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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Chefarzt unterstützt Standortfusion nicht ‒ arbeitgeberseitige Kündigung ist unwirksam!

    von RA, FA für ArbR, MedR und HGR, Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Hagen, kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Ein Chefarzt, der in einem von zwei Kreiskrankenhäusern für die medizinische Versorgung verantwortlich ist, und der die unternehmensrechtliche Entscheidung „torpediert“, diese zwei Kreiskrankenhäuser zu verschmelzen, verletzt hierdurch weder seine arbeitsvertraglichen Pflichten noch seine Loyalitätspflichten (Arbeitsgericht [ArbG] Gera, Urteil v. 20.12.2023, Az. 4 Ca 495/23; Berufung eingelegt zum Landesarbeitsgericht Thüringen, Az. 3 Sa 20/24). Mit ähnlichen Fällen ist im Zuge der Krankenhausreform zu rechnen. Der CB wird darüber in einem Folgebeitrag berichten. |

    Chefarzt verweigert Aufhebungsvertrag und wird gekündigt

    Ein Chefarzt war seit mehr als 36 Jahren in zwei Krankenhäusern, die jeweils unter der Trägerschaft des Landkreises standen, beschäftigt. Diese beiden Krankenhäuser fusionierten im August 2022 zur beklagten Krankenhaus-GmbH. In beiden Kreiskrankenhäusern existierte ein Betriebsrat. Seit der Fusion existierte ein gemeinschaftlicher Betriebsrat. Zwischen den Parteien fanden kurz nach der Fusion Gespräche statt, in denen die beklagte K-GmbH dem Chefarzt den Abschluss eines Aufhebungsvertrags anbot. Da keine Einigung zustande kam, kündigte K-GmbH das bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich zum 31.08.2022, hilfsweise ordentlich zum 31.03.2023. Die Kündigungsschutzklage des Chefarztes hatte vor dem ArbG Gera Erfolg.

     

    • So begründete die K-GmbH die Kündigung des Chefarztvertrags
    • Der Chefarzt habe sich aktiv bemüht, den Verschmelzungsprozess zu verhindern und zu torpedieren. Seine Handlungen seien Ausdruck fehlender Loyalität gegenüber seiner Arbeitgeberin. Er habe an Demonstrationen der Belegschaft gegen die Fusion der Kreiskrankenhäuser teilgenommen. Damit sei er seiner Führungsverantwortung nicht gerecht geworden. Es sei ein Imageschaden in der Öffentlichkeit zu verzeichnen.
    • Durch die nicht erfolgte Corona-Impfung sei er auch seiner Vorbildfunktion als Chefarzt nicht nachgekommen.
    • Er sei auch wiederholt seinen ärztlichen Pflichten nicht nachgekommen. So habe er grob gegen die Strahlenschutzverordnung verstoßen, da Röntgen-Thorax-Untersuchungen ohne Indikationsstellung und ärztliche Anordnung durchgeführt worden seien.
    • Bei Verhandlungen mit einer Krankenkasse im Juni und Juli 2022 habe er die MTK-Prüfregeln ignoriert. Dadurch sei ein Schaden von ca. 50.000 Euro entstanden.
    • Trotz ausreichender Nachfrage habe er entgegnen der Wirtschaftsplanung kontinuierlich unter 70 Betten belegt. Dadurch sei ein wirtschaftlicher Schaden von ca. einer Mio. Euro entstanden.
    • Außerdem habe er die Arbeitsgruppensitzungen zur Inbetriebnahme der Station „Altersmedizin G.“ grundsätzlich verweigernd verlassen.
    • Er habe sich geweigert, ein Schreiben zu unterschreiben, mit dem die geriatrische Fachweiterbildung eines Oberarztes unterstützt werden sollte.
    • Auf eine Abmahnung komme es aufgrund der Schwere der Verstöße nicht an.
    • Der Chefarzt sei leitender Angestellter i. S. d. Betriebsverfassungsgesetzes, sodass es einer Betriebsratsanhörung nicht bedurft habe.