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  • · Fachbeitrag · Approbation

    Ärztemangel adé? - Begleiten Sie als Chefarzt ausländische Ärzte auf dem Weg zur Approbation

    von Dr. Tilman Clausen, Fachanwalt für Arbeits- und für Medizinrecht, armedis Rechtsanwälte Hannover, www.armedis.de

    | Seit rund drei Jahren gibt das sogenannte Anerkennungsgesetz erstmals auch außereuropäischen Ärzten das Recht, prüfen zu lassen, ob ihre Qualifikation der eines deutschen Arztes entspricht. Wird die Gleichwertigkeit festgestellt und die deutsche Approbation erteilt, steht - bei ausreichenden Deutschkenntnissen - dem Einsatz in der Klinik nichts mehr im Wege. Doch um den ausländischen Kollegen bei der Erlangung der Approbation zu unterstützen, sollten Chefarzt und Klinikleitung das Verfahren und die behördlichen Klippen kennen. |

    Das Verfahren zur Erteilung der Approbation

    Das Anerkennungsgesetz („Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen“) umfasst zugleich Anerkennungsregeln der ärztlichen Berufsordnung (Bundesärzteordnung - BÄO). Mit entsprechenden Änderungen der BÄO hat der Gesetzgeber für die Approbationsbehörden Prüfungsregeln etabliert, um zum Schutz des Patienten den deutschen Standard an medizinischer Versorgung aufrecht zu erhalten. So wird einer schrankenlosen Erteilung von Approbationen an ausländische Ärzte entgegengewirkt. Im Einzelnen ist Folgendes geregelt:

     

    • Zunächst hat der im außereuropäischen Ausland ausgebildete Arzt eine Bescheinigung vorzulegen, wonach er im Herkunftsstaat zur Ausübung des Arztberufs berechtigt ist. Zudem muss er Unterlagen besorgen, die seine Absicht belegen, in Deutschland als Arzt tätig zu werden. Hierzu gehören etwa Stellenzusagen und Meldebescheinigungen.

     

    • Anschließend muss die Approbationsbehörde die Gleichwertigkeit prüfen: Hierfür ermittelt sie den Ausbildungsverlauf des Bewerbers und vergleicht ihn mit dem Ausbildungsstand in Deutschland.

     

    • Die Inhalte der Gleichwertigkeitsprüfung sind abstrakt im Gesetz geregelt. Die Approbationsbehörde ermittelt dabei, ob der mit den vorgelegten Ausbildungsnachweisen dokumentierte Ausbildungsstand wesentliche Unterschiede zu der ärztlichen Ausbildung in Deutschland aufweist.
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    • Liegen wesentliche Unterschiede vor und können diese Differenzen nicht durch besondere individuelle Kenntnisse und Erfahrungen des ausländischen Arztes ausgeglichen werden, muss er sich einer sogenannten Eignungsprüfung unterziehen. Dabei werden allein solche Teilbereiche inhaltlich geprüft, in denen die absolvierte Ausbildung hinter der ärztlichen Ausbildung in Deutschland zurückbleibt. Wesentliche Unterschiede liegen nach den Vorgaben der BÄO dann vor, wenn

     

    • 1. die von dem Antragsteller ausgewiesene Ausbildungsdauer mindestens ein Jahr unter der in der BÄO geregelten Ausbildungsdauer liegt,
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    • 2. die Ausbildung sich auf Fächer bezieht, die sich wesentlich von der deutschen Ausbildung unterscheiden. Fächer unterscheiden sich wesentlich, wenn deren Kenntnis eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs ist und die ausländische gegenüber der deutschen Ausbildung bedeutende Abweichungen hinsichtlich Dauer oder Inhalt aufweist. Wesentliche Unterschiede können durch Kenntnisse ausgeglichen werden, die der Antragsteller in seiner bisherigen ärztlichen Berufspraxis erworben hat - unabhängig davon, in welchem Land der Arzt bislang berufstätig war (§ 3 Absatz 2 Satz 3 bis 5 BÄO).

    Praktische Probleme der Gleichwertigkeitsprüfung

    Der ausländische Arzt, der die Approbation beantragt, muss seine im Ausland erworbenen Ausbildungsnachweise sowie sämtliche weitere aussagekräftigen Unterlagen vorlegen - etwa das Studienbuch, die Prüfungsordnung, Arbeitszeugnisse, Zertifikate über Fort- und Weiterbildungen sowie Promotions- und Habilitationsurkunden. Die Approbationsbehörde wird meist verlangen, dass diese Unterlagen öffentlich beglaubigt werden. Die Kosten trägt der Arzt oder der an der Erteilung der Approbation Interessierte.

     

    PRAXISHINWEIS | Der ausländische Arzt sollte auf die Zusammenstellung der Unterlagen für die Gleichwertigkeitsprüfung besonderen Wert legen. Hierdurch können die Bedenken der Approbationsbehörde hinsichtlich solcher Fächer vermindert werden, bei denen sie zweifelt, ob die ausländische Ausbildung mit der in Deutschland zu vergleichen ist.

     

    Der ausländische Arzt sollte sich bei seinem Vorgehen daran orientieren, welche Optionen die Behörde bei der Prüfung der Gleichwertigkeit hat:

     

    • Die Behörde kann die Ausbildungsnachweise des Antragstellers mit dem Ausbildungskatalog einer exemplarisch ausgewählten deutschen Hochschule vergleichen. Dabei ist sie nicht verpflichtet, den für den ausländischen Arzt günstigsten Ausbildungskatalog einer deutschen Hochschule auszuwählen. Dies stellte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in einem Verfahren fest, bei dem es um die Erteilung der Approbation als Zahnarzt ging (Urteil vom 13.3.2014, Az. 8 LB 3/13, Abruf-Nr. 146254).

     

    • Weist der Antragsteller aber auf einen für ihn günstigeren Ausbildungskatalog einer anderen Hochschule hin, muss die Behörde die Gleichwertigkeit anhand dieses Katalogs prüfen. Da sich die Kataloge erheblich unterscheiden, sollte der ausländische Arzt hier besonders sorgfältig vorgehen.

     

    • Vergleicht die Approbationsbehörde den für den Antragsteller günstigen Ausbildungskatalog einer deutschen Hochschule mit seinen eigenen Antragsunterlagen und verbleiben wesentliche Unterschiede zu seinen Lasten, hat der ausländische Arzt drei verschiedene Möglichkeiten:

     

    • 1. Er kann damit argumentieren, dass die Abweichungen in der Dauer der Ausbildung (mehr als 20 Prozent sind „wesentlich“) gleichwohl keine wesentlichen Unterschiede im Sinne von § 3 Absatz 2 Satz 3 bis 5 BÄO darstellen - etwa dann, wenn der Antragsteller eine Tätigkeit als Facharzt für Augenheilkunde anstrebt und sich die Unterschiede in der Ausbildungsdauer auf die Fachrichtung Urologie beziehen.
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    • 2. Er kann weiter argumentieren, dass es auf die festgestellten Ausbildungsdefizite im konkreten Fall nicht ankommt - und daher kein „wesentlicher“ Unterschied im Sinne der BÄO vorliegt. Hintergrund: Für die Approbationsbehörde ist der Vergleich eines Ausbildungskatalogs einer deutschen Hochschule mit den Antragsunterlagen des ausländischen Arztes oft schwierig, da die Fachkunde der dort tätigen Juristen in diesen Fällen schnell an ihre Grenzen stößt.
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    • 3. Verbleiben trotzdem „wesentliche“ Unterschiede zwischen dem deutschen Ausbildungskatalog und den ausländischen Ausbildungsnachweisen, können diese durch berufliche Kenntnisse des Antragstellers ausgeglichen werden. Diese Kenntnisse sind durch Zeugnisse zu belegen und der Approbationsbehörde vorzulegen. Die Erstellung dieser Zeugnisse sollte sorgfältig erfolgen, da sie manchmal die letzte Möglichkeit sind, um eine Eignungsprüfung zu vermeiden, die sich an eine negative Gleichwertigkeitsprüfung anschließt. Die Eignungsprüfung ist für viele Ärzte, die bereits lange im Beruf stehen, eine auch psychologisch nur schwer zu überwindende Hürde.

     

    • Die Approbationsbehörde kann zur Prüfung der Gleichwertigkeit einen externen Gutachter einschalten. Doch auch die Kompetenz dieser Gutachter stößt an ihre Grenzen - etwa wenn sie Ausbildungsunterlagen aus Brasilien oder Indien mit dem Ausbildungskatalog einer deutschen Hochschule vergleichen sollen. Als Antragsteller sollte man aber schon über gute Argumente verfügen, um die Person des Gutachters an sich anzugreifen. Hier gilt es, vorsichtig vorzugehen, um das eigentliche Ziel - die Erteilung der Approbation an den ausländischen Arzt - nicht zu gefährden.

     

    • Stellt der Gutachter „wesentliche“ Unterschiede in Teilbereichen der Ausbildung fest, kann der ausländische Arzt genauso argumentieren wie wenn die Approbationsbehörde die Gleichwertigkeit ohne Hinzuziehung eines externen Gutachters geprüft hätte.

     

    FAZIT | Mit dem Anerkennungsgesetz wurde zwar die Möglichkeit eröffnet, im außereuropäischen Ausland ausgebildete Ärzte in Kliniken anzustellen, um den dort bestehenden Ärztemangel zu beheben. Hiervon ist man nach den Erfahrungen des Verfassers in der Praxis jedoch noch weit entfernt, weil sich alle Beteiligten mit der Durchführung der Gleichwertigkeitsprüfung schwer tun. Chefärzte und Geschäftsführer von Krankenhäusern, die mit solchen ausländischen Ärzten arbeiten wollen, sollten deren Approbationsverfahren deshalb von Beginn an „begleiten“. Denn nur mit Erteilung der Approbation ist es möglich, den Arzt auch uneingeschränkt im Rahmen seiner Fachkunde einsetzen zu können.

     
    Quelle: Ausgabe 02 / 2016 | Seite 13 | ID 43700466