Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Rechtsprechung

    Patientenverfügungen über den Wortlaut hinaus auslegen, um den Patientenwillen zu erforschen

    von RA Dr. Stephan Fahrig, Bochum, www.klostermann-rae.de

    | Der BGH hat sich mittlerweile wiederholt mit Patientenverfügungen beschäftigt, wobei es nahezu stets darum ging, ob Patienten ausreichend klar dokumentiert hatten, dass sie in bestimmten Behandlungssituationen keine lebensverlängernden Maßnahmen wünschen. Um dies möglichst sachgerecht beantworten zu können, hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 14.11.2018 (Az. XII ZB 107/18 ) seine bisherige Rechtsprechung dahin gehend konkretisiert und weiterentwickelt, dass der Patientenwille auch dann maßgeblich ist, wenn er in der Patientenverfügung nur angedeutet ist, aber aus weiteren Umständen verlässlich abgeleitet werden kann. |

    Der Fall

    Die Patientin befindet sich seit einem hypoxisch bedingten Herz-Kreislauf-Stillstand in einem wachkomatösen Zustand (F03) und wird künstlich über eine Magensonde (PEG) ernährt und mit Flüssigkeit versorgt. In ihrer Patientenverfügung aus dem Jahr 1998 heißt es: „Solange eine realistische Aussicht auf Erhaltung eines erträglichen Lebens besteht, erwarte ich ärztlichen und pflegerischen Beistand unter Ausschöpfung der angemessenen Möglichkeiten. Dagegen wünsche ich, dass lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben, wenn medizinisch eindeutig festgestellt ist, dass ich mich unabwendbar im unmittelbaren Sterbeprozess befinde, bei dem jede lebenserhaltende Therapie das Sterben oder Leiden ohne Aussicht auf Besserung verlängern würde, oder dass keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht, oder dass aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt (…).“

    Die Entscheidungen der Instanzgerichte und des BGH

    Der Sohn (zugleich Betreuer der Patientin) war gemeinsam mit dem behandelnden Arzt der Meinung, die weitere Behandlung der Patientin solle eingestellt werden, da dies trotz der durchaus pauschalen Formulierungen in der Patientenverfügung ihrem Willen entspreche. Der Ehemann der Patientin (zugleich ihr Ersatzbetreuer) lehnte dies ab. Der Sohn beantragte darauf die betreuungsgerichtliche Genehmigung für die Einstellung der Weiterbehandlung, die die Gerichte ablehnten, da eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich sei. Die Patientenverfügung enthalte bereits die erforderliche wirksame Einwilligung in den erstrebten Behandlungsabbruch.