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  • · Fachbeitrag · Klinikverkauf

    Verkauf von Rhön-Kliniken an Fresenius: Auswirkungen auf den Chefarzt-Vertrag?

    von RA, FA für ArbR und StR Norbert H. Müller und RA, FA für MedR und ArbR Marc Rumpenhorst, Kanzlei Klostermann pp., Bochum, klostermann-rae.de 

    | Die Übernahme zahlreicher Krankenhäuser der Rhön-Klinikum AG durch den Medizinkonzern Fresenius bestimmte in den vergangenen Monaten die Schlagzeilen im Klinikbereich. Nachdem die Rhön-Minderheitsaktionäre Asklepios und B.Braun die Veräußerung der Gesellschaftsanteile („share-deal“) im Frühjahr dieses Jahres noch hatten verhindern können, übernimmt Fresenius nunmehr 43 Rhön-Kliniken und 15 Medizinische Versorgungszentren im Wege des sogenannten asset-deal. Lesen Sie hier, welche Auswirkungen diese Veräußerung auf die Chefarzt-Verträge hat. |

    Unterschiedliche Formen des Unternehmenskaufs

    Für den Kauf eines Unternehmens kommen in der Regel zwei Transaktionsformen in Betracht: Übernimmt der Käufer die Anteile an der Gesellschaft, also zum Beispiel einer GmbH oder AG, ist die Rede vom share-deal. Werden dagegen die einzelnen Vermögensgegenstände eines Unternehmens übertragen, spricht man vom asset-deal. Erwerbsgegenstand sind dann nicht die Gesellschaftsanteile, sondern die beweglichen Sachen, Immobilien und Rechtsverhältnisse der Gesellschaft.

     

    Keine Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis beim share-deal

    Das Arbeitsverhältnis des Chefarztes besteht zum Klinikträger - regelmäßig der Krankenhaus-GmbH. Beim share-deal tritt die Änderung der Eigentumsverhältnisse aber nicht bei der GmbH ein - diese bleibt unverändert als juristische Person bestehen -, sondern auf Gesellschafterebene. Damit bleibt die Rechtsbeziehung des Chefarztes mit der Krankenhaus-GmbH weiter bestehen - und somit bleibt auch das Arbeitsverhältnis unberührt.

     

    Arbeitgeberwechsel beim asset-deal

    Beim asset-deal hingegen übernimmt der Unternehmenskäufer das Krankenhaus als Gebäude und Betrieb mit allen „Sachen“ und auch „Personen“ in Form von Arbeitsverhältnissen. Der bisherige Arbeitgeber - die Krankenhaus-GmbH - gibt das Krankenhaus ab. Der Unternehmenskäufer übernimmt dessen Betrieb und wird neuer Arbeitgeber des Chefarztes.

     

    Betriebsübergang nach § 613 a BGB

    Um einen solchen asset-deal handelt es sich beim Erwerb von Rhön-Kliniken durch Fresenius. Der Erwerber führt den Betrieb nun als sein „eigenes“ Krankenhaus fort, indem er vor allem die Leitungsmacht im Unternehmen übernimmt und es nunmehr selbst steuert. Dies setzt nicht zwingend voraus, dass auch auf Verwaltungsebene personelle Änderungen erfolgen - etwa indem der bisherige durch einen neuen Geschäftsführer ersetzt wird, wenngleich dies nach einer angemessenen Übergangszeit durchaus üblich ist.

     

    Eintritt in Arbeitsverträge

    Der Erwerber, vorliegend also der Fresenius-Konzern, tritt nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten aus dem im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses mit dem Chefarzt ein. Sämtliche bestehenden Vereinbarungen - etwa schriftliche Verträge, betriebliche Übungen, Versorgungsansprüche oder Resturlaub - gelten kraft Gesetzes für und wider den neuen Betriebsinhaber - egal, ob er will oder nicht.

     

    PRAXISHINWEIS |  Obwohl der neue Krankenhausträger an die bisherigen Arbeits- und Tarifverträge gebunden ist, bietet er Chefärzten oft „seine“ Chefarzt-Verträge an. Da keinerlei rechtliche Verpflichtung besteht, einer Vertragsänderung oder einem neuen Arbeitsvertrag zuzustimmen, sollte unter keinen Umständen ein entsprechendes Vertragsangebot akzeptiert werden, ohne zuvor Inhalt und Bedingungen genau geprüft zu haben.

     

    Wie lange haben Tarifregelungen Bestandsschutz?

    Der Gesetzgeber gibt vor, dass Tarifregelungen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden dürfen (§ 613a Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Schutzfrist bedeutet jedoch nicht, dass nach Ablauf eines Jahres der Erwerber des Betriebes grundlos berechtigt wäre, die übernommenen Arbeitsverhältnisse sowie die sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten zum Nachteil der Arbeitnehmer zu ändern. Der Inhalt des Tarifvertrages gilt vielmehr individualvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fort.

     

    Gilt für den neuen Betriebsinhaber ein anderer Tarifvertrag, gelten dessen Regeln, wenn sie von den Regelungen des „alten“ Tarifvertrags abweichen - im Übrigen besteht der Inhalt des bisherigen Arbeitsvertrags auch nach diesem Jahr unverändert weiter. Für den Chefarzt ändert sich regelmäßig nichts.

    Kündigungsschutz wegen des Betriebsübergangs

    Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Betriebsübergangs ist unwirksam (§ 613a Abs. 4 BGB). Allerdings bleibt das Recht zur Kündigung aus anderen Gründen unberührt. Insofern wird im Einzelfall zu differenzieren sein zwischen einer Kündigung „wegen des Betriebsübergangs“ oder „im Zusammenhang“ bzw. „aus Anlass“ des Betriebsübergangs.

     

    • Beispiel

    Das Krankenhaus A übernimmt das in unmittelbarer Nachbarschaft gelegene Krankenhaus B. Gleichzeitig sollen die in beiden Krankenhäusern vorgehaltenen Abteilungen für Chirurgie am Standort A und die Abteilungen für Innere Medizin am Standort B zusammengelegt werden mit der Folge, dass die Position eines jeweils chirurgischen bzw. internistischen Chefarztes wegfiele.

     

    In diesem Beispiel wäre die betriebsbedingte Kündigung des chirurgischen bzw. internistischen Chefarztes wegen betrieblicher Erfordernisse möglich. Die Kündigung würde hierbei „neben“ dem Betriebsübergang erfolgen. Das bedeutet, dass eine betriebsbedingte Kündigung, die im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang ausgesprochen wird, nicht zwingend „wegen des Betriebsübergangs“ unwirksam sein muss, sondern - wie hier - „aus Anlass“ des Betriebsübergangs wirksam sein könnte. Auch wenn hierbei der Schutz des Gekündigten geringer ist, kann der Chefarzt sich wehren. Denn gegen eine Kündigung aus anderen Gründen als wegen des Betriebsübergangs - vorliegend wegen betrieblicher Erfordernisse - kann innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden.

    Unterrichtung über den Betriebsübergang

    Der Gesetzgeber verpflichtet den Betriebsveräußerer bzw. -erwerber, die betroffenen Arbeitnehmer rechtzeitig vor dem Betriebsübergang umfassend über die beabsichtigte Maßnahme zu unterrichten (§ 613a Abs. 5 BGB). Dazu gehören

    • der Zeitpunkt bzw. geplante Zeitpunkt des Übergangs,
    • der Grund für den Übergang,
    • die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer sowie
    • die Maßnahmen, die für die Arbeitnehmer in Aussicht genommen werden.

     

    In den rechtlichen Informationen sollte zum Beispiel die Geltung der bisherigen und der Eintritt von neuen Rechten, der Kündigungsschutz und gegebenenfalls die Auswirkungen auf die Arbeitnehmervertretung enthalten sein.

     

    PRAXISHINWEIS |  Die Unterrichtung über den Betriebsübergang hat in Textform zu erfolgen - also mittels Brief oder per E-Mail. Die mündliche Unterrichtung im Rahmen einer Betriebsversammlung genügt ebenso wenig wie ein Aushang mit den erforderlichen Angaben an zentraler Stelle, da die Unterrichtung als empfangsbedürftige Erklärung dem einzelnen Arbeitnehmer zugehen muss.

     

    Widerspruchsrecht des Chefarztes

    Der Chefarzt kann innerhalb eines Monats nach vollständiger Unterrichtung über den Betriebsübergang und seine Folgen dem Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber - schriftlich - widersprechen. Der Widerspruch hätte zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit dem Klinik-Veräußerer bestehen bliebe und nicht auf den neuen Arbeitgeber überginge. Da der „alte“ Arbeitgeber jedoch nach dem Verkauf keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den Chefarzt hätte, würde er aus betrieblichen Erfordernissen fristgemäß kündigen können.

     

    FAZIT |  Für den Chefarzt empfiehlt es sich angesichts dieser Konstellation nicht, einem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Klinikbetreiber zu widersprechen. Tut er dies nicht, geht sein Arbeitsverhältnis ohne weitere Erklärungen von Gesetzes wegen auf den neuen Betriebsinhaber über - mit sämtlichen bisher bestehenden Rechten und Pflichten.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2013 | Seite 8 | ID 42330430