· Fachbeitrag · Patientenaufklärung
Zwischen Patientenwillen und Patientenwohl: Grenzbereiche der Einwilligung
von RA Vincent Holtmann, Kanzlei Voss.Partner Medizinrecht, Münster, voss-medizinrecht.de
| Ärztliche Heileingriffe ohne Einwilligung des Patienten erfüllen den Tatbestand der Körperverletzung ‒ selbst wenn der Eingriff nach den Regeln der ärztlichen Kunst und nach Maßgabe des Facharztstandards erfolgt ist. Doch was gilt, wenn der Patient selbst gar nicht in der Lage ist, seine Einwilligung zu erklären, etwa weil er Risiko und Nutzen bzw. die Notwendigkeit der geplanten Behandlung intellektuell nicht (mehr) begreifen kann? Kann dann ein Dritter anstelle des Patienten einwilligen? Und wann ist dann die Rede von einer „Zwangsbehandlung“? Nicht zuletzt wegen umfangreicher Gesetzesneuerungen zum 01.01.2023 gibt dieser Beitrag einen Einblick in diese rechtlich und ethisch hochsensible Thematik. |
Fehlende Einwilligungsfähigkeit in Betreuungsfällen ‒ gesetzliche Neuregelung zum 01.01.2023
Stellvertretend für Konstellationen fehlender Einwilligungsfähigkeit bietet sich zunächst ein Blick auf Betreuungskonstellationen an: Die sog. rechtliche Betreuung stellt ein gesetzliches Regelungskonstrukt zur Unterstützung von Erwachsenen dar, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung ihre rechtlichen Angelegenheiten nicht oder nicht mehr besorgen können.
Dazu kann auch die Entscheidung über die Durchführung einer ärztlichen Maßnahme gehören. Welche Grundsätze dann zu beachten sind, ergibt sich aus den gesetzlichen Vorschriften der §§ 1927 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), die nach mehreren wegweisenden höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Entscheidungen im Rahmen einer umfangreichen Reform des Betreuungsrechts neu kodifiziert worden und nunmehr seit dem 01.01.2023 in Kraft getreten sind. Soll danach ein Patient ärztlich behandelt werden, für den ein Betreuer bestellt worden ist, sieht das Gesetz folgendes Prozedere vor:
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