· Fachbeitrag · Haftungsrecht
Chefarzt und Assistent tätigen widersprechende Äußerungen: BGH sieht Behandlungsfehler
von FA für MedR Dr. Rainer Hellweg, Hannover
| Machen der Chefarzt einerseits und der Assistenzarzt andererseits gegenüber dem Patienten widersprechende Angaben über die medizinisch gebotenen Maßnahmen, so kann ein Behandlungsfehler nicht unter Hinweis darauf verneint werden, der Patient habe die angeratene Maßnahme abgelehnt. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Beschluss vom 15.05.2018 hervorgehoben (Az. VI ZR 287/17). |
Chefarzt empfiehlt konservative, Assistent operative Therapie
Der damals 10-jährige Patient hatte sich eine Fraktur des linken Schien- und Wadenbeins zugezogen. Nach stationärer Aufnahme in die Klinik wurden Röntgenaufnahmen in zwei Ebenen gefertigt. Ausweislich des Befunds der radiologischen Abteilung zeigte sich eine komplette Unterschenkelfraktur im mittleren Schaftdrittel mit Dislokation des distalen Tibiafragments um ca. 8 mm und des distalen Fibulafragments um die Schaftbreite nach lateral. Der behandelnde Arzt veranlasste eine Ruhigstellung des Beins durch Anlage einer Oberschenkelgipsschiene.
Die Klägerseite brachte im Prozess vor, der Chefarzt der chirurgischen Abteilung habe gegenüber der Mutter in einem Gespräch geäußert, dass die Brüche konservativ behandelt werden müssten. Unstreitig hatte der Assistenzarzt mit der Mutter zwei Tage später aber eine weitere Unterredung, in deren Rahmen er hingegen eine operative Versorgung des Bruchs empfahl. Letztlich lehnte die Mutter einen operativen Eingriff ab. Daraufhin erfolgte lediglich eine geschlossene Reposition mit Anlage eines Oberschenkelgipsverbands und der Patient wurde entlassen.
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