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  • 07.07.2010 | Arzthaftung

    OLG Koblenz: Kein grober Behandlungsfehler trotz Diagnoseirrtums

    von Dr. Dr. Thomas Ufer, Dr. Halbe Rechtsanwälte, Köln

    Unter welchen Voraussetzungen ist ein Diagnoseirrtum als grober Behandlungsfehler einzustufen? Zu dieser Frage hat das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz ein Urteil gefällt, das die Hürden für eine Einstufung als grober Behandlungsfehler und somit für eine Umkehr der Beweislast auf die behandelnden Ärzte hoch ansiedelt. (Urteil vom 7. Mai 2009, Az: 5 U 478/09; Abruf-Nr. 093962 unter www.iww.de).  

    Sachverhalt und Entscheidungsgründe

    Im zugrundel iegenden Fall hatte sich der Patient, der unter multiplen Vorerkrankungen litt, einer Operation zwecks Implantation einer Hüftgelenksprothese unterzogen. Er behauptete, während des damit verbundenen stationären Aufenthalts habe er einen leichten Schlaganfall erlitten. Dieser sei durch die bei dem beklagten Krankenhaus angestellten Ärzte übersehen worden. Eine Therapie sei daher unterblieben, was spätere Beschwerden mitverursacht habe. Er wirft den behandelnden Ärzten vor, sie hätten eine falsche Diagnose gestellt, indem sie deutliche Zeichen eines Schlaganfalls übersehen oder nicht richtig gewichtet haben.  

     

    Das OLG führte dazu aus: Unterstellt, ein leichter Schlaganfall habe vorgelegen, sei dessen Nichterkennen durch die Ärzte im vorliegenden Fall nicht als grober Behandlungsfehler zu werten. Zwar könnten grundsätzlich auch Fehldiagnosen einen Behandlungsfehler begründen. Diagnoseirrtümer könnten die Beweislast aber nur dann vom Patienten auf den Arzt verlagern, wenn sie fundamentaler Natur seien. Dies sei den Ärzten hier nicht anzulasten: Die postoperativen Auffälligkeiten konnten von den Ärzten auch als normale Folgewirkungen der erheblich traumatisierenden Hüftgelenksoperation bei einem noch dazu erheblich vorgeschädigten Patienten gewertet werden. Vor diesem Hintergrund sei durch den Sachverständigen ein schwerer Diagnosefehler überzeugend verneint worden.  

    Fazit

    Die Entscheidung des OLG Koblenz lässt sich damit in die ständige Rechtsprechung auch anderer Gerichte einordnen: Im reinen Diagnosebereich sind diese mit der Bewertung eines Fehlers als „grob fehlerhaft“ zu Recht zurückhaltender als im Therapiebereich. Ein Diagnoseirrtum im Sinne einer Fehlinterpretation erhobener Befunde gilt nur dann als grober Fehler, wenn es sich um eine fundamentale Fehldiagnose handelt.  

    Quelle: Ausgabe 07 / 2010 | Seite 8 | ID 136961