ledige Angestellte. Somit steht einem Angestellten der höhere Ortszuschlag auch dann zu, wenn er nicht mehr verheiratet ist, gleichwohl aus der früheren Ehe noch Unterhaltspflichten existieren. Begründung: Durch den Ortszuschlag sollen die aus dem früheren Familienstand nachwirkenden finanziellen Belastungen ausgeglichen werden.
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Mit dem am 1. August 2001 in Kraft getretenen Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft war bisher in der Rechtsprechung streitig, ob auch eine solche Lebenspartnerschaft alle Merkmale erfüllt, an die die maßgeblichen tarifvertraglichen Regelungen den höheren familienstandsbezogenen Ortszuschlag anknüpfen. Trotz des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes vor drei Jahren wurden dieser "neue" Familienstand im Stufensystem des Ortszuschlags nicht berücksichtigt. Nun hat sich das BAG mit einem solchem Fall befasst:
Ein unter den Anwendungsbereich des BAT fallender Angestellter hat auf der Basis des vorgenannten Gesetzes im Oktober 2001 eine Lebenspartnerschaft begründet und darauf basierend den höheren Ortszuschlag beansprucht. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hatten diesen Anspruch abgewiesen. Jetzt aber hat das BAG mit oben zitiertem Urteil die Entscheidung des LAG Düsseldorf aufgehoben und dem Angestellten den höheren Ortszuschlag zugesprochen.
Das BAG hat deutlich gemacht, dass auch das Rechtsinstitut der Lebenspartnerschaft Unterhaltspflichten entsprechend denen der Ehe konstituiert und ebenso wie die Ehe kraft Gesetzes eine auf Dauer angelegte und durch staatlichen Akt begründete Verantwortungsgemeinschaft ist, die nur durch eine gerichtliche Entscheidung vorzeitig aufgelöst werden kann. Somit erfüllt auch die Lebenspartnerschaft alle tarifvertraglichen Merkmale, an die die Tarifnormen einen Anspruch auf einen höheren Ortszuschlag knüpfen. Folglich lässt sich nach Ansicht des BAG die Regelungslücke nur durch die Gleichstellung von Angestellten - die eine Lebenspartnerschaft eingegangen sind - mit solchen Angestellten, die verheiratet sind, schließen.
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