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  • 05.11.2010 | Erstattungsrecht

    Restriktive Off-Label-Rechtsprechung des BSG gilt nicht im stationären Bereich

    von RA, FA für MedR Dr. Gerhard Nitz, Dierks + Bohle Rechtsanwälte, Berlin, www.db-law.de

    Nach einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg steht der Erforderlichkeit einer stationären Krankenhausbehandlung nicht entgegen, dass sie sich in einem Off-Label-Use eines Arzneimittels erschöpft, der im ambulanten Bereich unzulässig wäre (Urteil vom 18.03.2010, Az: L 9 KR 280/08, Abruf-Nr. 103284).  

    Hintergrund

    Auseinandersetzungen mit Krankenkassen um eine Behandlung mit einem zugelassenen Fertigarzneimittel in einer Indikation, auf die sich die Zulassung nicht erstreckt (Off-Label-Use), gibt es fast ausschließlich im ambulanten Sektor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist der Off-Label-Use dort im Regelfall zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung unzulässig. Nur ausnahmsweise ist ein Off-Label-Use zulasten der GKV zulässig, wenn es sich um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, bei der keine andere Therapie verfügbar ist und aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg zu erzielen ist. Letzteres setzt eine publizierte Studienlage voraus, die eine arzneimittelrechtliche Zulassungsreife begründet. Ausnahmen gelten allein bei lebensbedrohlichen Krankheitsbildern.  

     

    Diese restriktive leistungsrechtliche Rechtsprechung des ersten Senats des BSG bezog sich bislang durchweg auf ambulante Arzneitherapien. Der Vertragsarztsenat des BSG übernahm sie und bestätigte Arzneikostenregresse bei vertragsärztlichen Verordnungen, wenn sie den obigen Kriterien für den Off-Label-Use nicht genügten. Nicht geklärt ist bislang, ob diese Off-Label-Rechtsprechung auch für die stationäre Versorgung gilt.  

    Der Fall

    In dem vom LSG entschiedenen Fall wurde ein an Multipler Sklerose leidender Patient mangels verbliebener ambulanter Behandlungsmöglichkeiten nur zu dem Zweck stationär ins Krankenhaus aufgenommen, um ihn dort intravenös mit Cyclophosphamid (Handelsname: Endoxan) zu behandeln. Endoxan ist als Zytostatikum für die Therapie verschiedener Krebserkrankungen, nicht aber zur Behandlung der Multiplen Sklerose zugelassen. Eine ambulante Behandlung mit Cyclophosphamid war wegen des erforderlichen Aufwandes der aggressiven Therapie nicht möglich.