01.03.2004 | Arbeitsrecht
Unterschiedliche Verpflichtung zweier Chefärzte zur Teilnahme an Rufbereitschaften?
von Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht, Kanzlei Klostermann, Bochum
Kann ein Krankenhausträger einen Chefarzt zur Teilnahme an den Rufbereitschaften verpflichten, auch wenn ein anderer Chefarzt am gleichen Krankenhaus in die regelmäßige Rufbereitschaft nicht eingebunden wird? Wenn ja, warum? Gilt in solchen Fällen nicht das Gleichbehandlungsprinzip? Diese Fragen werden von Chefärzten immer wieder gestellt. Der folgende Beitrag gibt Antworten hierauf.
Bei der ersten Frage kommt es maßgeblich auf die Formulierung in den einzelnen Chefarztverträgen an. Hier finden sich unterschiedlichste Regelungen. Entscheidend ist, ob im Vertrag von einer "turnusgemäßen" Teilnahmeverpflichtung die Rede ist oder die Formulierung "erforderlichenfalls" verwendet wird. Abhängig vom Wortlaut der jeweiligen vertraglichen Vereinbarung ergeben sich hieraus auch unterschiedliche Teilnahmepflichten für den betroffenen Chefarzt. Selbstverständlich ist stets die individuelle Vertragsgestaltung im Detail sowie die bisherige - unter Umständen langjährige - betriebliche Übung bei der Auslegung einer solchen vertraglichen Vereinbarung zu berücksichtigen.
Bei einer "turnusgemäßen" Teilnahmeverpflichtung hängt die Anzahl der vom Chefarzt persönlich zu leistenden Dienste mittelbar von der Anzahl der für diese Dienste zur Verfügung stehenden hinreichend qualifizierten nachgeordneten Ärzte ab. Dies gilt sowohl für den Rufdienst als auch gegebenenfalls für den Bereitschaftsdienst. Es ist in diesem Fall von einer Teilnahmeverpflichtung des Chefarztes auszugehen - lediglich der Umfang der Dienstverpflichtung ist von der Mitarbeiterzahl abhängig.
Dem gegenüber bedeutet eine Teilnahmeverpflichtung "erforderlichenfalls" keine generelle Verpflichtung zur persönlichen Ableistung von Diensten. Hier kann eine persönliche Teilnahmeverpflichtung nur entstehen, wenn diese "erforderlich" ist - das heißt in den Fällen, wo mit dem zur Verfügung stehenden nachgeordneten ärztlichen Personal die Patientenversorgung bei den Bereitschafts- und Rufbereitschaftsdiensten nicht mehr sichergestellt werden kann.
Hier kann der Chefarzt - dem die Organisationsverpflichtung zur Sicherstellung der Dienste zukommt - die im Monat anfallenden Dienste durch die hierfür zur Verfügung stehende Anzahl der Mitarbeiter zuzüglich seiner Person dividieren. Dadurch erhält er dann den Umfang der von ihm maximal persönlich zu leistenden Dienste. Damit kann in Abhängigkeit von der Abteilungsgröße sowie der Anzahl der tatsächlich zur Verfügung stehenden Mitarbeiter eine erhebliche Teilnahmeverpflichtung für den Chefarzt entstehen. Aber auch bei einer großen Anzahl an nachgeordneten Ärzten verbleibt es immer bei einer Teilnahmeverpflichtung, die lediglich auf Grund der großen Anzahl dem Umfang nach reduziert ist.
Selbstverständlich sind hierbei auch Veränderungen der Personalstruktur zu berücksichtigen. Bei Vergrößerung oder Verkleinerung der Mitarbeiterzahl - gegebenenfalls auch bedingt durch urlaubs- oder krankheitsbedingte Abwesenheiten - kann eine unterschiedliche Anzahl von persönlich zu leistenden Diensten entstehen.
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