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  • · Fachbeitrag · Patientenrechte

    Nach Urteil der Verfassungsrichter: Prüfen Sie Ihre Dienstanweisungen zur Zwangsbehandlung!

    von RA Dr. Matthias Losert, LL.M., Berlin, matthias-losert.de

    | Bestimmte Fälle können bei Menschen unter rechtlicher Betreuung eine Zwangsbehandlung ( CB 10/2023, Seite 3 ff.) bzw. eine Zwangsmedikation erfordern. Nach § 1906a Abs. 1 S. 1 Nr. 7 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darf eine Zwangsmedikation nur in einem Krankenhaus stattfinden. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat nun entschieden, dass diese Norm verfassungswidrig ist (Urteil vom 26.11.2024, Az. 1 BvL 1/24). Es ist zu erwarten, dass diese vom Gesetzgeber nachgebessert wird. Chefärzte sollten daher die Gesetzgebung im Auge behalten und ihre Dienstanweisungen zu Zwangsbehandlungen sorgfältig überprüfen. |

    Betreute Patientin will Medikation in der Wohngruppe erhalten und legt erfolgreich Rechtsbeschwerde ein

    Die Beschwerdeführerin leidet an einer paranoiden Schizophrenie. Sie lebt in einem Wohnverbund in geschlossener Unterbringung. Sie hat einen Betreuer für ihre gesundheitlichen Angelegenheiten und lehnt eine ärztlich für erforderlich gehaltene Medikation mit Neuroleptika ab. Daher erhielt sie in der Vergangenheit die Neuroleptika regelmäßig zwangsweise in einem nahe gelegenen Krankenhaus. Diese Zwangsmedikation konnte wegen des Krankenhausvorbehalts in § 1906a Abs. 1 S. 1 Nr. 7 BGB (s. o.) nicht in ihrer Wohngruppe stattfinden. Die Patientin erlebte den Transport ins Krankenhaus mit Fixierung und Spuckmaske als sehr belastend. Daher beantragte ihr Betreuer beim Betreuungsgericht, die Medikation in der Wohngruppe durchzuführen. Das lehnte das Betreuungsgericht mit Verweis auf § 1906a BGB jedoch ab.

     

    Der von der Patientin mit Rechtsbeschwerde angerufene Bundesgerichtshof setzte das Verfahren aus und legte es nach Art. 100 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz, sowie § 13 Nr. 11 und § 80 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz dem BVerfG zur Entscheidung vor. Die Karlsruher Richter stuften die Norm des § 1906a BGB mit fünf zu drei Stimmen als verfassungswidrig ein.