· Fachbeitrag · Sozialrecht
SV-Pflicht von Poolärzten im Notdienst: politische Einigung auf Parameter zur Selbstständigkeit
von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht und Sozialrecht Babette Christophers LL. M., Münster, christophers.de
| Ob Ärzte, die am vertragsärztlichen Notdienst teilnehmen, sozialversicherungsrechtlich als Selbstständige oder abhängig Beschäftigte anzusehen sind, war in der jüngeren Vergangenheit umstritten. Entscheidend bei der Beurteilung der Sozialversicherungs-(SV)-Pflicht ist der Einzelfall. Da es viele Modelle des ärztlichen Not- und Bereitschaftsdienstes gibt (z. B. von KV betriebene Notarztpraxis, Taxiarzt, Poolarzt), kann die Frage nach der SV-Pflicht nicht grundsätzlich beantwortet werden. Die Teilnahme eines Vertragsarztes am vertrags-(zahnärztlichen) Notdienst ist per se kein Umstand, der eine Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung ausschließt. |
Rechtsprechung
Aufsehen erregte ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 24.10.2023, Az. B 12 R 9/21 (AAA, online unter iww.de/s11522). Ein Poolarzt (= ein Arzt, der im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung Notdienste für KV übernimmt) wurde für eine KV als Arzt im Rahmen des Notdienstes überwiegend am Wochenende tätig. Die Tätigkeit fand in einem Notfalldienstzentrum statt, das die KV angemietet und mit Geräten und Material ausgestattet hatte. Die Vergütung erfolgte auf Stundensatzbasis. Das BSG sah den Arzt als abhängig beschäftigt an.
Politischer Streit und Einigung
Das Bundesministerium für Arbeit war mit dieser rechtlichen Lösung nicht glücklich und initiierte einen Dialogprozess zwischen der Deutschen Rentenversicherung, der KBV und dem Bundesgesundheitsministerium. Im Ergebnis einigte man sich laut dem Ärzteblatt (siehe iww.de/s11520) darauf, dass von einer Selbstständigkeit der Ärzte ausgegangen wird, wenn
- diese Ärzte ihre tatsächlich erbrachten Leistungen mit eigener Abrechnungsnummer abrechnen,
- diesen Ärzten im Falle der Nutzung von KV-Einrichtungen (z. B. Praxen, Fahrzeuge, Material oder Personal) ein fixes Nutzungsentgelt gezahlt wird, das nicht kostendeckend sein muss, aber auch nicht nur symbolisch sein darf
- diese Ärzte sich im Vertretungsfall an von der KV vorgegebene Qualifikationsvorgaben halten
Das Nutzungsentgelt ist auch dann zu bezahlen, wenn keine oder nur wenige Versicherte behandelt werden. An der Selbstständigkeit ändert sich auch dann nichts, wenn die KV eine Sicherstellungspauschale für die Bereitschaft eines Vertragsarztes zur Teilnahme an der Erfüllung des Sicherstellungsauftrags zahlt.
PRAXISTIPPS | Achten Sie darauf, dass keine Stundenhonorare vereinbart werden. Rechnen Sie mit eigener LANR ab. Poolärzte können die LANR als Kooperationsärzte in manchen KVen erhalten. Und denken Sie an die Vereinbarung eines Entgelts, wenn Sie KV-Einrichtungen bei Ihrer Tätigkeit nutzen. |