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  • · Fachbeitrag · Abrechnung

    Manchmal Praxis, aber auch rechtens? - Darf der Chefarzt bei Privatpatienten Vorkasse nehmen?

    von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Medizinrecht Dr. Tilman Clausen, armedis Rechtsanwälte Hannover, www.armedis.de 

    | Dürfen Chefärzte bei Privatpatienten Vorkasse verlangen? Dabei geht es zum einen um Patienten mit zweifelhafter Zahlungsfähigkeit, zum anderen um solche, die im Ausland wohnen. Der Beitrag erläutert, dass Vorkasse zwar üblich, aber nicht legal ist - und welche (rechtssicheren) Alternativen es gibt, damit Sie trotzdem zu Ihrem Honorar kommen. |

    Vorkasse bei Privatpatienten - praktische Erwägungen

    In einigen Kliniken ist es inzwischen verbreitet, insbesondere von außereuropäischen Patienten vor Behandlungsbeginn größere Summen zu verlangen. Sie werden voreingezahlt auf ein Konto, auf das der Krankenhausträger bzw. die behandelnden Ärzte Zugriff haben. Nach Abschluss der Behandlung wird ordnungsgemäß abgerechnet und sich aus dem Depot bedient.

     

    War der einbezahlte Betrag vernünftig kalkuliert, verbleibt ein Guthaben, das dem Patienten erstattet wird. War die Kalkulation fehlerhaft oder haben sich Komplikationen ergeben, die zu einer Verteuerung des Krankenhausaufenthalts geführt haben, verbleibt ein offener Betrag. Es gestaltet sich schwierig, diesen offenen Betrag beizutreiben, wenn der ausländische Patient die Klinik und die Bundesrepublik Deutschland bereits verlassen hat.

     

    Patienten aus der EU

    Der Krankenhausträger bzw. die behandelnden Ärzte haben zwar die Möglichkeit, den ausländischen Patienten vor dem Zivilgericht (Amts- oder Landgericht) auf Zahlung zu verklagen. Der erwirkte Zahlungstitel muss anschließend jedoch im Ausland vollstreckt werden. Bei Patienten aus der EU gibt es hierbei klare Regeln, sodass eine realistische Aussicht besteht, den offenen Betrag einzutreiben - oft jedoch erst nach einem langjährigen Verfahren. Alternativ dazu bietet sich die Zusammenarbeit mit Rechtsanwaltskanzleien im Mutterland des Patienten an - Post von einem Anwalt aus dem Land des Schuldners erhöht die Zahlungsbereitschaft erheblich.

     

    Patienten außerhalb der EU

    Sofern der Patient aus dem außereuropäischen Ausland stammt, ist die Eintreibung des Geldes sehr schwierig, häufig sogar unmöglich. Ein gut organisiertes „Vorkassesystem“ kann hierbei helfen.

     

    PRAXISHINWEIS |  Unter rein praktischen Erwägungen wird man somit in den vorstehend zitierten Fällen dazu raten müssen, von bestimmten Gruppen von Privatpatienten Vorkasse zu nehmen, weil nicht nur Chefärzte ansonsten Gefahr laufen, das privatärztliche Honorar nicht realisieren zu können.

     

    Vorkasse bei Privatpatienten - die juristische Sicht

    Beantwortet man die Frage nach der Zulässigkeit der Vorkasse juristisch, dann fällt die Antwort eindeutig aus: Aus rechtlicher Sicht ist es nicht zulässig, bei solchen ärztlichen Leistungen, die nach der GOÄ abgerechnet werden müssen, Vorkasse zu nehmen. Dies ergibt sich aus § 12 Abs. 1 GOÄ: Hiernach wird die Vergütung erst fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine der GOÄ entsprechende Rechnung erteilt worden ist. Dies bedeutet, dass der Patient erst zahlen muss, wenn er durch den Chefarzt eine Rechnung bekommen hat, die den Anforderungen der GOÄ genügt - deren Anforderungen werden in § 12 Abs. 2 bis 4 GOÄ näher konkretisiert.

     

    PRAXISHINWEIS |  Chefärzte, die Vorkasse genommen haben, sind somit grundsätzlich zur Rückzahlung verpflichtet, wenn der Patient die Rückzahlung verlangt. Wenn der Arzt aber kurzfristig eine Rechnung nachreichen kann, die den Anforderungen der GOÄ genügt, entfällt der Rückzahlungsanspruch, sofern der Patient nicht einen höheren Vorschuss gezahlt hat als den in der Rechnung ausgewiesenen Betrag. Der Arzt müsste allerdings in einem solchen Fall die bis dahin etwaig angefallenen Anwaltskosten des Patienten übernehmen.

     

     

    Jeder Chefarzt sollte sich allerdings über die Risiken, die mit der Vorkasse verbunden sind, im Klaren sein. Das Verlangen von Vorkasse gegenüber Privatpatienten ist auch berufsrechtlich problematisch: Nach § 12 Abs. 1 der Musterberufsordnung der deutschen Ärztinnen und Ärzte muss die Honorarforderung angemessen sein. Für die Bemessung ist grundsätzlich die GOÄ Grundlage. Berufsrechtlich ist der Chefarzt somit gehalten, nach Maßgabe der GOÄ abzurechnen. Vorkasse ist hier aber nicht vorgesehen. Wenn der Chefarzt berufsrechtlich einwandfrei handeln will, sollte er zumindest nach Abschluss der Behandlung eine Liquidation nach GOÄ nachholen.

    Alternativen zur Vorkasse

    Chefärzten, die Vorkasse ablehnen, stehen jedoch Alternativen zur Verfügung. So gewähren zum Beispiel Botschaften, Konsulate und andere diplomatische Einrichtungen für Patienten aus dem arabischen Raum nach den Erfahrungen des Verfassers grundsätzlich Kostenübernahmeerklärungen. Chefärzte bekommen damit die Möglichkeit, direkt gegenüber diesen diplomatischen Vertretungen abzurechnen. Erfahrungsgemäß fließt das Geld dann zwar nicht sofort, aber doch regelmäßig.

     

    Auch bei Patienten mit zweifelhafter Zahlungsfähigkeit kann mit Kostenübernahmeerklärungen oder Bürgschaften von Seiten Dritter gearbeitet werden. Doch Vorsicht: Solche Erklärungen sind nur etwas wert, wenn der Dritte auch selbst wirklich zahlungsfähig ist. Im Idealfall müsste dies jeweils vorher geklärt werden. In Notfällen ist es dem Chefarzt freilich nicht erlaubt, die Behandlung eines Patienten von einer Kostenübernahme Dritter abhängig zu machen. In solchen Fällen sollte auf die Vereinbarung insbesondere wahlärztlicher Leistungen ganz verzichtet werden, da bei der Behandlung dieser Patienten immer noch die allgemeinen Krankenhausleistungen verbleiben.

    Quelle: Ausgabe 10 / 2013 | Seite 1 | ID 42323975