01.05.2003 | Recht
Darf eine Klinik eine Abgabe aus nicht-ärztlicher Nebentätigkeit verlangen?
von Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht, Kanzlei Klostermann/Schmidt, Bochum
In manchen Chefarzt-Verträgen ist der Chefarzt verpflichtet, 25 Prozent der Gutachten-Vergütung an das Krankenhaus abzuführen. Gleichzeitig kommt es vor, dass Chefarzt-Kollegen desselben Krankenhauses oder in den übrigen Krankenhäusern desselben Verbundes dies nicht müssen. Hierbei stellt sich die Frage: Ist eine Abgabe aus einer nicht kurativen ärztlichen Nebentätigkeit rechtens - zumal die Gutachten-Einnahmen unter Umständen umsatzsteuerpflichtig sind?
Krankenhäuser erlauben ihren Chefärzten zum einen die Liquidation stationärer wahlärztlicher Leistungen, zum anderen auch die ambulante Behandlung privat versicherter Patienten sowie die Erstellung von Gutachten im Rahmen einer Nebentätigkeitserlaubnis. Die bei der stationären Behandlung der Wahlleistungspatienten anfallenden Kosten hat der liquidationsberechtigte Chefarzt zu ersetzen, da sie nicht pflegesatzfähig sind. Der Krankenhausträger kann diese Kosten nicht bei der Bemessung der Höhe des Pflegesatzes berücksichtigen. So ergibt sich auch aus der Bundespflegesatzverordnung, dass sich der Krankenhausträger diese Kosten durch den liquidationsberechtigten Arzt zu erstatten lassen hat.
Für die ambulante Behandlung von Privatpatienten besteht pflegesatzrechtlich keine Kostenerstattungspflicht. Mithin bleibt es allein vertraglichen Regelungen zwischen dem Krankenhausträger und dem Chefarzt vorbehalten, die Höhe und den Umfang der Kostenerstattung für die Inanspruchnahme von Personal- und Sachleistungen des Krankenhauses zu bestimmen. Oft lässt sich das Krankenhaus auch den mit der Einrichtung der Ambulanz einhergehenden Vorteil vergüten, so dass die Kostenerstattung und der Vorteilsausgleich pauschaliert werden und insgesamt das vom Chefarzt zu erstattende Nutzungsentgelt ergeben.
Sowohl die Art der Kostenerstattung (Kostenstellenrechnung, DKG-NT - Nebenkostentarif der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Prozentpauschale) als auch deren Höhe sind folglich individualvertraglich unterschiedlich gestaltet und verpflichten damit auf Grund des jeweiligen Vertrages mit dem Krankenhaus den Chefarzt zur Zahlung der vereinbarten Abgabe. Selbst atypisch hohe oder niedrige Abgaberegelungen führen nicht zur Unwirksamkeit der vertraglichen Regelung, sondern könnten allenfalls zu einer Anpassungsverpflichtung zu Gunsten als auch zu Lasten des Chefarztes führen.
Die Nebentätigkeitserlaubnis umfasst regelmäßig auch die gutachterliche Tätigkeit des Chefarztes. Insofern handelt es sich um eine sonstige ärztliche Leistung. Soweit diese im Nutzungsvertrag und in der Nebentätigkeitserlaubnis aufgenommen ist, unterliegt sie auch der vertraglich vereinbarten Nutzungsentgeltabgabe. Ihre Höhe richtet sich ebenfalls ausschließlich nach dieser Vereinbarung zwischen Krankenhausträger und Chefarzt. Die Höhe des Nutzungsentgeltes für die gutachterliche Tätigkeit kann somit von Klinik zu Klinik differieren, da sie allein der vertraglichen Absprache zwischen den Parteien unterliegt.
Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Einnahmen aus der Gutachtertätigkeit unter Umständen umsatzsteuerpflichtig sind, so dass sich der "Nettoerlös" des Chefarztes noch einmal reduziert, doch können die Abzüge durch die Pflicht zur Entrichtung der Umsatzsteuer nicht auf den Klinikträger übertragen oder auf die vertragliche Abgabe angerechnet werden. Die etwaige Umsatzsteuerpflicht für diese ärztliche Nebentätigkeit unterfällt dem Risikobereich des Chefarztes. Gegebenenfalls sollte auf die Anpassung der Höhe des Nutzungsentgeltes für die gutachterliche Tätigkeit hingewirkt werden. Ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Anpassung der Nutzungsentgelthöhe für die gutachterliche Tätigkeit besteht jedoch wegen einer möglichen Umsatzsteuerpflicht nicht.
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