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  • · Fachbeitrag · Honorararzt

    Verwirrung nach Honorararzt-Urteil des BVerfG: Dürfen Honorarärzte jetzt doch privat liquidieren?

    von Dr. Tilman Clausen, Fachanwalt für Arbeitsrecht und für Medizinrecht, armedis Rechtsanwälte, Hannover, www.armedis.de 

    | Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ( BVerfG) vom 3. März 2015 (Az. 1 BvR 3226/14, Abruf-Nr. 144357 ) in Sachen Honorararzt bestehen unter Juristen unterschiedliche Auffassungen darüber, was dies für die Praxis in den Krankenhäusern bedeutet. Einige Juristen meinen, dass Honorarärzte einfach in die Liste der Wahlärzte aufgenommen oder als „gewünschter Vertreter“ des Wahlarztes eingesetzt werden müssten - und schon könne dieser privat abrechnen. Ist dies richtig? |

    Hintergrund: Die weiterhin wirksame BGH-Entscheidung

    Das höchste deutsche Gericht hatte eine Verfassungsbeschwerde eines Honorararztes nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 16. Oktober 2014 (Az. III ZR 85/14, Abruf-Nr. 143141) gerichtet hatte. Das bedeutet: Die vorherige BGH-Entscheidung bleibt rechtlich voll wirksam.

     

    Darin hatte der BGH festgestellt, dass der klagende Wahlarzt weder in der Wahlleistungsvereinbarung der Klinik als Wahlarzt noch als „gewünschter Stellvertreter“ einer der dort tätigen Wahlärzte aufgeführt war. § 17 Abs. 3 S. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) würde die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch Honorarärzte jedenfalls ausschließen, so der BGH. Abweichende Vereinbarungen, die den Kreis der Wahlärzte entgegen § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG erweiterten, sind nach Auffassung des BGH nichtig. Honoraransprüche könnten auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung damit nicht geltend gemacht werden.

    Die zusätzlichen Aussagen des Bundesverfassungsgerichts

    Das BVerfG hat durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde des Honorararztes gegen diese Entscheidung deutlich gemacht, dass das Urteil des BGH nicht gegen Grundrechte verstößt und somit wirksam bleibt. Als höchstes deutsches Gericht hat sich das BVerfG jedoch erlaubt, das BGH-Urteil zu interpretieren. So betont das BVerfG, dass der BGH nicht entschieden habe, ob dem Honorararzt die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen generell verwehrt sei.

     

    Hierzu verweisen die Richter des BVerfG insoweit auf die oben genannte Passage in der Entscheidung des BGH, dass der Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung des Krankenhauses, in dem er tätig geworden ist, weder als Wahlarzt noch als „gewünschter Vertreter“ des Wahlarztes aufgeführt gewesen sei. Dies habe der BGH offengelassen, weil Gerichte über nicht existente Tatsachen grundsätzlich keine Entscheidungen träfen.

    Was bedeuten die Urteile für die Praxis?

    Was bedeutet nun der Umstand, dass der BGH offengelassen hat, wie er entschieden hätte, wenn der Honorararzt als Wahlarzt oder als „gewünschter Vertreter“ des Wahlarztes in die Wahlleistungsvereinbarung aufgenommen worden wäre? Hätte der BGH dann dem Honorararzt die private Liquidation erlaubt? Wohl kaum - und zwar aus den nachfolgenden Gründen:

     

    • Der BGH hat in seinem Urteil klargestellt, dass § 17 Abs. 3 S. 1 KHEntgG den Kreis der Wahlärzte abschließend bestimmt. Hierzu gehören
      • a) angestellte und beamtete Ärzte des Krankenhauses, das ihnen das Liquidationsrecht gewährt hat (interne Wahlarztkette) und
      • b) die von angestellten oder beamteten Ärzten veranlassten Leistungen von Ärzten und ärztlich geleiteten Einrichtungen außerhalb des Krankenhauses (externe Wahlarztkette).

     

    • Nur Ärzte der internen Wahlarztkette werden dem Patienten vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung als Wahlärzte benannt. Allein durch die Benennung als Wahlarzt wird der Honorararzt jedoch weder angestellt noch verbeamtet. Eine Aufführung als Wahlarzt in der Wahlleistungsvereinbarung hätte in dem vom BGH entschiedenen Fall somit nicht zur Berechtigung der Liquidation durch den Honorararzt geführt.

     

    • Anders wird man den Hinweis des BGH beurteilen müssen, dass der Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung auch nicht als „gewünschter Vertreter“ des Wahlarztes aufgeführt worden ist. Für eine solche Konstellation scheint der BGH eine gewisse Sympathie zu hegen, sodass vieles dafür spricht, dass sich Wahlärzte zukünftig auch im Falle ihrer Anwesenheit durch solche Ärzte vertreten lassen können, die auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten anstelle des Wahlarztes tätig werden sollen. Dies können sowohl Honorarärzte als auch angestellte Krankenhausärzte sein.

     

    • Die Frage ist allerdings, wie weit dies geht. Nachdem der BGH zwischen dem „Facharztstandard“ bei allgemeinen Krankenhausleistungen und einem höherwertigen „Chefarztstandard“ bei Wahlleistungen unterscheidet, weil nur so die Entrichtung eines zusätzlichen Honorars gerechtfertigt erscheint, wird man wohl vonseiten des „gewünschten Vertreters“ fordern müssen, dass dieser für eine „besondere Behandlungsqualität“ steht. Diese muss über den „Facharztstandard“ hinausgeht, womit dem Einsatz eines „gewünschten Vertreters“ gewisse Grenzen gesetzt sind.

     

    FAZIT | Einer Tätigkeit des Honorararztes bei Privatpatienten hat der BGH enge Grenzen gesetzt! Nur in folgenden Fällen dürfte sein Tätigwerden zulässig sein:

    • bei herausgehobener Qualifikation als „gewünschter Vertreter“ des Wahlarztes unabhängig von seiner Anwesenheit,
    • als Vertreter des Wahlarztes bei einer individuellen Vertretungsvereinbarung, wenn die Verhinderung des Wahlarztes bei Vertragsschluss vorhersehbar ist,
    • bei medizinischen Wahlleistungen, die der BGH als dritte Kategorie neben ärztlichen und nichtärztlichen Wahlleistungen ansieht sowie
    • in Privatkliniken, die nicht dem KHEntgG unterliegen.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2015 | Seite 1 | ID 43433440