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  • 30.06.2009 | Personalmanagement

    Das Mitarbeiterjahresgespräch: Wie kann der Entwicklungsprozess gefördert werden?

    von Cornelia Harms-Schulze, CHS Personaltraining & -beratung, Bremen, www.chs-bremen.de

    In den letzten Ausgaben des „Chefärzte Brief“ haben wir uns bereits mit der aktiven Mitgestaltung bei der Einstellungspolitik durch den Chefarzt (Nr. 1/2009), den Elementen der gesunden Mitarbeiterkommunikation (Nr. 2/2009), den Verhaltensregeln für Gespräche mit Patienten und Mitarbeitern (Nr. 3/2009), erfolgreicher Mitarbeiterführung (Nr. 4/2009), gezielter Personalentwicklung (Nr. 5/2009) und dem Mitarbeiterjahresgespräch (Nr. 6/2009) befasst.  

     

    Mit welchen Hürden hat eine Führungskraft im Mitarbeiterjahresgespräch umzugehen und wie kann der Entwicklungsprozess des Mitarbeiters vorangetrieben werden? Das Gespräch steht und fällt damit, ob es Ihnen gelingt, den Mitarbeiter zu öffnen und über bislang unangesprochene Dinge, die Ihnen oder Ihrem Mitarbeiter wichtig sind, in einen wirklichen Dialog zu kommen. Nur dann entsteht eine Atmosphäre, in der Meinungsverschiedenheiten ausgesprochen und lösungsorientiert geklärt werden, unterschiedliche Sichtweisen aufgedeckt, Standpunkte bewegt, Kompromisse gefunden werden und so eine konstruktive Zusammenarbeit auf den Weg gebracht wird.  

     

    Beispiel

    Nehmen wir an, Sie sind Chefarzt in der Radiologie. Sie haben eine Chefsekretärin, die für die Privatabrechnung etc. zuständig ist, und zwei zusätzliche Bürokräfte, die sich um die Kassenabrechnung etc. kümmern. Die Bürokräfte sind seit etwa einem Jahr bei Ihnen, die Chefsekretärin, Frau Peters, seit Jahren. Die beiden Mitarbeiterinnen beschweren sich immer wieder über die Sekretärin: dass Informationen nicht fließen und die Absprachen für die gegenseitigen Vertretungen - zum Beispiel beim Überstundenabbau - nicht funktionieren und immer wieder zu Ärger führen.  

     

    Eigentlich sind Sie mit allen drei Mitarbeiterinnen zufrieden. Ihre Sekretärin ist zwar Ihrer Meinung nach etwas unzugänglich, doch trotzdem wäre es Ihnen am liebsten, wenn die drei das untereinander lösen würden. Noch in der letzten Woche forderten Sie Ihre Chefsekretärin auf, sie solle doch mal darauf achten; solche Konflikte seien doch wirklich unnötig. Sie hätten schließlich schon genug mit dem anderen Personal zu tun.  

     

    Leider hat sich danach nichts geändert, ganz im Gegenteil: Die Stimmung unter den Mitarbeiterinnen ist seit kurzem sogar noch angespannter. In den jährlichen Mitarbeitergesprächen müssen Sie daher dieses Thema nochmal ansprechen. Grundlage dafür sind die Beurteilungsbögen des letzten Jahres einschließlich der Selbsteinschätzungsbögen. Zuerst steht das Gespräch mit Frau Peters an.  

     

    Der Gesprächseinstieg

    Beispielformulierung  

    Bemerkungen  

    „Guten Tag Frau Peters. Es freut mich, dass Sie gekommen sind. Nehmen sie Platz! Trinken Sie Kaffee oder Wasser?“  

    Hier beeinflussen Sie gleich zu Beginn die Atmosphäre des Gesprächs.  

    „Das waren anstrengende Wochen, mit den ganzen Abrechnungen. Ich bin froh, dass ich Sie habe. Das funktioniert wirklich gut mit meinen Abrechnungen.“  

    Es gibt immer etwas, auch bei schwierigen Mitarbeitern, um einen motivierenden Start zu finden.  

    „Heute möchte ich mir für Sie Zeit nehmen, Frau Peters, um zu besprechen, wie Ihre Arbeit bzw. unsere Zusammenarbeit und die mit den Kollegen funktioniert. Für mich war es nicht einfach, Sie mit dem Bogen für das vergangene Jahr zu beurteilen; in der langen Zeit ist viel passiert. Natürlich bin ich trotzdem zu einem Ergebnis gekommen. Wie ist es Ihnen denn mit Ihrer Selbsteinschätzung ergangen?“  

    Formulieren Sie, worum es Ihnen heute geht. Machen Sie deutlich, dass Sie sich wirklich Gedanken um den Mitarbeiter gemacht haben. Halten Sie Ihren Einstieg so kurz wie möglich und geben durch entsprechende Fragen Raum zur Rückmeldung.  

    „Ich schlage vor, wir legen die beiden Bögen nebeneinander und sehen gemeinsam, wo es Unterschiede in Ihrer und meiner Einschätzung gibt und was wir beide dagegen tun wollen. Ist das in Ordnung für Sie?“  

    Hier geht es darum, eine Möglichkeit des Vergleichs der Einschätzungsbögen zu schaffen. Gleichzeitig ist hier deutlich zu machen, dass Unterschiede in der Einschätzung ganz normal sind, und dass es nur auf den Umgang damit - also die Lösung - ankommt.  

    Möglicher weiterer Verlauf des Gesprächs

    Beispielformulierung  

    Bemerkungen  

    „Bei dem Punkt ´Initiative zeigen´ sehen Sie sich selbst kritischer als ich. Meine Einschätzung fällt positiver aus, weil ich immer wieder feststelle, dass Sie Terminierungsprobleme zwischen Patienten und Mitarbeitern aus unserer Abteilung selbst lösen. Doch mich interessiert, wieso Sie zu der Einschätzung kommen.“  

    Das Selbstbild der Mitarbeiter ist kritischer als Ihr Fremdbild. An dieser Stelle gibt es Raum zur Motivation der Mitarbeiter. Aber es darf auf keinen Fall vergessen werden, die Frage nach dem Grund der unterschiedlichen Einschätzung zu stellen. Es könnten zum Beispiel Probleme mit anderen Mitarbeitern dahinterstecken, die es dem Mitarbeiter schwer machen, Initiative zu zeigen.  

    „Im Bereich ´Beschwerdemanagement´ haben Sie sich besser bewertet als ich. Bei mir steht ein Kreuz bei ´verbesserungswürdige Leistung´, weil Sie einerseits auf die Beschwerden von Patienten eingehen, andererseits aber bei der Klärung schnell einen ungeduldigen Eindruck machen. Ich denke da an Frau Müller, die mit der Behandlung der zuständigen Ärztin unzufrieden war. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie die Beschwerde annehmen, an mich weiterleiten und der Patientin nicht erzählen, dass wir in Arbeit ersticken. Patienten müssen immer das Gefühl haben, dass wir genug Zeit für sie haben, damit wir sie nicht verlieren.“  

    Das Selbstbild ist besser als Ihr Fremdbild. Hier ist Klarheit und gleichzeitig Vorsicht geboten, um nicht zu demotivieren.  

     

    „Verbesserungswürdig“ ist noch nicht „schlecht“. Bringen Sie Beispiele, die Ihre Bewertung untermauern, und zeigen Sie die Auswirkungen auf. Gleichzeitig ist es wichtig, deutlich zu beschreiben, wie es optimal aussehen soll.  

    Beispielformulierung  

    Bemerkungen  

    „Jetzt möchte ich aber von Ihnen gern wissen, wie Sie diese Situationen erleben.“  

    Diese Frage ist wichtig, um herauszufinden, ob der Mitarbeiter Unterstützung - zum Beispiel durch eine entsprechende Fortbildung - braucht.  

    „Bei dem Thema ´Zusammenarbeit´ habe ich Sie schlechter eingeschätzt als Sie sich selbst. Ich möchte Ihnen erklären, warum das so ist. Ich meine, Sie könnten den beiden jüngeren Kolleginnen mehr Informationen zukommen lassen. Es ist für mich unnötige Arbeit, wenn die beiden zu mir kommen und mir Fragen stellen, die ich Ihnen schon beantwortet habe.  

     

    Offensichtlich herrscht auch Unsicherheit bei der Umsetzung der Vertretungsregelungen, die wir vorher alle zusammen besprochen haben. Was hat Sie bewogen, sich beim Punkt ´Zusammenarbeit´ positiver einzuschätzen?“  

    Sie sollten nie mehr als zwei Argumente anführen, um den Mitarbeiter nicht zu überfordern. Sonst schicken Sie ihn zu stark in die Verteidigungshaltung. Machen Sie deutlich, dass Sie auch an der Einschätzung des Mitarbeiters interessiert sind. Welche Argumente ausschlaggebend sind, orientiert sich allein an den betrieblichen Belangen. Ursachenforschung ist hier angesagt, damit der Arbeitsablauf danach gemeinsam geplant und verbessert werden kann. Halten Sie angestrebte Verbesserungen als Ziele und die Umsetzungsschritte dorthin schriftlich fest.  

     

    Der Gesprächsabschluss

    In der Abschlussphase des Gesprächs ist es wichtig, Übereinstimmungen noch einmal zu formulieren. Hier besteht die Gelegenheit, nochmal zu motivieren. Halten Sie auch Kompromisse fest, damit der Mitarbeiter deutlich wahrnimmt, an welcher Stelle Sie auf ihn zugegangen sind. Fassen Sie zusammen, welche konkreten Maßnahmen Sie gemeinsam mit dem Mitarbeiter geplant haben, denn pauschale Absichtserklärungen sind schwer zu überprüfen und nützen dem Mitarbeiter wenig.