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  • 01.10.2006 | Stellvertretervereinbarung

    AG Kassel: Vereinbarung trotz vorhersehbarer Abwesenheit des Chefarztes rechtens

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Marcus Meine, Kanzlei Kilger & Fülleborn, Hamburg

    Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen aufgrund von Stellvertretervereinbarungen ist nach wie vor ein Streitpunkt zwischen privat liquidierenden Chefärzten und einigen privaten Krankenversicherungen. Dies führt dazu, dass ärztliche Leistungen, die von einem Oberarzt erbracht und vom Chefarzt aufgrund einer Vereinbarung mit dem Patienten abgerechnet worden sind, von diesen Versicherungen nicht erstattet werden. Die Folge sind nicht selten langwierige Rechtsstreitigkeiten.  

     

    Dass es sich auch für Chefärzte lohnt, ihr Honorar einzuklagen, beweist ein jetzt veröffentlichtes Urteil des Amtsgerichts Kassel. Der Chefarzt verlangte die Zahlung der von seinem Oberarzt erbrachten und von ihm aufgrund einer schriftlichen Stellvertretervereinbarung abgerechneten Operationsleistungen wegen eines metastasierten Coloncarcinoms (Urteil vom 27. Juni 2005 – Az: 421 C 2626/04 – Abruf-Nr. 062895). Der Richter gab dem Chefarzt Recht.  

    Der Sachverhalt im Einzelnen

    Der Patient wurde am 14. März 2003 zur stationären Behandlung aufgenommen. Noch am gleichen Tag schloss er mit dem Krankenhaus eine Wahlleistungsvereinbarung ab und vereinbarte die persönliche Chefarzt-Behandlung. In der Wahlleistungsvereinbarung war als ständiger Vertreter der Oberarzt benannt. Nachdem sich während der laufenden Behandlung herausgestellt hatte, dass der Chefarzt wegen Abwesenheit die für den 19. März 2003 geplante Operation des Patienten nicht würde durchführen können, unterzeichnete der Patient einen Tag vorher nach entsprechender Aufklärung eine Stellvertretervereinbarung.  

     

    Der Patient verweigerte die Bezahlung, weil er die Stellvertretervereinbarung für unwirksam hielt. Er sei weder über die Verhinderung des Chefarztes am OP-Tag noch über die Möglichkeit der Verschiebung der OP aufgeklärt worden. Darüber hinaus habe er sich von Anfang an von dem Oberarzt behandeln lassen wollen, was dieser ihm auch zugesagt habe. Seiner Meinung nach wäre er auch ohne Abschluss einer Stellvertretervereinbarung vom Oberarzt operiert worden, weil dieser zum Dienst am 19. März 2003 eingeteilt gewesen sei. Schließlich war der Patient der Meinung, dass die Abrechnung der medizinischen Leistungen zu den GOÄ-Ziffern 60 (6 x), 3172, 2802 (4 x), 1809, 3170, 1829, 2802 und 1830 nicht begründet sei.  

    Die Argumente des Richters