· Fachbeitrag · Krankenhausrecht
Neurochirurgische OPs durch Honorararzt in Krankenhaus mit Chirurgie-Abteilung zulässig
von RA Dr. Frank Becker, WRT Rechtsanwälte Münster, www.wrt-rae.de
| Gemäß einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Lüneburg vom 12. Juni 2013 (Az. 13 LC 173/10, Abruf-Nr. 132431 ) gehören Eingriffe an der Wirbelsäule zum Versorgungsauftrag der Chirurgie. Die stationären Eingriffe dürfen dabei auch - auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung - durch einen niedergelassenen Arzt für Neurochirurgie erbracht werden. |
Krankenkasse wollte Honorararzt-Behandlung nicht vergüten
Die Krankenkassen weigerten sich, Leistungen eines neurochirurgischen Honorararztes im Erlösbudget eines Krankenhauses mit einem Versorgungsauftrag für Chirurgie zu berücksichtigen - dabei ging es vor allem um Operationen an der Bandscheibe. Der Streit zwischen der Kasse und dem Krankenhaus kam vor eine Schiedsstelle, die dem Krankenhaus Recht gab. Die Kasse gab sich hiermit jedoch nicht zufrieden und klagte zunächst vor dem Verwaltungsgericht, anschließend vor dem Oberverwaltungsgericht.
Neurochirurgischer Honorararzt durfte operieren - Kasse muss zahlen
Die Klage der Krankenkassen blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Wirbelsäulenchirurgische Eingriffe gehörten - so das OVG - zur Schnittmenge zwischen Chirurgie und Neurochirurgie. Solche Schnittmengenleistungen dürfe ein Krankenhaus mit einer chirurgischen Abteilung auch durch einen Neurochirurgen erbringen lassen.
Das zugrunde liegende Vertragsverhältnis zwischen Krankenhaus und Neurochirurg muss dabei nach Auffassung des OVG kein Angestellten-Arbeitsverhältnis sein. § 107 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch V fordert „jederzeit verfügbare Ärzte“ - dies können angestellte, aber auch selbstständige Honorarärzte sein. Auch im Jahr 2007, dem Streitjahr des entschiedenen Falls, begründeten Operationen durch einen Honorararzt weder eine Überschreitung der Leistungsfähigkeit des kooperierenden Krankenhauses noch einen sonstigen Rechtsverstoß.
ANMERKUNG | Das Urteil des OVG Lüneburg entspricht zu den beiden Streitfragen „Was ist vom Versorgungsauftrag umfasst?“ und „Was gilt für den Honorararzt“ der herrschenden Auffassung. Vor dem Hintergrund der sozialgerichtlichen Gegenauffassung zur Zulässigkeit von Hauptleistungen durch Honorarärzte (vergleiche das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. April 2013, Az. L 5 R 3755/11, siehe hierzu Arzt- und Medizinrecht kompakt [AMK] 07/2013, Seite 3) und zur Vermeidung einer Scheinselbstständigkeit ist trotz der überzeugenden Ausführungen des OVG Lüneburg im Regelfall eine Anstellung dringend zu empfehlen, wenn es um die stationäre Leistungserbringung durch niedergelassene Ärzte geht. |