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  • · Fachbeitrag · Patientenrechte

    Zwangsbehandlung: Ausnahmen vom Klinikvorbehalt denkbar, aber noch rechtlich zu prüfen!

    von RA, FA für MedR und Zahnarzt Dr. Stefan Droste, LL. M., Kanzlei am Ärztehaus, Münster, kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Eine gegen den Willen des Patienten notwendige Behandlung auch in der Pflegeeinrichtung (hier: Beimischung von Medikamenten) ist zwar denkbar, aber noch rechtlich zu prüfen. Das geht aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hervor. Die Richter sehen hierbei Auslegungsspielräume, zu denen sich bisher aber noch keine Rechtsprechung herausgebildet hat (Beschluss vom 02.11.2021, Az. 1 BvR 1575/18). |

    Rechtslage zu ärztlichen Zwangsmaßnahmen

    Widerspricht eine Untersuchung des Gesundheitszustands, eine Heilbehandlung oder ein ärztlicher Eingriff dem natürlichen Willen des Betreuten, so stellt dies eine ärztliche Zwangsmaßnahme nach § 1906a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar. Ärztliche Zwangsmaßnahmen setzen einen stationären Aufenthalt in einem Krankenhaus voraus. Der Gesetzgeber hat die Zulässigkeit einer ambulanten Zwangsbehandlung wiederholt abgelehnt, weil aus seiner Sicht die Gefahr besteht, dass Zwangsbehandlungen ohne tatsächliche Notwendigkeit erfolgen, nur um den Patienten „ruhigzustellen“. Zwangsbehandlungen sind so als „ultima ratio“ nur unter strenger ärztlicher Kontrolle im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts zulässig. Das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts, das zum 01.01.2023 in Kraft treten soll, sieht keine Änderungen des gegenwärtigen Rechtszustandes vor.

    Sachverhalt

    Die Betreuerin eines demenzkranken Patienten erhob vor dem BVerfG Verfassungsbeschwerde. Im Rahmen seiner Erkrankung traten bei dem von ihr betreuten Patienten immer wieder organisch wahnhafte Störungen auf. In diesen Momenten verweigerte der Patient die Medikamenteneinnahme. Wegen verschiedener Erkrankungen musste der Patient wiederholt ins Krankenhaus. Nach Rückkehr aus den stationären Aufenthalten war die Wiedereingliederung in die Pflegeeinrichtung regelmäßig erschwert. Das demenzielle Krankheitsbild verschlechterte sich im Anschluss daran immer erheblich. Die Betreuerin hatte beim zuständigen Betreuungsgericht die Genehmigung zur Beimischung der Medikamente in die Nahrung des Patienten beantragt. Das Betreuungsgericht sah darin jedoch eine in Pflegeheimen unzulässige Zwangsmedikation, die nur stationär im Krankenhaus erfolgen könne.