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  • 01.10.2003 | Recht

    Die Individualvereinbarung: Das sind die wesentlichen Punkte, die Sie als Chefarzt beachten müssen!

    von Rechtsanwalt Norbert H. Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Steuerrecht, Kanzlei Klostermann/Schmidt/Monstadt/Dr. Eisbrecher, Bochum

    In den Fällen, in denen Sie als Chefarzt unvorhergesehen verhindert sind, ist eine formularmäßige Stellvertretervereinbarung bereits im Zusammenhang mit dem Abschluss der WahlleistungsvereinbarungWelche Voraussetzungen beim Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung erfüllt sein müssen, erfahren Sie im Beitrag "Sieben Voraussetzungen für die Wahlleistungsvereinbarung.." ab der Seite 9 in diesem Heft. wirksam möglich. Bei einer vorhersehbaren Verhinderung - typischerweise bei Urlaubs- oder Kongressabwesenheit, aber auch bei längerer Krankheit - ist eine wirksame Stellvertretervereinbarung nicht formularmäßig im Wahlleistungsvertrag realisierbar. In derartigen Fällen besteht ausschließlich die Möglichkeit, eine Individualvereinbarung mit dem Patienten abzuschließen, um sicherzustellen, dass Sie die von Ihrem Vertreter erbrachten Leistungen abrechnen können. Hier gilt es jedoch, sich strikt an einige Voraussetzungen zu halten, da das "Weglassen" dieser Punkte eine Individualvereinbarung schnell unwirksam werden lassen kann.

    Tipp 1: Wählen Sie für den Abschluss einen günstigen Zeitpunkt

    Eins vorab: Bei der Individualvereinbarung handelt es sich um eine vertragliche Vereinbarung mit dem Patienten, worin sich der Patient mit einer Modifikation des ursprünglichen Wahlleistungsvertrages (Behandlung durch einen Vertreter anstelle der Chefarztbehandlung) einverstanden erklärt. Eine solche Vereinbarung ist selbstverständlich nur dann wirksam, wenn sie zu einem Zeitpunkt getroffen wird, in der der Patient noch zu einer freien Willensentschließung in der Lage ist. In der bloßen Hinnahme der Behandlung durch den Vertreter liegt keine wirksame Einwilligung, so dass einer möglichst frühzeitigen Individualvereinbarung maßgebliche Bedeutung zukommt. Daher sollte der Patient sofort davon unterrichtet werden, wenn sich die Möglichkeit einer Verhinderung abzeichnet. Zu diesem Zeitpunkt kann dann auch eine Stellvertretervereinbarung mit dem Patienten geschlossen werden.

    Bei feststehenden Terminen ist die Vertretungsvereinbarung möglichst gleichzeitig mit der Wahlleistungsvereinbarung abzuschließen bzw. die Wahlleistungsvereinbarung sollte bereits bei Aufnahme des Patienten - im Hinblick auf eine zum Beispiel urlaubsbedingte Abwesenheit - modifiziert bzw. individuell ergänzt werden. Sofern dies aus organisatorischen Gründen bei der Aufnahme des Patienten nicht möglich ist, sollte eine solche Vereinbarung spätestens bei Aufnahme auf der Station nachgeholt werden. Die Einholung der Einwilligung am Vorabend der Operation ist nach der Rechtsprechung nicht mehr rechtzeitig (Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 17. März 2000, Az: 2 C 532/99 - Abruf-Nr.  032087 .

    Tipp 2: Seien Sie sich bewusst, wann eine Verhinderung vorhersehbar ist

    Für die Frage, ob die Verhinderung vorhersehbar ist, stellt man nicht auf den Zeitpunkt, wann der Patient aufgenommen wurde, sondern auf die Leistungserbringung ab.

    Beispiel: Als der Patient aufgenommen wurde, war die Verhinderung des Chefarztes - beispielsweise hinsichtlich eines späteren OP-Zeitpunktes - noch nicht vorhersehbar. Sobald Ihnen Ihre Abwesenheit bekannt ist und sich abzeichnet, dass Sie die mit dem Patienten vereinbarte wahlärztliche Leistung nicht selbst erbringen können, müssen Sie den Patienten darüber informieren und mit ihm die Individualvereinbarung hinsichtlich der Stellvertreterbehandlung abschließen.

    Tipp 3: Verfassen Sie eine schriftliche Individualvereinbarung

    Ob auch eine Individualvereinbarung schriftlich erfolgen muss, ist in der Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt. Zwar findet der Grundsatz der Formfreiheit auch auf die Stellvertretervereinbarung Anwendung; ebenso könnte es aber Gerichte geben, die meinen, dass das, was für die Wahlleistungsvereinbarung gelte, auch für die Individualvereinbarung gilt: nämlich die Schriftform. Vorsorglich ist daher dringend zu raten, auch die Individualvereinbarung schriftlich zu fixieren.

    Tipp 4: Diese Punkte müssen im Gespräch mit dem Patienten erörtert werden