01.06.2003 | Privatliquidation
Wird es künftig weniger Privatpatienten geben?
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 2002 (Az: 2 BvR 1053/98) wird die Zahl der Privatpatienten künftig schrumpfen lassen. Denn: Ein Richter des Landes Berlin hatte dagegen geklagt, dass zur Konsolidierung der desolaten Finanzsituation des Landes Berlin Wahlleistungen - also auch ärztliche Wahlleistungen, das heißt die Behandlung durch den Chefarzt - bei stationärer Behandlung in einem Krankenhaus von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen wurden. Allerdings hatte er mit seiner Klage keinen Erfolg. Als Leitsatz hat das Bundesverfassungsgericht festgehalten: "Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gebietet nicht, einem Beamten Wahlleistungen in der Krankenhausversorgung zu gewährleisten".
Bislang konnten sich viele Beamte preiswert privat versichern, da über die Beihilfe die wesentlichen Teile der wahlärztlichen Behandlung abgedeckt waren. In der typischen Konstellation übernimmt die Beihilfe 80 Prozent der privatärztlichen Behandlungskosten, für die restlichen 20 Prozent muss eine - natürlich dann sehr kostengünstige - Zusatzversicherung abgeschlossen werden. In Zeiten knappster Kassen überlegen die Finanzminister, wo gespart werden kann. Die Lösung: Eine normale stationäre Behandlung ohne Wahlleistungen - insbesondere ohne wahlärztliche Leistungen - reicht aus. Die Folge: In Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, dem Saarland und in Schleswig-Holstein werden für stationäre Wahlleistungen keine Beihilfen mehr gewährt. Nun ist das auch in Berlin der Fall und das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens ausdrücklich bestätigt.
Das Bundesverfassungsgericht argumentiert dabei, dass "das gegenwärtige System der Beihilfe... nicht Bestandteil der verfassungsrechtlich geschuldeten Alimentation des Beamten" sei. Denn: " Die Inanspruchnahme der allgemeinen Krankenhausleistungen gewährleistet nach der gegenwärtig geltenden Bundespflegesatzverordnung eine medizinische Vollversorgung ... Es handelt sich bei den allgemeinen Krankenhausleistungen nicht um eine Versorgung unterhalb des Maßes des medizinisch Zweckmäßigen oder gar Notwendigen. Dass die Behandlung durch den gewählten Chefarzt statt durch die sonst zuständigen Ärzte des Krankenhauses grundsätzlich medizinisch notwendig wäre, ist nicht ersichtlich".
Die Beamten haben nun die Wahl: Entweder sie schließen eine - deutlich teurere - private Vollversicherung für stationäre Wahlleistungen ab oder sie nehmen nur die allgemeinen Krankenhausleistungen in Anspruch. Gerade viele Beamte des unteren und mittleren Dienstes werden künftig aus Kostengründen den letzteren Weg wählen und dabei als Privatpatienten verloren gehen. Dieser Prozess wird langsam vonstatten gehen. In vielen Ländern gelten Übergangsbestimmungen für diejenigen Beamten, die zum Zeitpunkt der jeweiligen Gesetzgebung älter als 55 Jahre waren - sie werden auch künftig Beihilfen für stationäre Wahlleistungen erhalten. Noch sehen die Beihilfeverordnungen der Länder Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine Beihilfefähigkeit auch bei wahlärztlichen Leistungen vor. Aber wie lange noch?